Gemeinschaftsmarkenrechtliche Verwechslungsgefahr: Prüfung der Wahrenähnlichkeit - PEARL/PURE PEARL
Leitsatz
PEARL/PURE PEARL
1. Bei der im Rahmen der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr vorzunehmenden Prüfung, ob zwischen den Waren, für die die Marke eingetragen ist (hier: Fahrräder), und den Waren, für die das angegriffene Zeichen benutzt wird (hier: Kraftfahrzeuge), Warenähnlichkeit besteht, sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen diesen Waren kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere die Art dieser Waren, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen, weil sie in denselben Verkaufsstätten angeboten werden.
2. Allein aus der Erteilung von Lizenzen für andere als diejenigen Waren, für die der Markenschutz gilt, lässt sich kein Anhaltspunkt für eine Warenähnlichkeit ableiten. Dies schließt es allerdings nicht aus, dass bei funktionsverwandten Produkten, bei denen im Falle einer Lizenzierung der Verkehr nicht nur von einem Imagetransfer, sondern auch von einem Know-how-Transfer ausgeht, die Lizenzierungspraxis einen Faktor darstellt, der im Grenzbereich für die Warenähnlichkeit beziehungsweise bei gegebener Warenähnlichkeit für die Verwechslungsgefahr sprechen kann. Da die Verkehrserwartung im Hinblick auf die angegriffene Verwendung der geschützten Marke zu beurteilen ist, kommt es insoweit darauf an, ob der Verkehr im Falle einer Lizenzierung der für bestimmte Waren (hier: Fahrräder) geschützten Marke zur markenmäßigen Verwendung für andere Waren (hier: Kraftfahrzeuge) von einem Know-how-Transfer ausgeht (Fortführung von , GRUR 2006, 941 Rn. 14 = WRP 2006, 1235 - TOSCA BLU).
Gesetze: Art 9 Abs 1 Buchst b EGV 207/2009, Art 9 Abs 2 Buchst b EUV 2017/1001
Instanzenzug: Hanseatisches Az: 5 U 220/17vorgehend Az: 312 O 432/14
Tatbestand
1Die in Südafrika ansässige Klägerin ist Inhaberin der am angemeldeten und am für Fahrräder eingetragenen Unionsmarke Nr. 007042971 "PEARL" sowie der am angemeldeten und am eingetragenen deutschen Wortmarke Nr. 303 37619 "PEARL", die Schutz für "Fahrräder, Fahrradteile (soweit in Klasse 12 enthalten)" beansprucht.
2Die in Frankreich geschäftsansässige Beklagte ist eine Tochtergesellschaft der Peugeot S. A., die unter anderem Kraftfahrzeuge, Fahrräder und Motorroller herstellt. Die Peugeot S. A. gehört zur PSA-Gruppe, unter deren Dach Fahrzeuge der Marken "Peugeot" und "Citroën" beworben, angeboten und vertrieben werden. Die Beklagte ist Inhaberin der Unionsmarke Nr. 011834926 "PURE PEARL", die am angemeldet und am eingetragen wurde. Diese Marke beansprucht mit einer Priorität vom Schutz in der Klasse 12 unter anderem für "Fahrzeuge, Apparate für Beförderung auf dem Lande, Kraftfahrzeuge, Bauteile dafür".
3Die Klägerin stellte im November 2013 fest, dass die Beklagte die Marke "PURE PEARL" angemeldet hatte und Kraftfahrzeuge mit dieser Bezeichnung vertrieb. Dabei wurde diese Bezeichnung wie aus der Anlage K6 ersichtlich unter anderem folgendermaßen
für zwei limitierte Sondermodelle "CITROËN DS4 Pure Pearl" und "CITROËN DS5 Pure Pearl" der Beklagten verwendet, die von Ende 2011 bis Juni 2013 verkauft wurden. Vom Modell "DS4" wurden 70 Stück verkauft, vom Modell "DS5" 51 Stück. Auf den Fahrzeugen selbst war die Bezeichnung "Pure Pearl" nicht angebracht.
4Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze dadurch ihre älteren Markenrechte.
5Die Klägerin, die die Klage vorrangig auf die Verletzung ihrer Unionsmarke und hilfsweise auf eine Verletzung ihrer deutschen Marke stützt, hat - soweit noch von Bedeutung - beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland ohne Zustimmung der Klägerin unter dem Zeichen "PURE PEARL" Kraftfahrzeuge zu bewerben, anzubieten und/oder zu vertreiben.
6Außerdem hat sie Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht begehrt.
7Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (, BeckRS 2017, 147119). Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin den Unterlassungsantrag auf Teile der aus der Anlage K6 ersichtlichen konkreten Verletzungsform bezogen. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.
8Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils mit der im Berufungsverfahren erklärten Beschränkung des Unterlassungsantrags.
Gründe
9A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung und die Annexansprüche nicht zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:
10Zwar habe die Klägerin die Unionswortmarke "PEARL" für Waren der Klasse 12 "Fahrräder" rechtserhaltend benutzt. Die Beklagte verwende das angegriffene Zeichen "PURE PEARL" im geschäftlichen Verkehr markenmäßig zur Kennzeichnung ihrer Fahrzeuge. Es bestehe jedoch keine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen. Die Klagemarke "PEARL" verfüge über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Es liege Zeichenähnlichkeit vor. Es bestehe jedoch eine die Verwechslungsgefahr ausschließende absolute Warenunähnlichkeit zwischen Fahrrädern und Kraftfahrzeugen.
11B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg. Die Klage ist zulässig (dazu B I). Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke (GMV) und Art. 9 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 über die Unionsmarke (UMV) nicht verneint werden. Infolgedessen hat auch die Abweisung derjenigen Klageanträge keinen Bestand, mit denen die Klägerin Auskunft und die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt (dazu B II). Dies gilt entsprechend, soweit die Klägerin ihre Klage hilfsweise auf ihre deutsche Wortmarke stützt.
12I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere sind die deutschen Gerichte international zuständig.
131. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist auch unter Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr.; vgl. , GRUR 2019, 79 Rn. 11 = WRP 2019, 73 - Tork; Urteil vom - I ZR 222/17, GRUR 2020, 647 Rn. 22 = WRP 2020, 730 - Club Hotel Robinson).
142. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist sowohl für die in erster Linie auf die Unionsmarke als auch für die hilfsweise auf die deutsche Wortmarke gestützten, gegen die in Frankreich ansässige Beklagte geltend gemachten Ansprüche gegeben.
15a) Die deutschen Gerichte sind international zuständig, soweit die Klägerin die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf ihre Unionsmarke stützt. Die internationale Zuständigkeit für den mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruch ergibt sich aus Art. 97 Abs. 5 der im Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2014 noch geltenden Verordnung (EG) Nr. 207/2009 in der bis zum gültigen Fassung (GMV aF, jetzt Art. 125 Abs. 5 UMV).
16aa) Nach Art. 97 Abs. 5 GMV aF (jetzt Art. 125 Abs. 5 UMV) können die Verfahren, welche durch die in Art. 96 GMV aF (jetzt Art. 124 UMV) genannten Klagen wegen Verletzung einer Unionsmarke und Widerklagen auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit der Unionsmarke anhängig gemacht werden - ausgenommen Klagen auf Feststellung der Nichtverletzung einer Gemeinschaftsmarke -, auch bei den Gerichten des Mitgliedstaats anhängig gemacht werden, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht. In diesem Fall ist die Zuständigkeit des Gerichts nach Art. 98 Abs. 2 GMV aF (jetzt Art. 126 Abs. 2 UMV) auf das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats beschränkt.
17bb) Mit der Wendung "[Mitgliedstaat], in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist", wird auf ein aktives Verhalten des Täters der behaupteten Verletzung abgestellt. Dies zielt auf den Mitgliedstaat ab, in dem sich der Vorfall, der der behaupteten Verletzung zugrunde liegt, ereignet hat oder zu ereignen droht, und nicht auf den Mitgliedstaat, in dem diese Verletzung ihre Wirkungen entfaltet ("Handlungsort"; zu Art. 93 Abs. 5 der Verordnung [EG] Nr. 40/93 über die Gemeinschaftsmarke vgl. , GRUR 2014, 806 Rn. 34 = WRP 2014, 1047 - Coty Germany). Bei der Prüfung der internationalen Zuständigkeit muss sich das angerufene Gericht deshalb vergewissern, ob die dem Beklagten zur Last gelegten Handlungen im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats begangen wurden, in dem es seinen Sitz hat (, GRUR 2019, 1047 Rn. 46 = WRP 2019, 1437 - AMS Neve u.a.).
18cc) Das mit der Klage beanstandete Verhalten der in Frankreich ansässigen Beklagten liegt in der Werbung für sowie dem Angebot und dem Vertrieb von Kraftfahrzeugen unter dem Zeichen "PURE PEARL" in Deutschland. Die aus dem Unterlassungsantrag ersichtlichen konkreten Verletzungsformen sind teilweise in deutscher Sprache gehalten. Außerdem hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ein Vertrieb von 121 Fahrzeugen in Deutschland stattgefunden. Da die Klägerin ihre Klage auf Handlungen der Beklagten im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt hat, sind gemäß Art. 98 Abs. 2 GMV aF (jetzt Art. 126 Abs. 2 UMV) die deutschen Gerichte für die Entscheidung hierüber im vollen Umfang international zuständig.
19b) Soweit die Klägerin die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche hilfsweise auf ihre deutsche Wortmarke stützt, ergibt sich die internationale Zuständigkeit - da die Richtlinie 2008/95/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken anders als die Gemeinschaftsmarkenverordnung für nationale Marken keine speziellen Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit eingeführt hat - aus Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO (jetzt Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO; vgl. EuGH, GRUR 2019, 1047 Rn. 35 - AMS Neve).
20aa) Nach Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO (jetzt Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO) kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht.
21bb) Die Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht" meint sowohl den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs ("Erfolgsort") als auch den Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens ("Handlungsort"), so dass der Beklagte nach Wahl des Klägers vor dem Gericht eines dieser beiden Orte verklagt werden kann (vgl. , GRUR 2012, 654 Rn. 19 - Wintersteiger).
22cc) Der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs der unerlaubten Handlung im Sinne von Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO (jetzt Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO) liegt vorliegend in Deutschland. Bei der behaupteten Verletzung einer nationalen Marke liegt der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs der unerlaubten Handlung in dem Vertragsstaat, in dem die Marke geschützt ist (vgl. EuGH, GRUR 2012, 654 Rn. 27 - Wintersteiger; , GRUR 2015, 1004 Rn. 14 = WRP 2015, 1219 - IPS/ISP; Urteil vom - I ZR 138/16, GRUR 2018, 924 Rn. 17 = WRP 2018, 1074 - ORTLIEB I; BGH, GRUR 2020, 647 Rn. 36 - Club Hotel Robinson). Das ist im Streitfall Deutschland. Auch der "Handlungsort" liegt in Deutschland, weil die Beklagte in Deutschland für Kraftfahrzeuge unter dem Zeichen "PURE PEARL" geworben und diese Fahrzeuge in Deutschland angeboten und vertrieben hat.
23II. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können der in erster Linie auf die Unionsmarke "PEARL" gestützte Unterlassungsanspruch und die darauf bezogenen Folgeansprüche nicht verneint werden.
241. Ein auf Wiederholungsgefahr gestützter Unterlassungsanspruch ist nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur , GRUR 2020, 405 Rn. 32 = WRP 2020, 470 - ÖKO-TEST II, mwN). An die Stelle des im Zeitpunkt der beanstandeten Handlungen geltenden Art. 9 Abs. 1 Buchst. b GMV aF ist mit Wirkung vom die Vorschrift des Art. 9 Abs. 2 Buchst. b UMV getreten. Für den Streitfall erhebliche Rechtsänderungen sind hiermit nicht verbunden. Nach beiden Vorschriften hat der Inhaber einer Unionsmarke das Recht, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn das Zeichen mit der Unionsmarke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, für die die Unionsmarke eingetragen ist, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird (vgl. auch , GRUR 2019, 173 Rn. 13 = WRP 2019, 197 - combit/Commit).
25Für den Anspruch auf Schadensersatz und den der Vorbereitung seiner Berechnung dienenden Anspruch auf Auskunftserteilung kommt es auf das zur Zeit der Verletzungshandlungen im Jahr 2013 geltende Recht an (st. Rspr.; vgl. nur , GRUR 2017, 397 Rn. 102 = WRP 2017, 434 - World of Warcraft II; Urteil vom - I ZR 61/18, GRUR 2019, 953 Rn. 12 = WRP 2019, 1186 - Kühlergrill). Auf diese Ansprüche ist nach Art. 101 Abs. 2 GMV aF (Art. 129 Abs. 2 UMV) das nationale Recht einschließlich seines internationalen Privatrechts anzuwenden (zu Art. 88 Abs. 2 der Verordnung [EG] Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster vgl. , GRUR 2014, 368 Rn. 54 = WRP 2014, 821 - H. Gautzsch Großhandel). Gemäß Art. 8 Abs. 2 Rom-II-VO ist bei außervertraglichen Schuldverhältnissen aus der Verletzung von unionsweit einheitlichen Rechten des geistigen Eigentums auf Fragen, die - wie hier - nicht unter den einschlägigen Rechtsakt der Union fallen, das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Verletzung begangen wurde. Danach ist im Streitfall deutsches Sachrecht anwendbar. Der Handlungsort liegt in Deutschland, von wo aus die Beklagte Fahrzeuge unter der beanstandeten Bezeichnung beworben, angeboten und vertrieben hat. Für die geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatzfeststellung und Auskunftserteilung ist danach das Markengesetz in der bis zum geltenden Fassung maßgeblich. Nach § 125b Nr. 2 MarkenG aF stehen dem Inhaber einer eingetragenen Gemeinschaftsmarke zusätzlich zu den Ansprüchen nach den Artikeln 9 bis 11 der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke (aF) die gleichen Ansprüche auf Schadensersatz (§ 14 Abs. 6 und 7 MarkenG aF) und Auskunft (§ 19 MarkenG aF) wie dem Inhaber einer nach diesem Gesetz eingetragenen Marke zu.
262. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin die Unionsmarke "PEARL" für die Waren "Fahrräder" und "Fahrradteile" rechtserhaltend benutzt hat und der von der Beklagten gemäß Art. 15 Abs. 1 und Art. 99 Abs. 3 GMV aF (jetzt Art. 18 Abs. 1 und Art. 127 Abs. 3 UMV) erhobene Einwand der mangelnden Benutzung deshalb nicht durchgreift. Dies wird im Revisionsverfahren nicht angegriffen. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.
273. Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Beklagte das angegriffene Zeichen "PURE PEARL" ohne Zustimmung der Klägerin im geschäftlichen Verkehr markenmäßig zur Kennzeichnung ihrer Kraftfahrzeuge verwendet hat.
28a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der angesprochene Verkehr erkenne in der Verwendung der Bezeichnungen "CITROËN DS4 Pure Pearl" und "CITROËN DS5 Pure Pearl" die bekannte Marke "CITROËN". Der angesprochene Verkehr werde ausgehend von dieser Herstellermarke nicht nur den Bezeichnungen "DS4" und "DS5" einen Herkunftshinweis entnehmen, sondern auch der weiteren Kennzeichnung "Pure Pearl". Nach den Kennzeichnungsgewohnheiten im Kraftfahrzeugbereich seien die Bezeichnungen der verschiedenen Fahrzeugtypen und Ausstattungslinien individuell, wie zum Beispiel "Audi A4 Avant", "Volkswagen Golf Trendline" oder "Volkswagen Golf Comfortline" oder "Citroën C4 Cactus". Die Hersteller legten Wert darauf, sich auch insoweit von der Konkurrenz abzusetzen. Der angesprochene Verkehr erkenne dies und ordne diese Zeichen entsprechend zu. Da sich die angegriffenen Angebote ersichtlich an jedermann richteten, könnten die Mitglieder des Berufungsgerichts diese Feststellungen zum Verkehrsverständnis selbst treffen.
29b) Dies wird im Revisionsverfahren nicht beanstandet. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
304. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Rechte der Klägerin aus ihrer Unionsmarke "PEARL" durch die angegriffene Verwendung des Zeichens "PURE PEARL" nicht verletzt seien. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Verwechslungsgefahr nicht verneint werden.
31a) Die Frage, ob eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder der Ähnlichkeit der Zeichen und der Identität oder der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2019, 953 Rn. 19 - Kühlergrill). Eine Verwechslungsgefahr ist allerdings ausgeschlossen, wenn die Waren oder Dienstleistungen einander nicht ähnlich sind (, GRUR 2015, 176 Rn. 10 = WRP 2015, 193 - ZOOM/ZOOM).
32b) Das Berufungsgericht hat angenommen, es bestehe keine Verwechslungsgefahr. Die Klagemarke "PEARL" sei durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Es stünden sich die Klagemarke "PEARL" und das angegriffene Zeichen "PURE PEARL" in der konkreten Ausgestaltung "CITROËN DS4 Pure Pearl" und "CITROËN DS5 Pure Pearl" gegenüber. Zwischen beiden Zeichen bestehe Ähnlichkeit, da das von der Beklagten verwendete Zeichen die Klagemarke vollständig übernehme. Es bestehe weder klanglich noch schriftbildlich oder begrifflich ein Unterschied. In den Gesamtzeichen "CITROËN DS4 Pure Pearl" und "CITROËN DS5 Pure Pearl" behalte das Zeichen "PURE PEARL" und darin wiederum der bestimmende Begriff "PEARL" eine selbständig kennzeichnende Stellung. Da es im Automobilbereich verbreitet sei, Ausstattungen und Sondermodelle an der dritten Stelle mit einem unterscheidungskräftigen Zusatz zu kennzeichnen, komme dem letzten Teil "PURE PEARL" eine Bedeutung bei der Unterscheidung zu. Der erste Teil des Gesamtzeichens "CITROËN" sei erkennbar die Herstellerangabe, der zweite Bestandteil "DS4" oder "DS5" bezeichne das konkrete Modell, "PURE PEARL" kennzeichne die Modellausstattung. Der Begriff "PURE" habe im Zusammenhang mit dem nachfolgenden Begriff "PEARL" in der Bedeutung "rein, sauber, unvermischt" lediglich einen beschreibenden Sinngehalt, so dass er im Bestandteil "PURE PEARL" in den Hintergrund trete. Da der geschützte Begriff "PEARL" danach im angegriffenen Zeichen enthalten sei, bestehe insoweit jedenfalls Zeichenähnlichkeit. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Waren könne jedoch nicht einmal eine geringe Warenähnlichkeit anerkannt werden. Vielmehr liege eine die Verwechslungsgefahr ausschließende absolute Warenunähnlichkeit vor. Fahrräder hätten keine Warenähnlichkeit zu Kraftfahrzeugen, für die die Beklagte die streitgegenständliche Kennzeichnung verwende.
33Zwar gebe es eine Vielzahl von Kraftfahrzeugherstellern, insbesondere BMW, Mercedes, VW, Porsche, Peugeot und Smart, die als Ergänzung ihres Automobilangebots auch Fahrräder unter ihrer Marke anbiete. Ferner gebe es Kooperationen von Kraftfahrzeugherstellern mit Fahrradherstellern in der Weise, dass die Kraftfahrzeughersteller die Fahrräder mit ihrer eigenen Marke zusammen mit der Marke des Fahrradherstellers versähen. Der Verkehr sei es gewohnt, dass Fahrräder mit den Zeichen der ihm bekannten Kraftfahrzeughersteller versehen seien. Unternehmen wie Opel und Peugeot seien zunächst als Hersteller von Fahrrädern tätig geworden, bevor sie mit der Produktion von Automobilen begonnen hätten. Es gebe auch Automobilhändler, die Fahrräder und Zubehör für Fahrräder verkauften, und Fahrradhändler, die Zubehör zur Verwendung mit Kraftfahrzeugen vertrieben. Fahrräder stammten nach der Auffassung des relevanten Verkehrs im Allgemeinen jedoch nicht aus denselben Herkunftsstätten und würden nicht unter der Qualitätskontrolle eines einheitlichen Unternehmens erzeugt. Zwar handele es sich bei beiden Warengruppen um Landfahrzeuge, bei welchen die zur Fortbewegung dienende Energie über Räder auf den Untergrund übertragen werde. Kraftfahrzeuge würden jedoch im Gegensatz zu Fahrrädern ausschließlich mit Motorkraft betrieben und eigneten sich zudem auch für längere Strecken und höhere Geschwindigkeiten. Demgegenüber zeichneten sich die klassischen zweirädrigen Fahrräder durch eine einfache Antriebstechnik mit Pedalen, gegebenenfalls mit elektrischer Unterstützung, für kürzere Strecken aus. Das Führen eines Kraftfahrzeugs unterliege hohen Anforderungen in rechtlicher (Zulassung des Fahrzeugs, Führerschein, Kfz-Versicherung, Kfz-Steuer) und technischer Hinsicht (TÜV, AU, Service und Reparatur in Werkstätten). Dies gelte nicht in gleicher Weise für Fahrräder. Der Verkehr, der Fortbewegungsmittel erwerben wolle, vergleiche nicht Fahrräder mit Kraftfahrzeugen, sondern erwerbe je nach der beabsichtigten Verwendung eines der beiden Produkte.
34Es handele sich auch nicht um sich ergänzende Waren, da der Kauf eines Fahrrades nicht den Kauf eines Kraftfahrzeugs erfordere oder umgekehrt. Auch im Handel bestehe eine weitgehende Trennung zwischen beiden Bereichen, auch wenn es Berührungspunkte gebe. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass beim Kraftfahrzeughändler Fahrräder unter dem Zeichen der entsprechenden Hersteller angeboten würden. Der Umstand allein, dass Hersteller von Kraftfahrzeugen Lizenzen für die Produktion weiterer Waren vergäben oder Fahrräder in Kooperation mit Fahrradherstellern anböten, genüge für die Annahme einer Warenähnlichkeit nicht. Dies gelte umso mehr, als es um den Schutz einer für die Waren "Fahrräder" eingetragenen Marke gehe. Der maßgebliche Durchschnittsverbraucher werde in keinem Fall von einem Image- oder Technologietransfer von einem Fahrradhersteller auf einen der wenigen Kraftfahrzeughersteller ausgehen.
35c) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, es bestehe absolute Warenunähnlichkeit zwischen Fahrrädern, für die die Unionsmarke "PEARL" Schutz beansprucht, und Kraftfahrzeugen, auf die sich die beanstandeten Verhaltensweisen der Beklagten beziehen.
36aa) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere die Art der Waren oder Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (, Slg. 2006, I-4237 = GRUR 2006, 582 Rn. 85 = WRP 2006, 1102 - Sunrider/HABM [VITAFRUIT]; Urteil vom - C-16/06, Slg. 2008, I-10053 = GRUR-RR 2009, 356 Rn. 65 - Les Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; , GRUR 2016, 1301 Rn. 46 = WRP 2016, 1510 - Kinderstube). In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen, weil sie in denselben Verkaufsstätten angeboten werden (, GRUR 2014, 1101 Rn. 40 = WRP 2014, 1314 - Gelbe Wörterbücher, mwN). Von einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Zeichen und erhöhter Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstandes der Waren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist (st. Rspr.; vgl. nur , Slg. 1998, I-5507 = GRUR 1998, 922 Rn. 22 - Canon; , GRUR 2006, 941 Rn. 13 = WRP 2006, 1235 - TOSCA BLU; Urteil vom - I ZR 167/06, GRUR 2009, 484 Rn. 25 = WRP 2009, 616 - METROBUS; Urteil vom - I ZR 86/10, GRUR 2012, 1145 Rn. 34 = WRP 2012, 1392 - Pelikan; BGH, GRUR 2015, 176 Rn. 17 - ZOOM/ZOOM). Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen.
37Die Feststellung, ob eine Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen angenommen werden kann, liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Sie kann daher im Revisionsverfahren nur darauf überprüft werden, ob das Tatgericht einen zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt und entsprechend den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung geurteilt hat und das gewonnene Ergebnis zudem von den getroffenen Feststellungen getragen wird (, GRUR 2007, 1066 Rn. 23 = WRP 2007, 1466 - Kinderzeit; BGH, GRUR 2015, 176 Rn. 15 - ZOOM/ZOOM; GRUR 2016, 1301 Rn. 46 - Kinderstube, mwN).
38Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es bestehe absolute Warenunähnlichkeit, wird teilweise nicht von seinen Feststellungen getragen, teilweise hat das Berufungsgericht nicht alle maßgeblichen Umstände in den Blick genommen.
39bb) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass es sich bei Fahrrädern und Kraftfahrzeugen jeweils um Landfahrzeuge handelt, die über Räder fortbewegt werden, dass jedoch Kraftfahrzeuge - anders als Fahrräder - für das Zurücklegen größerer Entfernungen geeignet sind. Der Sache nach hat es damit einen ähnlichen Verwendungszweck festgestellt, der für die Annahme der Warenähnlichkeit von Bedeutung ist (vgl. , BGHZ 207, 71 Rn. 27 - Goldbären). Dies wird im Revisionsverfahren nicht angegriffen und lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.
40cc) Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass zwischen Kraftfahrzeugen und Fahrrädern insoweit Unterschiede bestehen, als Kraftfahrzeuge anders als Fahrräder generell durch einen Motor angetrieben werden und die rechtlichen und technischen Anforderungen an den Betrieb von Fahrrädern und Kraftfahrzeugen unterschiedlich sind. Dies steht im Revisionsverfahren ebenfalls nicht in Streit. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.
41dd) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, dass im Handel eine weitgehende Trennung zwischen Kraftfahrzeugen und Fahrrädern bestehe. Die entsprechende Beurteilung des Berufungsgerichts weist keine Rechtsfehler auf. Insbesondere hat es berücksichtigt, dass es beim Vertrieb von Fahrrädern und Kraftfahrzeugen insofern Berührungspunkte gibt, als sie teilweise in denselben Verkaufsstätten angeboten werden.
42ee) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht hätte berücksichtigen müssen, dass die unter der Klagemarke "PEARL" produzierten Fahrräder hochwertige und handgefertigte Rennräder seien, die auch im professionellen Rennradsport verwendet würden. Auf dem spezifischen Marktsegment der hochwertigen Rennräder mit ausgefeilter Technik bestünden Berührungspunkte hinsichtlich des Abnehmerkreises, weil auch die Fahrräder, die von Automobilherstellern auf den Markt gebracht würden, eine hochwertige Ausstattung aufwiesen.
43Für die Frage der Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit ist bei eingetragenen Marken grundsätzlich nicht darauf abzustellen, für welche Waren die Klagemarke tatsächlich benutzt wird, sondern auf die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen ist. Bei dem angegriffenen Zeichen sind demgegenüber diejenigen Waren oder Dienstleistungen einzubeziehen, für die es benutzt worden ist (BGHZ 207, 71 Rn. 28 - Goldbären, mwN).
44Da das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, dass die Klagemarke für Fahrräder und Fahrradteile rechtserhaltend genutzt worden ist, sind diese Waren für die Frage maßgeblich, ob im Streitfall Warenähnlichkeit vorliegt. Dagegen kommt es für die Beurteilung der Warenähnlichkeit nicht darauf an, dass die Klägerin unter der Marke "PEARL" spezielle hochwertige Rennräder anbietet. Das Berufungsgericht hat deshalb zu Recht auf Fahrräder im Allgemeinen abgestellt, für die die Unionsmarke der Klägerin Schutz beansprucht.
45ff) Die Annahme des Berufungsgerichts, der angesprochene Verkehr erwarte nicht, dass Kraftfahrzeuge und Fahrräder von denselben Unternehmen oder unter Kontrolle derselben Unternehmen hergestellt werden, hält den Angriffen der Revision nicht stand.
46(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, es bestehe keine Verkehrserwartung, dass Kraftfahrzeuge und Fahrräder durch dieselben Unternehmen oder unter der Kontrolle derselben Unternehmen hergestellt würden, weil nicht ersichtlich sei, dass Kraftfahrzeughersteller für Fahrräder nicht nur Lizenzen vergäben, sondern die Fahrradproduktion selbst übernähmen. Der Umstand allein, dass Hersteller von Kraftfahrzeugen Lizenzen für die Produktion weiterer Waren vergäben oder Fahrräder in Kooperation mit Fahrradherstellern anböten, genüge für die Annahme einer Warenähnlichkeit nicht.
47(2) Das Berufungsgericht ist allerdings mit Recht davon ausgegangen, allein der Umstand, dass Automobilhersteller ihre Marken an Fahrradhersteller lizenzieren und die mit den Marken versehenen Fahrräder in Kooperation mit den Fahrradhändlern anbieten, spreche nicht für eine Warenähnlichkeit von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern.
48Nach der Rechtsprechung des Senats lässt sich allein aus der Erteilung von Lizenzen für andere als diejenigen Waren, für die der Markenschutz gilt, kein Anhaltspunkt für eine Warenähnlichkeit ableiten. Eine solche Praxis beruht auf der Erfahrung, dass sich die positiven Assoziationen, die bekannte, als exklusiv geltende Marken erwecken, auch für völlig andere Produkte nutzbar machen lassen. Diese Verwertungsmöglichkeit steht zwar durchaus unter dem Schutz des Markenrechts, das die Wertschätzung und die Unterscheidungskraft bekannter Marken auch außerhalb der Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit vor einer Ausnutzung oder Beeinträchtigung schützt. Der Warenähnlichkeitsbereich bleibt aber durch die Erteilung von Vermarktungsrechten zum Zwecke der Verkaufsförderung grundsätzlich unberührt (, GRUR 2004, 594, 596 [juris Rn. 47] = WRP 2004, 909 - Ferrari-Pferd; BGH, GRUR 2006, 941 Rn. 14 - TOSCA BLU). Deshalb rechtfertigt beispielsweise der Umstand, dass Hersteller von Kraftfahrzeugen Lizenzen für die Produktion von Modellautos, die ihre Fahrzeuge in verkleinerter Form nachbilden (, GRUR 2010, 726 Rn. 26 = WRP 2010, 1039 - Opel Blitz II), oder für Computerprogramme und -zubehör wie Lenkräder und Pedale für die Simulation von Fahrzeugrennen (BGH, GRUR 2004, 594, 596 [juris Rn. 47] - Ferrari-Pferd) vergeben, für sich genommen nicht die Annahme einer Warenähnlichkeit.
49Dies schließt es allerdings nicht aus, dass bei funktionsverwandten Produkten, bei denen im Falle einer Lizenzierung der Verkehr nicht nur von einem Imagetransfer, sondern auch von einem Know-how-Transfer ausgeht, die Lizenzierungspraxis einen Faktor darstellt, der im Grenzbereich für die Warenähnlichkeit beziehungsweise bei gegebener Warenähnlichkeit für die Verwechslungsgefahr sprechen kann (BGH, GRUR 2006, 941 Rn. 14 - TOSCA BLU). Auch unter diesem Gesichtspunkt ist die Annahme der Warenähnlichkeit im Streitfall jedoch nicht gerechtfertigt. Da die Verkehrserwartung im Hinblick auf die angegriffene Verwendung der geschützten Marke zu beurteilen ist, kommt es insoweit darauf an, ob der Verkehr im Falle einer Lizenzierung der für bestimmte Waren (hier: Fahrräder) geschützten Marke zur markenmäßigen Verwendung für andere Waren (hier: Kraftfahrzeuge) von einem Know-how-Transfer ausgeht. Das ist nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hier nicht der Fall. Danach geht der Verkehr im Falle einer solchen Lizenzierung nicht von einem Technologietransfer vom Fahrradhersteller auf den Kraftfahrzeughersteller aus. Eine entsprechende Lizenzierungspraxis könnte daher nicht für eine Warenähnlichkeit sprechen. Da im Streitfall nicht die umgekehrte Konstellation der Lizenzierung einer für Kraftfahrzeuge geschützten Marke zur markenmäßigen Verwendung für Fahrräder zu beurteilen ist, spielt es demgegenüber keine Rolle, ob der Verkehr im Falle einer solchen Lizenzierung von einem Know-how-Transfer vom Kraftfahrzeug auf das Fahrrad ausgeht. Es ist in diesem Zusammenhang daher unerheblich, ob der vom Berufungsgericht nicht berücksichtigte Vortrag der Klägerin zur Werbung der Kraftfahrzeughersteller BMW und Porsche für unter ihrer bekannten Marke vertriebene Fahrräder für eine solche Verkehrserwartung spricht.
50(3) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Verkehr erwarte nicht, dass Kraftfahrzeuge und Fahrräder durch dieselben Unternehmen oder unter Kontrolle derselben Unternehmen hergestellt würden, hält einer Nachprüfung dagegen nicht stand. Das Berufungsgericht hat von ihm selbst festgestellte und von der Klägerin vorgetragene Umstände, die für eine solche Verkehrserwartung sprechen, nicht berücksichtigt.
51Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass Kraftfahrzeughersteller wie Opel und Peugeot zumindest in der Vergangenheit Fahrräder selbst produziert haben. Es hat weiter festgestellt, dass die Muttergesellschaft der Beklagten, die Peugeot S. A., weiterhin Fahrräder produziert. Die Revision macht ferner zutreffend geltend, die Klägerin habe unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Peugeot S. A. in der Fahrradherstellung als Großproduzentin tätig sei. Das Berufungsgericht hat diese Umstände bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit nicht berücksichtigt. Es hat daher auch nicht festgestellt, dass es sich bei den Fahrrädern der Marke Peugeot insoweit um einen Ausnahmefall handelt, der auf die Verkehrsauffassung keinen Einfluss hat. Seine Annahme, die angesprochenen Verkehrskreise gingen davon aus, dass es sich bei von Automobilherstellern unter ihrem Firmennamen vertriebenen exklusiven sportlichen Fahrrädern um zugekaufte Produkte handele, entbehrt daher einer tragfähigen Grundlage.
52Darüber hinaus spricht die Feststellung des Berufungsgerichts, dass eine Vielzahl von Kraftfahrzeugherstellern - BMW, Mercedes, VW, Porsche, Peugeot und Smart - auch Fahrräder unter ihrer Marke anbieten und der Verkehr hieran gewöhnt ist, für die Erwartung des Verkehrs, dass Kraftfahrzeughersteller die Produktverantwortlichkeit auch für unter ihrer bekannten Marke vertriebene Fahrräder übernehmen (vgl. 28 W (pat) 132/99, juris Rn. 16; vgl. auch 28 W (pat) 8/05, juris Rn. 26).
53Die Revision rügt ferner mit Erfolg, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin zur Eigendarstellung von Automobilherstellern beim Vertrieb von Fahrrädern nicht berücksichtigt hat. Danach wirbt der Automobilhersteller BMW für seine Fahrradkollektion nicht nur mit seinem Know-how aus dem Automobilbau, sondern auch mit seiner Kompetenz im Zweirad-Segment, indem er darauf hinweist, dass er seit über 60 Jahren hochwertige und innovative Fahrräder baue. Der Automobilhersteller Porsche wirbt nach dem Vorbringen der Klägerin mit der Aussage, bei seinen Fahrrädern handele es sich um einen "echten Porsche", "Porsche" stehe für "Sportlichkeit, Performance und Fahrspaß" und dies gelte "nicht nur für vier Räder, sondern auch für zwei", das Design sei "typisch Porsche", die Rahmen der neuen Bikes seien "an die Silhouette der Sportwagen aus Zuffenhausen angelehnt". Werben Kraftfahrzeughersteller unter Hinweis auf ihre für Kraftfahrzeuge bekannten Marken in dieser Weise für Fahrräder, spricht dies dafür, dass sie diese Fahrräder selbst herstellen oder unter ihrer Kontrolle herstellen lassen und beim angesprochenen Verkehr eine entsprechende Verkehrserwartung besteht.
54gg) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, zwischen Kraftfahrzeugen und Fahrrädern bestehe absolute Warenunähnlichkeit, erweist sich auch deshalb als rechtsfehlerhaft, weil es den Vortrag der Klägerin nicht berücksichtigt hat, dass die Entwicklung auf dem Markt hinsichtlich unterschiedlicher Arten der Mobilität dazu führe, dass keine klare Trennung zwischen Fahrrädern und Kraftfahrzeugen (mehr) bestehe.
55(1) Die Revision verweist auf Vortrag der Klägerin, wonach immer neue Fortbewegungsmöglichkeiten entwickelt würden, um angesichts der wachsenden Umweltproblematik sowie der angespannten Verkehrssituation insbesondere in den Städten das bisherige Mobilitätskonzept umzugestalten. Dabei sei eine Umstellung vom Auto zum Fahrrad als Alternative ein wesentlicher Faktor. Der Markt der Elektrofahrräder wachse. Das Aufkommen von elektronisch betriebenen Stehrollern sei ein weiteres Beispiel für die Veränderung des Mobilitätsverhaltens. Dies führe bei Automobilherstellern dazu, dass sie verstärkt auf Fahrräder als zukünftige Alternative zu ihren Kraftfahrzeug-Angeboten setzten. Der Mutterkonzern der Beklagten sei in der Fahrradherstellung als Großproduzent tätig. Angesichts dieser Entwicklung gelangten Fahrräder und Kraftfahrzeuge immer mehr in ein Austauschverhältnis. Das Berufungsgericht hat sich mit diesem Vorbringen nicht auseinandergesetzt.
56(2) Die vom Berufungsgericht für seine Annahme der absoluten Warenunähnlichkeit von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern herangezogene Entscheidung des (GRUR-RR 2007, 313) ist insoweit unergiebig. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat als für den angesprochenen Verkehr maßgeblich erachtet, dass Fahrräder und Kraftfahrzeuge hinsichtlich der Antriebsenergie grundsätzlich technisch verschieden seien. Dies präge die Nutzbarkeit der jeweiligen Waren (OLG Stuttgart, GRUR-RR 2007, 313, 314 [juris Rn. 34]). Zur Werbung von Kraftfahrzeugherstellern für Fahrräder sowie zu Elektrofahrrädern und elektrisch betriebenen Kraftfahrzeugen verhält sich die Entscheidung nicht, genauso wenig wie zur Zunahme von Fahrradspuren auf den innerstädtischen Straßen.
57(3) Nach dem vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Vorbringen der Klägerin kann nicht ausgeschlossen werden, dass der angesprochene Verkehr die Nutzung eines Fahrrads als Alternative zur Nutzung eines Kraftfahrzeugs ansieht. Dies gilt jedenfalls, soweit Kraftfahrzeuge und Fahrräder zur Fortbewegung in einem beschränkten räumlichen Bereich - etwa in Städten - eingesetzt werden, um kurze Entfernungen zurückzulegen.
58C. Danach ist auf die Revision der Klägerin das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Dieses wird in der wiedereröffneten Berufungsinstanz erneut zu prüfen haben, ob zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen Verwechslungsgefahr besteht.
59Das Berufungsgericht wird erneut und unter Berücksichtigung aller Umstände zu beurteilen haben, ob Warenähnlichkeit zwischen Fahrrädern und Kraftfahrzeugen besteht. Sollte auch nur geringe Warenähnlichkeit vorliegen, ist das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr nicht von vornherein ausgeschlossen. In diesem Fall sind auch Feststellungen zur Kennzeichnungskraft der Klagemarke und der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen zu treffen, weil anderenfalls nicht geprüft werden kann, ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt.
60Das Berufungsgericht hat die Klagemarke "PEARL" als durchschnittlich kennzeichnungskräftig angesehen. Dies steht im Revisionsverfahren nicht in Streit. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.
61Das Berufungsgericht hat zwar festgestellt, dass Zeichenähnlichkeit vorliegt. Zum Grad der Zeichenähnlichkeit hat es jedoch bislang keine Feststellungen getroffen. Das Ergebnis der Prüfung der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen kann von Zeichenunähnlichkeit über Zeichenähnlichkeit bis zu Zeichenidentität reichen; liegt Zeichenähnlichkeit vor, ist deren Grad genauer zu bestimmen. Dabei kann zwischen sehr hoher (weit überdurchschnittlicher), hoher (überdurchschnittlicher), normaler (durchschnittlicher), geringer (unterdurchschnittlicher) und sehr geringer (weit unterdurchschnittlicher) Zeichenähnlichkeit unterschieden werden (, GRUR 2013, 833 Rn. 55 = WRP 2013, 1038 - Culinaria/Villa Culinaria). Entsprechende Feststellungen wird das Berufungsgericht gegebenenfalls nachzuholen haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:151020UIZR135.19.0
Fundstelle(n):
WAAAH-74034