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FG Bremen  v. - 2 K 151/19 (1)

Gesetze: GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 2, GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 4, GrEStG § 1 Abs. 6 S. 1, GrEStG § 1 Abs. 6 S. 2, GrEStG § 6a S. 1, GrEStG § 6a S. 2, GrEStG § 6a S. 3, GrEStG § 6a S. 4, GrEStG § 17 Abs. 3, GrEStG § 17 Abs. 3a, UmwG § 1 Abs. 1 Nr. 1, UmwG § 2 Nr. 1, UmwG § 3 Abs. 1 Nr. 3, UmwG § 20 Abs. 1 Nr. 1, AO § 5, AO § 163

Grunderwerbsteuer bei Verschmelzung von zuvor nicht aneinander beteiligten Genossenschaften nach vorangegangenen Umstrukturierungen: mangels Beteiligung eines herrschenden Unternehmens keine Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG

kein Anspruch auf Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO

Auswirkungen eines „Gesamtplans” auf die Grunderwerbsteuer

Leitsatz

1. Werden zwei Genossenschaften 1 und 2 auf eine weitere, bisher nicht an den Genossenschaften 1 und 2 beteiligte Genossenschaft 3 verschmolzen und kommt es dadurch hinsichtlich grundbesitzender Tochter- und Enkelgesellschaften zu einer Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG bzw. einem Anteilsübergang im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG, so ist die Steuerbefreiung nach 6a GrEStG nicht anwendbar, wenn die Genossenschaft 3 sowohl in Bezug auf die beiden Genossenschaften 1 und 2 als auch in Bezug auf die Tochter- und Enkelgesellschaften, deren Anteile durch die Verschmelzung unmittelbar und mittelbar in ihrer Hand vereinigt wurden bzw. auf sie übergingen, vor der Verschmelzung kein „herrschendes” Unternehmen im Sinne von § 6a Sätze 3, 4 GrEStG war. Eine Anwendung des § 6a GrEStG im Wege der teleologischen Reduktion auf Fälle, in denen am Umwandlungsvorgang kein Unternehmen mit einer Beteiligungshöhe von mindestens 95 % beteiligt ist, scheidet aus.

2. Die mangels Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG bei der Genossenschaft 3 eintretende Grunderwerbsteuerbelastung ist auch kein Grund für eine Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 AO. Das gilt auch dann, wenn die Verschmelzungen der Genossenschaften letzter Teil eines Gesamtplanes waren und den Verschmelzungen schon Umstrukturierungen vorausgegangen sind, die bei einer damals gemeinsamen Tochter- bzw. Enkelgesellschaft der Genossenschaften 1, 2 und 3 grunderwerbsteuerpflichtige Tatbestände erfüllt haben. Diese Grunderwerbsteuer der Tochtergesellschaft kann mangels Erwerberidentität nicht nach § 1 Abs. 6 GrEStG auf die infolge der Verschmelzungen bei der Genossenschaft 3 anfallende Grunderwerbsteuer angerechnet werden und führt auch bei der Genossenschaft 3 nicht zu einer unzulässigen Doppelbelastung.

3. Der Umstand, dass die Verschmelzungen und die vorangegangenen Umstrukturierungen wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen gewesen sind, die auf Veränderung der Marktverhältnisse beruhen, Wachstumshemmnisse beseitigt und dem Gemeinwohl gedient haben, ist nicht geeignet, die Annahme eines für eine sachliche Unbilligkeit erforderlichen Überhangs des Gesetzes über die Wertungen des Gesetzgebers zu begründen oder zu ersetzen.

4. Mehrere Gesellschaften bilden auch bei einem „Gesamtplan” keine grunderwerbsteuerrechtliche Einheit. Grunderwerbsteuerrechtlich maßgebend ist die zivilrechtliche Selbständigkeit von Gesellschaften. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise etwa dergestalt, dass die erforderlichen mehreren Schritte zur Begründung eines Konzerns eine Einheit bilden und daher unabhängig von der rechtlichen Gestaltung nur einmal Grunderwerbsteuer auslösen könnten, ist mit dem Charakter der Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrssteuer nicht vereinbar, der zu einer gesonderten steuerrechtlichen Beurteilung eines jeden, für sich genommen der Grunderwerbsteuer unterliegenden, Vorgangs führt.

Fundstelle(n):
DStRE 2021 S. 1209 Nr. 19
ErbStB 2021 S. 144 Nr. 5
ZAAAH-72585

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