Nichtzulassungsbeschwerde im Mietrechtsstreit auf Wohnungsräumung: Berücksichtigung von Prozesskosten bei der Bestimmung der Beschwer
Gesetze: § 3 ZPO, § 9 ZPO, § 544 Abs 2 Nr 1 ZPO
Instanzenzug: LG Bückeburg Az: 2 S 2/19vorgehend AG Stadthagen Az: 4 C 765/15
Gründe
I.
1Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Wohnraummietverhältnis, das zwischen ihnen durch Vertrag vom begründet worden war. Die vereinbarte monatliche Nettomiete betrug 440 €.
2Die Kläger begehren auf Grundlage mehrerer Kündigungen des Mietverhältnisses von den Beklagten die Räumung und Herausgabe der Mietwohnung sowie die Zahlung ausstehender Mieten beziehungsweise einer Nutzungsentschädigung. Die Beklagten haben hilfsweise die Aufrechnung mit Gegenansprüchen in Höhe von 5.449,43 € erklärt. Das Amtsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 7.049 € nebst Zinsen sowie zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt. Der Anspruch sei nicht durch die seitens der Beklagten erklärte Aufrechnung teilweise erloschen, weil die zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzansprüche der Beklagten nicht bestünden.
3Im Laufe des Berufungsverfahrens erklärten die Beklagten mit Schreiben vom ihrerseits die Kündigung des Mietverhältnisses zum und zogen am aus der streitgegenständlichen Wohnung aus.
4Das Berufungsgericht hat die gegen die erstinstanzliche Verurteilung gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
5Das Berufungsgericht hat den Streitwert für das Berufungsverfahren auf bis zu 19.000 € festgesetzt.
II.
61. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer - wie die Beschwerdeerwiderung mit Recht rügt - den Betrag von 20.000 € nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
7Mit der Revision, deren Zulassung die Beklagten erstreben, wollen sie ihr Klageabweisungsbegehren in vollem Umfang weiterverfolgen. Der sich daraus ergebende Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer liegt jedoch unter 20.000 €.
8Die Beklagten sind durch die Verurteilung zur Zahlung von 7.049 € in dieser Höhe beschwert. Zu addieren ist die zur Hilfsaufrechnung gestellte Forderung in Höhe von 5.449,43 €, über die seitens der Vorinstanzen eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergangen ist. Die Verurteilung zur Räumung und Herausgabe der Wohnung führt indes zu keiner weiteren Beschwer, so dass insgesamt die erforderliche Beschwer von 20.000 € nicht erreicht ist.
9Zwar ist grundsätzlich der Wert der Beschwer bei einer Streitigkeit über die Räumung von Wohnraum mit dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag der Nettomiete zu bemessen, wenn es sich um ein unbefristetes Mietverhältnis handelt und die streitige Zeit deshalb nicht bestimmt ist (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschluss vom - VIII ZA 19/20, WuM 2020, 738 Rn. 1 mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier indes im Hinblick auf die eigene Kündigung der Beklagten und deren Auszug nicht vor.
10Entgegen der Auffassung der Beschwerde kann als Beschwer bezüglich der Verurteilung zur Räumung und Herausgabe der Wohnung auch nicht der auf die Zeit von der Kündigung durch die Kläger am bis zum Auszug am entfallende Mietzins angesetzt werden. Denn die Beklagten sind durch die Verurteilung zur Räumung und Herausgabe der Wohnung nicht mehr beschwert.
11Nach dem im Rahmen der Prüfung der geltend gemachten Beschwer zu Grunde zu legenden Vorbringen der Beklagten erfolgte der Auszug nicht lediglich im Zuge der Zwangsvollstreckung oder unter Vorbehalt (vgl. IVb ZB 73/87, juris Rn. 8), sondern vorbehaltlos und mit Erfüllungswirkung. Hierdurch sei - so das Vorbringen der Beklagten in der Beschwerde - der Anspruch der Kläger auf Räumung und Herausgabe der Mietwohnung erloschen. Damit ist zugleich die Beschwer der Beklagten durch die Verurteilung zur Räumung und Herausgabe entfallen (vgl. ebenso für die vorbehaltlose Zahlung: , NJW-RR 2011, 488 Rn. 9 mwN). Denn ihr nach § 3 ZPO bei der Bemessung der Beschwer maßgebliches Interesse an der Beseitigung der Verurteilung zur Räumung und Herausgabe der Wohnung besteht nicht mehr darin, die ohnehin bereits vorbehaltlos erfolgte Räumung und Herausgabe zu verhindern. Vielmehr kann dieses nur noch darin liegen, die Kostenfolge, die mit der aus ihrer Sicht wegen der eingetretenen Erledigung zu Unrecht erfolgten Verurteilung einhergeht, abzuwenden.
12Dies ist indes bei der Beschwer nicht zu berücksichtigen. Denn die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt eine Beschwer des Rechtsmittelklägers voraus, die nicht allein in der Kostenlast besteht (vgl. , NJW-RR 2018, 384 Rn. 11 mwN). Ist - wie hier - die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits und ist noch ein Teil der Hauptsache im Streit, erhöhen die anteiligen Prozesskosten den Wert der Beschwer nicht (vgl. , aaO [bei Wegfall der Beschwer nach Einlegung einer Rechtsbeschwerde]; vom - V ZB 236/10, NJW-RR 2011, 1026 Rn. 7 und vom - XII ZB 29/95, NJW-RR 1995, 1089 unter 3 [bei übereinstimmender Teilerledigungserklärung]).
132. Im Übrigen wäre die Beschwerde auch in der Sache unbegründet, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
III.
14Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:151220BVIIIZR341.19.0
Fundstelle(n):
TAAAH-72441