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Skalierte Qualitätskontrolle für kleine, mittlere und Einzelpraxen möglich
Dem Hinweis der KfQK zur Durchführung und Dokumentation der Qualitätskontrolle mangelt es an Verhältnismäßigkeit
Der Beitrag beleuchtet den Hinweis der Kommission für Qualitätskontrolle (KfQK) vom zur Durchführung und Dokumentation der Qualitätskontrolle im Hinblick auf die Umsetzung der Verhältnismäßigkeit. Die Möglichkeiten der Satzung für Qualitätskontrolle 2019 zur Schaffung verhältnismäßiger Regelungen für die große Mehrheit der davon betroffenen Prüferpraxen wurden nicht genutzt. Nach einer kritischen Würdigung des Hinweises unterbreiten die Autoren Vorschläge, wie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz am Beispiel einer Einzelpraxis umgesetzt werden sollte.
Graumann, Wirtschaftliches Prüfungswesen, 6. Aufl. 2020, NWB LAAAH-45919
Die EU-Richtlinie 2014/56 sowie die WPO 2016 fordern und die neue Satzung für Qualitätskontrolle (SaQK) fördert den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Durchführung und Dokumentation der Qualitätskontrolle. Der gesetzliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz für die Qualitätskontrolle ist für kleinere und mittlere WP-Praxen (KMP) bei den Nicht-Public-Interest-Entity-(PIE)-Praxen in der SaQK noch nicht strukturiert konkretisiert umgesetzt.
Bei der u. E. Kernaufgabe der Qualitätskontrolle, der Auftragsprüfung, können vor allem große WP-Gesellschaften durch den Einbezug der Nachschauergebnisse den Umfang der Auftragsprüfungen stark vermindern. Bei KMP ist das dagegen kaum möglich.
Daher werden im Beitrag andere Möglichkeiten zur Erreichung der Verhältnismäßigkeit bei der Auftragsprüfung in einer Einzelpraxis vorgestellt.
I. Lange Wegstrecke zur Verhältnismäßigkeit der Qualitätskontrolle
Die Neufassung der WPO 2016 durch das Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz (APAReG) unterlässt eine Konkretisierung der in der EU-Richtlinie 2014/56 (EU-RL) geforderten verhältnismäßigen Qualitätskontrolle. In § 57a Abs. 5 b WPO werden lediglich die Forderungen von Art. 29 Abs. 1k und Abs. 3 EU-Änderungsrichtlinie 2014/56 wiederholt. Lenz hält die Ausgestaltung des Systems der Qualitätskontrolle von Abschlussprüfern nach der APAReG-Reform 2016 und SaQK 2016 zu Recht für überzogen.
Da die SaQK 2016 den gesetzlichen Auftrag zur Schaffung verhältnismäßiger Regeln noch nicht umgesetzt hatte, hat der 2018 neu gewählte Beirat der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) von seinem satzungsmäßigen Gestaltungsrecht nach § 57c WPO Gebrauch gemacht und die Verhältnismäßigkeit des Qualitätskontrollverfahrens in der Satzung stärker hervorgehoben. Die geänderte SaQK vom Dezember 2019 betont die Qualitätskontrolle als risikoorientierte und schwerpunktmäßige Systemprüfung. Für die Gewährleistung einer verhältnismäßigen Qualitätskontrolle für die kleineren, mittleren und Einzel-WP-Praxen (KMP) sollte die KfQK für die nach Umfang und Komplexität der Aufträge sowie Ressourceneinsatz unterschiedlichen Abschlussprüferpraxen den Ablauf und die Dokumentation der Qualitätskontrolle konkretisieren (vgl. § 18 Abs. 1 SaQK).
II. Verhältnismäßigkeit
1. Verhältnismäßiges Handeln ist Pflicht jedes rechtsstaatlichen Handelns
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stellt ein allgemein gültiges verfassungsrechtliches Gebot dar und gilt damit auch für die Exekutive einer Selbstverwaltungskörperschaft wie die KfQK in der WPK. Die Verhältnismäßigkeit wird durch Begriffe geprägt wie legitimer Zweck, Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit. Natürlich müssen von der Qualitätskontrolle auch die Art. 3 und 12 GG (Gleichheit vor dem Gesetz und Berufsausübungsfreiheit) beachtet werden. Der auch Übermaßverbot genannte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz S. 76leitet sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ab. Auch die Exekutive darf bei Eingriffen in Grundrechte des Abschlussprüfers durch die Qualitätskontrolle nur solche Maßnahmen unterbreiten und anwenden, die auf gesetzlichen oder satzungsmäßigen Grundlagen beruhen. Dieser Eingriff der Qualitätskontrolle in die im Art. 12 GG verankerte Berufsausübungsfreiheit ist dann verhältnismäßig, wenn die ergriffenen Maßnahmen – eine von mehreren (tatsächlich und rechtlich) möglichen – die betroffenen WP-/vBP-Praxen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigen. Der EuGH betont in ständiger Rechtsprechung, mitgliedstaatliche Maßnahmen müssten zur Erreichung eines Ziels geeignet sein, sie dürften nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Ziels erforderlich sei.
Im Zentrum der EU-Prüferaufsichtsreform 2014 stand eigentlich die Reform der PIE-Prüfung und -Prüfer. Bei der Reform der Non-PIE-Prüfer wies die EU-Änderungsrichtlinie 2014/56 die nationalen Gesetzgeber dagegen ausdrücklich an, die Qualitätskontrolle unter das Postulat der Verhältnismäßigkeit zu stellen und keine weitere Verschärfung der Qualitätskontrolle vorzunehmen.