BFH Beschluss v. - II B 41/20

Grundstückserwerb durch Treuhänder

Leitsatz

NV: Ein Erwerbsvorgang ist nicht bereits deshalb grunderwerbsteuerfrei, weil der Erwerber das Grundstück lediglich als Treuhänder für den Veräußerer als Treugeber halten soll.

Gesetze: GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 2a; GrEStG § 3 Nr. 8; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1;

Instanzenzug:

Tatbestand

I.

1 Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine KG, erwarb durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom ...2018, in dem auch die Auflassung erklärt wurde, ein Mehrfamilienhaus. Am folgenden Tag schlossen die Parteien einen notariell beurkundeten Treuhandvertrag. Danach sollte die Klägerin das Grundstück auf Gefahr und für Rechnung der Veräußerin halten und sanieren und war zur jederzeitigen Rückübertragung verpflichtet. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) setzte Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) fest. Mit Einspruch und Klage machte die Klägerin geltend, der Vorgang sei grunderwerbsteuerfrei, da die wirtschaftliche und trotz der Grundbuchumschreibung auch die sachenrechtliche Zuordnung des Grundbesitzes bei der Veräußerin als Treugeberin verblieben sei. Diese habe die vollständige Herrschaftsmacht über das Grundstück behalten, lediglich nicht nach außen auftreten wollen.

2 Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Die Besteuerungstatbestände des § 1 GrEStG knüpften an das bürgerliche Recht an. Der Treuhänder werde Eigentümer. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) finde nicht statt. Soweit der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom  - II R 18/14 (BFHE 251, 492, BStBl II 2018, 783) die mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft nach § 1 Abs. 2a GrEStG nach wirtschaftlichen Maßstäben beurteilt habe, habe er aber auch klargestellt, dass es sich um eine auf diesen Tatbestand beschränkte und notwendige Ausnahme handele, da es zivilrechtlich keine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes gebe. Wenn zudem die Übertragung des Grundstücks auf den Treuhänder nicht steuerbar wäre, wäre es auch die Rückübertragung nicht, so dass § 3 Nr. 8 GrEStG, der die Rückübertragung ausdrücklich steuerfrei stelle, obsolet wäre.

3 Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend. Bei Grundstückserwerben innerhalb von uneigennützigen Treuhandverhältnissen, die von Anfang an auf Rückübertragung ausgelegt sind, müsse ausnahmsweise auch mit Hinblick auf die Handhabung im Einkommensteuerrecht eine wirtschaftliche Betrachtung des Eigentums erfolgen, wie es auch bei mittelbaren Gesellschafterwechseln der Fall sei. Diese Grundfrage sei bisher ungeklärt.

4 Bei der uneigennützigen Treuhand —wie im Streitfall— sei das Eigentum lediglich eine inhaltslose formale Hülle. Die Treuhänderin habe keinerlei Befugnisse. Die Interessenlage sei dem mittelbaren Gesellschafterwechsel vergleichbar. So wie dem Treuhänder eines Gesellschaftsanteils nur ein Stimmrecht ohne wirtschaftlichen Wert zustehe (ausweislich des , BFHE 246, 215, BStBl II 2016, 57, Rz 23), so habe ein Treuhänder, dem nur die Grundbuchposition zustehe, keine Verfügungsgewalt über das Grundstück. Dies gelte erst recht, als der Treugeber der uneigennützigen Treuhand einen unentziehbaren Rechtsanspruch auf Rückübertragung des Grundstücks habe. Im Grunde erwerbe der Treuhänder keinen Anspruch auf Übereignung. Das Ziel der Grunderwerbsteuer, den Rechtsträgerwechsel zu belasten, gehe fehl, wenn der Treuhänder nicht Inhaber von Rechten sei.

5 Schließlich wäre eine inkongruente Behandlung der Treuhandverhältnisse einerseits im Einkommensteuerrecht, das die Treuhand nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO wirtschaftlich betrachte, andererseits im Grunderwerbsteuerrecht, nicht einsichtig. Der Steuerpflichtige müsse die Herrschaft darüber behalten, ob er im Verkehr auftreten wolle.

Gründe

II.

6 Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache weist keine grundsätzliche Bedeutung auf.

7 1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn hinsichtlich ihrer Beantwortung Unsicherheit besteht. Daran fehlt es nach ständiger Rechtsprechung des BFH, wenn die streitige Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (vgl. etwa , BFH/NV 2020, 1174, BStBl II 2020, 586, Rz 3, m.w.N.). Das gilt insbesondere, wenn sich die Beantwortung der Rechtsfrage ohne Weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt (vgl. etwa , BFH/NV 2020, 870, Rz 3).

8 2. So verhält es sich im Streitfall.

9 a) Der Erwerb eines Treuhänders von dem Treugeber ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, ggf. nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG steuerpflichtig. Der Treuhänder erwirbt zivilrechtlich einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks und spätestens durch die Auflassung das Eigentum am Grundstück. Hieran ändern weder die schuldrechtlichen Abreden der Parteien noch ein zeitgleich vereinbarter Anspruch auf Rückübertragung etwas. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO findet keine Anwendung (, BFHE 207, 59, BStBl II 2005, 148, unter II.1.b, m.w.N.). Inwieweit dem Eigentum des Treuhänders ein wirtschaftlicher Wert zukommt, ist deshalb nicht entscheidend. Die Auffassung der Klägerin, sie sei als Treuhänderin eigentlich nicht Eigentümerin geworden, ist nicht nachvollziehbar.

10 Diese Betrachtungsweise ist nach dem Wortlaut der Vorschriften eindeutig und wird auch so von der Finanzverwaltung in den gleich lautenden Ländererlassen zu grundstücksbezogenen Treuhandgeschäften sowie zu Grundstückserwerben durch Auftragnehmer bzw. Geschäftsbesorger vom (BStBl I 2007, 757) in Tz. 1.1. vertreten. Die Klägerin hat keine Gegenmeinungen hierzu angeführt.

11 b) Es besteht keine ausnahmsweise Freistellung von der Steuer. Das folgt aus § 3 Nr. 8 Satz 2 GrEStG. Nach § 3 Nr. 8 Satz 1 GrEStG ist u.a. von der Besteuerung ausgenommen der Rückerwerb eines Grundstücks durch den Treugeber bei Auflösung des Treuhandverhältnisses. Voraussetzung ist nach § 3 Nr. 8 Satz 2 GrEStG, dass für den Rechtsvorgang, durch den der Treuhänder den Anspruch auf Übereignung des Grundstücks oder das Eigentum an dem Grundstück erlangt hatte, die Steuer entrichtet worden ist. Diese Voraussetzung kann nur erfüllt sein, wenn genau der Rechtsvorgang, durch den der Treuhänder den Anspruch auf Übereignung des Grundstücks oder das Eigentum an dem Grundstück erlangt hatte, steuerbar und steuerpflichtig ist. Wäre er es nicht, liefe die Vorschrift leer. Das wäre eine sachwidrige Auslegung. Die Auffassung der Klägerin ist also offenkundig unzutreffend.

12 c) Es gibt keinen Grund dafür, bestimmte Treuhandverhältnisse, etwa die uneigennützige Treuhand, im Wege der teleologischen Reduktion von der Besteuerung auszunehmen. Die Grunderwerbsteuer ist eine Rechtsverkehrsteuer und knüpft an das Zivilrecht an (vgl. , BFH/NV 2017, 1, Rz 21). Darauf weist die Klägerin selbst zu Recht hin. Diesem Grundsatz wäre es fremd, wenn es darauf ankäme, welchen wirtschaftlichen Zweck ein Treuhandverhältnis verfolgt.

13 d) Die Handhabung der Treuhandverhältnisse im Rahmen von § 1 Abs. 2a GrEStG, auf die die Klägerin hinweist, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Sie ist normspezifisch. Der BFH nimmt hier eine wirtschaftliche Betrachtung vor, weil die zivilrechtliche Betrachtung nicht möglich ist.

14 e) Die unterschiedliche Behandlung der Treuhandverhältnisse im Einkommensteuerrecht und im Grunderwerbsteuerrecht ist nicht zu beanstanden. Die beiden Steuerarten erfassen mit dogmatisch verschiedenen Ansätzen unterschiedlich geartete Lebensvorgänge.

15 f) Soweit die Klägerin beanstandet, es sollte nicht im Verkehr auftreten müssen, wer nicht im Verkehr auftreten wolle, ist dieses Vorbringen unerheblich. Der Treugeber wird nicht gezwungen, im Verkehr aufzutreten. Es entspricht allerdings der Funktionsweise einer Rechtsverkehrsteuer, dass der Wechsel desjenigen, der im Verkehr auftritt, Steuern auslöst.

16 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

17 4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2020:B.301120.IIB41.20.0

Fundstelle(n):
BFH/NV 2021 S. 447 Nr. 4
DNotZ 2021 S. 620 Nr. 8
ErbStB 2021 S. 107 Nr. 4
UVR 2021 S. 111 Nr. 4
HAAAH-70945