Leitsatz
I. 1. Bei der Ermittlung des steuerfreien Gewinns nach § 8b Abs. 2 S. 2 KStG eines Veräußerungsgeschäfts ist der Verlust aus
einem gegenläufigen Geschäfts als Veräußerungskosten zu berücksichtigen, wenn zwischen den Geschäften ein Veranlassungszusammenhang
besteht und das Verlustgeschäft eine größere Nähe zum Anteilsverkauf aufweist, als zum allgemeinen Geschäftsbetrieb. Nicht
erforderlich ist eine rechtliche oder tatsächliche Verknüpfung zwischen den Aufwendungen und dem Veräußerungsvorgang.
2. Zur Beurteilung des vorrangigen Veranlassungszusammenhangs ist eine wertende Beurteilung nach dem auslösenden Moment durchzuführen.
Dazu bedarf es einer Gesamtbetrachtung aller konkreten Umstände. Es muss sich dabei nicht notwendigerweise um wirtschaftlich
ausgeglichene risikolose Geschäfte handeln, die sich auf den gleichen Basiswert beziehen. Auch muss es sich der Geschäftsgegenstand
nicht auf einander abgestimmte Finanzprodukte beziehen.
3. Ein vorrangiger Veranlassungszusammenhang zwischen zwei Geschäften besteht dann, wenn sie nach ihrer Anlageplanung und
den tatsächlichen Abläufen nur in ihrer Gesamtheit einen wirtschaftlichen Sinn ergeben.
4. Wesentliches Indiz für einen vorrangigen Veranlassungszusammenhang ist die zeitliche und sachliche Abstimmung der Geschäfte,
dabei können die Zeitpunkte der Gewinn- bzw. Verlustrealisierung durchaus auseinanderfallen.
II. 1. Eine unangemessene Gestaltung, die den Tatbestand des Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO erfüllt, liegt bei gegenläufigen
Geschäften, zwischen denen ein Veranlassungszusammenhang besteht, vor, wenn sie sich in ihren wirtschaftlichen und finanziellen
Auswirkungen neutralisieren und sich im Ergebnis lediglich als formale Maßnahme erweisen.
2. Es verstößt gegen die gesetzlichen Wertungen des § 4 Abs. 4 EStG, wenn in Ermangelung eines tatsächlichen wirtschaftlichen
Verlustes aus gegenläufigen Geschäften (sog. wirtschaftliches “Nullsummenspiel“) lediglich ein Betriebsausgabenvolumen zur
Gewinnverrechnung kreiert wird.
3. Die steuerliche Berücksichtigung von Betriebsausgaben setzt nach den gesetzgeberischen Wertungen, ausgehend vom Leistungsfähigkeitsprinzip
voraus, dass für das Unternehmen durch betrieblich veranlasste Maßnahmen eine wirtschaftliche Belastung eingetreten ist.
4. Die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1, 2 KStG soll nach der gesetzgeberischen Wertung eine kumulierte Besteuerung von
Unternehmensgewinnen auf den einzelnen Beteiligungsstufen bei einander beteiligten Kapitalgesellschaften und nicht die typisierende
Einmalbesteuerung der von der Körperschaft erzielten Gewinne verhindern.
5. Bei Vorliegen eines konzernübergreifenden Gesamtplans, ist eine Gesamtbetrachtung aller vom Plan umfassten Geschäfte im
Hinblick auf ihre wirtschaftliche Auswirkung und das Vorliegen eines steuerlichen Gestaltungsmissbrauchs i.S.d. § 42 AO vorzunehmen.