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Wirecard und die Frage einer ordnungsgemäßen Abschlussprüfung
Anwendung der IDW Prüfungsstandards als Risikofaktor?
Der als Wirecard-Skandal bekannte Bilanzbetrug wirft zahlreiche Fragen auf. Es steht noch nicht fest wie der Ablauf im Detail vonstattenging, in welchem Geschäftsjahr die Manipulationen in der Buchführung und im Jahresabschluss ihren Anfang nahmen und wann man das als Prüfer hätte erkennen können oder müssen. Die generelle Kritik an dem Markt für Abschlussprüfung im PIE-Segment sowie allgemein an der Qualität der Abschlussprüfung ist nicht Gegenstand der folgenden Ausführungen – es geht vielmehr um die Frage, ob die aktuell angewendeten Prüfungsstandards vor dem Hintergrund wachsender Komplexität der Geschäftsprozesse sowie der Ablauf der Anpassung der Standards in Deutschland angemessen sind.
Canipa-Valdez, ISA, infoCenter, NWB PAAAE-15455
IDW ISA (DE) 315 (Revised) ist bereits mit Inkrafttreten veraltet.
Die Risikoermittlung nach IDW ISA (DE) 315 (Revised) erfolgt lückenhaft.
Die Anwendung von IDW PS bzw. ISA (DE) stellt als solches ein erhöhtes Prüfungsrisiko dar.
I. Einführung
Zu den rein formalen Fragen der Abschlussprüfung wurde im Zusammenhang mit Wirecard u. a. diskutiert, ob die Einholung einer Saldenbestätigung der Treuhandkonten nach den Prüfungsstandards vorgeschrieben war oder nicht. Allein die Tatsache, dass es darüber unterschiedliche fachliche Ansichten geben kann, zeigt auf, dass die Prüfungsstandards zumindest in diesem Punkt unklar sind bzw. Interpretationsspielraum geben.
II. Prüfungsstandards als Risikofaktor – Lehren aus dem WorldCom-Skandal
Dahinter steht aber eine ganz andere generelle Fragestellung, nämlich die Frage, was eine ordnungsgemäße Abschlussprüfung ausmacht und ob möglicherweise die angewandten Prüfungsstandards Lücken in der Risikobeurteilung beinhalten. Mit anderen Worten: Die dann zur Anwendung gelangten lückenhaften Prüfungsstandards könnten ein Risiko darstellen. Zwar wird bei deren Anwendung und Einhaltung von einer ordnungsgemäßen Abschlussprüfung gesprochen, wesentliche Risiken einer falschen oder betrügerischen Darstellung des Jahresabschlusses würden aber in den Standards nicht adressiert und damit würde deren Nichterkennen gefördert.