RL (EU) 2017/1852 Artikel 3

Artikel 3 Beschwerde

(1) Jede betroffene Person ist berechtigt, eine Beschwerde über eine Streitfrage bei jeder der zuständigen Behörden jedes der betroffenen Mitgliedstaaten einzureichen und um deren Lösung zu ersuchen. Die Beschwerde ist innerhalb von drei Jahren nach Erhalt der ersten Mitteilung der Maßnahme, die im Ergebnis zu einer Streitfrage führt oder führen wird, einzureichen, unabhängig davon, ob die betroffene Person auf die im nationalen Recht eines der betroffenen Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe zurückgreifen kann oder nicht. Die betroffene Person muss die Beschwerde bei jeder zuständigen Behörde gleichzeitig und mit den gleichen Angaben einreichen und in der Beschwerde angeben, welche anderen Mitgliedstaaten betroffen sind. Die betroffene Person stellt sicher, dass jeder betroffene Mitgliedstaat die Beschwerde in mindestens einer der folgenden Sprachen erhält:

  1. einer der Amtssprachen des genannten Mitgliedstaats nach nationalem Recht oder

  2. einer anderen Sprache, die dieser Mitgliedstaat zu diesem Zweck akzeptiert.

(2) Jede zuständige Behörde bestätigt den Eingang der Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach deren Eingang. Jede zuständige Behörde unterrichtet zudem innerhalb von zwei Monaten nach Eingang dieser Beschwerde die zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten über diesen Eingang. Die zuständigen Behörden unterrichten einander zu diesem Zeitpunkt auch darüber, welche Sprache oder Sprachen sie für ihre Mitteilungen während der maßgeblichen Verfahren verwenden wollen.

(3) Die Beschwerde wird nur zugelassen, wenn in einem ersten Schritt die betroffene Person, welche die Beschwerde einreicht, den zuständigen Behörden jedes der betroffenen Mitgliedstaaten folgende Informationen übermittelt:

  1. Name(n), Anschrift(en), Steueridentifikationsnummer(n) und jegliche sonstige Angaben, die für die Identifikation der betroffenen Person(en), die die Beschwerde bei den zuständigen Behörden eingereicht hat(haben), und jeder anderen betroffenen Person erforderlich sind;

  2. die betroffenen Steuerzeiträume;

  3. genaue Angaben zu den maßgeblichen Tatsachen und Umständen des Falls (einschließlich genauer Angaben zur Struktur der Transaktion und zu den Beziehungen zwischen der betroffenen Person und den anderen an den maßgeblichen Transaktionen beteiligten Parteien sowie jegliche Fakten, die in gutem Glauben in einer für beide Seiten verbindlichen Vereinbarung zwischen der betroffenen Person und der Steuerverwaltung festgelegt wurden, soweit dies zutrifft) und im Einzelnen zur Art und zum Zeitpunkt der zu der Streitfrage führenden Maßnahmen (einschließlich gegebenenfalls genauer Angaben zu demselben im anderen Mitgliedstaat eingegangenen Einkommen und zur Einbeziehung dieses Einkommens in das steuerpflichtige Einkommen im anderen Mitgliedstaat sowie genauer Angaben zu Steuern auf dieses Einkommen im anderen Mitgliedstaat, die bereits erhoben wurden oder noch erhoben werden) und Angaben zu den entsprechenden Beträgen in den Währungen der betroffenen Mitgliedstaaten, mit Kopien aller Belege;

  4. Verweis auf die anzuwendenden nationalen Vorschriften und die in Artikel 1 genannten Abkommen oder Übereinkommen; wenn mehr als ein Abkommen oder Übereinkommen anwendbar ist, gibt die betroffene Person, die die Beschwerde einreicht, an, welches Abkommen oder Übereinkommen in Bezug auf die maßgebliche Streitfrage ausgelegt wird. Dieses Abkommen oder Übereinkommen ist für die Zwecke dieser Richtlinie das anzuwendende Abkommen oder Übereinkommen;

  5. folgende Angaben der betroffenen Person, die die Beschwerde bei den zuständigen Behörden eingereicht hat, mit Kopien aller Belege:

    1. eine Stellungnahme der betroffenen Person, aus der hervorgeht, aus welchen Gründen ihrer Ansicht nach eine Streitfrage vorliegt;

    2. genaue Angaben zu etwaigen von der betroffenen Person eingelegten Rechtsbehelfen oder eingeleiteten Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit den maßgeblichen Transaktionen sowie zu allen die Streitfrage betreffenden Gerichtsentscheidungen;

    3. eine Erklärung der betroffenen Person, in der diese sich verpflichtet, alle angemessenen Anfragen einer zuständigen Behörde so vollständig und so rasch wie möglich zu beantworten und auf Anfrage den zuständigen Behörden alle Unterlagen zu übermitteln;

    4. sofern dies sachdienlich ist, eine Kopie der endgültigen Entscheidung über die Steuerveranlagung in Form eines endgütigen Steuerbescheids, der Steuerprüfungsberichte oder anderer vergleichbarer Unterlagen, die zu der Streitfrage führen, sowie eine Kopie aller sonstigen von den Steuerbehörden erstellten Unterlagen im Zusammenhang mit der Streitfrage;

    5. Angaben zu jeder von der betroffenen Person eingereichten Beschwerde im Rahmen eines anderen Verständigungs- oder Streitbeilegungsverfahrens, wie in Artikel 16 Absatz 5 festgelegt, und eine ausdrückliche Verpflichtung der betroffenen Person, die Bestimmungen des Artikels 16 Absatz 5 einzuhalten, sofern einschlägig;

  6. alle spezifischen weiteren Informationen, um die die zuständigen Behörden ersucht haben und die für die inhaltliche Prüfung des jeweiligen Falls als erforderlich erachtet werden.

(4) Die zuständigen Behörden jedes der betroffenen Mitgliedstaaten können um die in Absatz 3 Buchstabe f genannten Informationen innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Beschwerde ersuchen. Weitere Informationsersuchen können im Rahmen des Verständigungsverfahrens gemäß Artikel 4 unterbreitet werden, sofern die zuständigen Behörden dies als erforderlich erachten. Nationales Recht zum Schutz von Informationen und zum Schutz des Handels-, Geschäfts-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnisses oder von Geschäftsverfahren findet Anwendung.

Eine betroffene Person, die ein Ersuchen gemäß Absatz 3 Buchstabe f erhält, antwortet innerhalb von drei Monaten nach Erhalt des Ersuchens. Eine Kopie dieser Antwort wird gleichzeitig auch den zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten übermittelt.

(5) Die zuständigen Behörden jedes der betroffenen Mitgliedstaaten treffen innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Beschwerde oder nach Eingang der in Absatz 3 Buchstabe f genannten Informationen – je nachdem, was später eintrifft – eine Entscheidung über die Zulassung oder Zurückweisung der Beschwerde. Die zuständigen Behörden unterrichten die betroffene Person und die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten unverzüglich über ihre Entscheidung.

Eine zuständige Behörde kann innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten nach Eingang einer Beschwerde oder nach Eingang der in Absatz 3 Buchstabe f genannten Informationen – je nachdem, was später eintrifft – beschließen, die Streitfrage einseitig ohne Einbeziehung der anderen zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten zu lösen. In diesem Fall teilt die jeweils zuständige Behörde der betroffenen Person und den anderen zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten dies unverzüglich mit, woraufhin die Verfahren gemäß dieser Richtlinie beendet werden.

(6) Wünscht eine betroffene Person eine Beschwerde zurückzuziehen, so übermittelt sie allen zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten gleichzeitig eine schriftliche Mitteilung über die Rücknahme. Durch diese Mitteilung werden alle Verfahren gemäß dieser Richtlinie mit sofortiger Wirkung beendet. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die eine solche Mitteilung über die Rücknahme erhalten, unterrichten die anderen zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten unverzüglich über die Beendigung der Verfahren.

Wird eine Streitfrage aus irgendeinem Grunde gegenstandslos, werden alle Verfahren gemäß dieser Richtlinie mit sofortiger Wirkung beendet und die zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten unterrichten die betroffene Person unverzüglich über den aktuellen Sachstand und die allgemeinen Gründe hierfür.

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BAAAH-64843