BGH Urteil v. - AnwZ (Brfg) 43/18

Tatbestand

1Der Beigeladene ist seit dem zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Er ist aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 5./ bei der I. GmbH (fortan: Arbeitgeberin) als "Syndikusrechtsanwalt" angestellt. Die Arbeitgeberin ist ein Schadenregulierungsbüro, welches auf Vermittlung des Vereins "D. e.V." (fortan: D. ) mit GrüneKarte-Schäden befasst ist. Der Beigeladene hat einen befristeten Arbeitsvertrag vom 5./ vorgelegt, der seinen Angaben nach nunmehr unbefristet gilt. In der von ihm und der Arbeitgeberin unterzeichneten "Tätigkeitsbeschreibung als Syndikusrechtsanwalt" heißt es:

" Die Tätigkeit umfasst die selbständige tatsächliche und rechtliche Beurteilung und Regulierung von bundesweiten Grüne-Karte-Schäden, Auszahlung von Schadenersatzleistungen mittels des EDVSystems und Mandatierung von externen Rechtsanwälten mit jeweils eigener anwaltlicher Entscheidungsbefugnis. Diese Tätigkeit beinhaltet:

Juristische Prüfung von materiellen und immateriellen Ansprüchen mit Ermittlung und Klärung des tatsächlichen Schadenssachverhaltes. Bewertung und Lösung der Haftungsfrage, z.B. durch Quotenbildung, das heißt Einwendung einer Mithaftung.

Beratung ausländischer Versicherungsgesellschaften durch mündliche und schriftliche Korrespondenz teils in Fremdsprachen über Fragen des deutschen Haftungsrechts. Verhandlung mit Geschädigten.  Mündliche und schriftliche Korrespondenz mit Beteiligten oder Rechtsanwälten über die materiell-rechtliche Ausgestaltung des Haftungsverhältnisses. Selbständige Regulierung von Ansprüchen in voller Höhe, nach Quote oder vollständige Ablehnung.

Abfassung schriftlicher Korrespondenz nach Diktat oder selbständig mit persönlicher Unterschrift "i.V." gegenüber allen am Schadenereignis Beteiligten. Abgabe von rechtsverbindlichen Erklärungen, zum Beispiel Einleitung von Klageverfahren, Erzielen von Vergleichen, Mandatierung und Steuerung externer Rechtsanwälte. Dies jeweils mit eigener anwaltlicher Entscheidungsbefugnis."

2Am beantragte der Beigeladene die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. Mit Bescheid vom ließ die Beklagte ihn "als Syndikusrechtsanwalt bei der I. GmbH" zu. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom zurückgewiesen.

3Die Klägerin hat den Zulassungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides für inhaltlich nicht hinreichend bestimmt gehalten. Der Beigeladene nehme keine Rechtsangelegenheiten seiner Arbeitgeberin wahr, und sein Arbeitsverhältnis sei nicht durch anwaltliche Tätigkeiten geprägt. Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben.

Die Beklagte und der Beigeladene haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben den angegriffenen Bescheid verteidigt.

Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen.

4Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg vom - AGH 31/2017 I - den Bescheid der Rechtsanwaltskammer Tübingen vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben.

Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

5Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Die Beklagte betont, dass die Arbeitgeberin im Auftrag des D. tätig werde, aber allein für die Regulierung der Ansprüche zuständig sei. Der Beigeladene meint ergänzend, die Schadenregulierung sei eine eigene Angelegenheit seiner Arbeitgeberin, da zwischen ihr und dem D. kein Auftragsverhältnis bestehe. Der D. verweise den Anspruchsteller jeweils an ein Regulierungsunternehmen. Der Anspruchsteller müsse sich dann unmittelbar an den Regulierer wenden. Dieser sei sodann allein für die weitere Bearbeitung des Schadenfalls zuständig. Er sei nicht weisungsgebunden, weder im Verhältnis zum D. noch im Verhältnis zum ausländischen Versicherer. Bei Schadensersatzleistungen an den Anspruchsteller trete der Regulierer im Rahmen des Grüne-Karte-Systems in Vorleistung.

6Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

7Die Berufung ist nach § 112e Satz 1 BRAO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5, 6 VwGO). Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und des angefochtenen Bescheides. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 113 VwGO). Der angefochtene Bescheid ist zwar entgegen der Ansicht der Klägerin hinreichend bestimmt (dazu I.). Das Arbeitsverhältnis des Beigeladenen wird jedoch nicht, wie § 46 Abs. 3, Abs. 5 BRAO es verlangt, durch anwaltliche Tätigkeiten für seine Arbeitgeberin geprägt (dazu II.).

I.

8Gegen die hinreichende Bestimmtheit des Zulassungsbescheids bestehen keine Bedenken (§ 32 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 37 Abs. 1 VwVfG).

91. Die Anforderungen an die Bestimmtheit eines Verwaltungsakts richten sich nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (, juris Rn. 6 mwN; AnwZ (Brfg) 68/17, NJW 2018, 3712 Rn. 9; vom - AnwZ (Brfg) 31/17, NJW-RR 2019, 879 Rn. 7; vom - AnwZ (Brfg) 23/19, NJW 2020, 2966 Rn. 13; zV in BGHZ bestimmt). Die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bezieht sich, wie sich aus § 46 Abs. 1 Satz 1 BRAO ergibt, auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsverhältnis muss den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO genügen. Entspricht die arbeitsvertragliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses oder die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit diesen Anforderungen nicht oder nicht mehr, ist die Zulassung zu widerrufen (§ 46b Abs. 2 Satz 2 BRAO; vgl. dazu AnwZ (Brfg) 12/17, BGHZ 217, 226 Rn. 14; vom - AnwZ (Brfg) 49/19, NJW 2020, 2190 Rn. 13). Werden nach einer Zulassung weitere Arbeitsverhältnisse als Syndikusrechtsanwalt aufgenommen oder tritt innerhalb bereits bestehender Arbeitsverhältnisse eine wesentliche Änderung der Tätigkeit ein, ist auf Antrag die Zulassung auf die weiteren Arbeitsverhältnisse oder auf die geänderte Tätigkeit zu erstrecken. Daraus folgt, dass der Zulassungsbescheid das Arbeitsverhältnis und die von ihm umfassten Tätigkeiten, auf welche sich die Zulassung bezieht, so genau bezeichnen muss, dass nachträgliche Veränderungen, die einen Antrag auf Erweiterung der Zulassung oder aber deren Widerruf erfordern, erkennbar sind. Die Zulassung bindet überdies gemäß § 46a Abs. 2 Satz 4 BRAO den Träger der Rentenversicherung bei seiner Entscheidung über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 SGB VI. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung beschränkt. Diese muss sich daher aus dem Zulassungsbescheid ergeben ( AnwZ (Brfg) 68/17, NJW 2018, 3712 Rn. 9; vom - AnwZ (Brfg) 31/17, NJW-RR 2019, 879 Rn. 7; vom - AnwZ (Brfg) 23/19, NJW 2020, 2966 Rn. 13).

102. Der Tenor des angefochtenen Zulassungsbescheides genügt diesen Anforderungen für sich genommen nicht. Er spricht die Zulassung des Beigeladenen "als Syndikusrechtsanwalt bei der I. GmbH" aus. Damit wird die Tätigkeit des Beigeladenen, auf welche sich die Zulassung bezieht, nicht hinreichend bestimmt beschrieben. Materielle Bindungswirkung entfaltet ein Verwaltungsakt nur in Bezug auf den Regelungsausspruch, nicht aber in Bezug auf die den Ausspruch tragenden Gründe (BVerwGE 159, 148 Rn. 13). Zur Ermittlung des objektiven Erklärungswertes des Verwaltungsaktes können jedoch alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände einschließlich der Begründung des Bescheides herangezogen werden (, juris Rn. 3; vgl. auch BVerwGE 60, 223, 228 f.). Die Begründung ist die Erläuterung der Behörde, warum sie den verfügenden Teil ihres Verwaltungsaktes so und nicht anders erlassen hat. Sie bestimmt damit den Inhalt der getroffenen Regelung mit, so dass sie in aller Regel ein unverzichtbares Auslegungskriterium ist ( AnwZ (Brfg) 36/17, NJW-RR 2019, 693 Rn. 6; Urteil vom - AnwZ (Brfg) 23/19, NJW 2020, 2966 Rn. 14). Die Begründung des Widerrufsbescheides lässt hinreichend deutlich erkennen, dass sich die Zulassung auf den Arbeitsvertrag vom und auf eine Tätigkeitsbeschreibung vom selben Tag bezieht. Da die genannten Vereinbarungen allen Beteiligten in Abschrift vorliegen, schadet es auch nicht, dass sie dem Bescheid nicht beigefügt waren (vgl. AnwZ (Brfg) 36/17, NJW-RR 2019, 693 Rn. 5 f.; Urteil vom - AnwZ (Brfg) 23/19, z.V.b., juris Rn. 15)

II.

11Der Zulassungsbescheid ist jedoch rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für eine Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nicht vorlagen.

121. Gemäß § 46a BRAO ist die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt auf Antrag zu erteilen, wenn die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen zum Beruf des Rechtsanwalts gemäß § 4 BRAO erfüllt sind, kein Zulassungsversagungsgrund nach § 7 BRAO vorliegt und die Tätigkeit den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO entspricht.

132. Hier steht § 46 Abs. 5 BRAO einer Zulassung entgegen.

14a) Nach § 46 Abs. 5 Satz 1 BRAO beschränkt sich die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung auf die Rechtsangelegenheiten seines Arbeitgebers. Nach mittlerweile gefestigter Senatsrechtsprechung handelt es sich bei dem Merkmal der anwaltlichen Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers in § 46 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 BRAO um eine tatbestandliche Voraussetzung für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt, nicht nur um eine Beschränkung des zulässigen Tätigkeitsfeldes nach erteilter Zulassung (vgl. AnwZ (Brfg) 49/17, NJW 2018, 3100 Rn. 37 ff.; vom - AnwZ (Brfg) 38/17, NJW-RR 2019, 946 Rn. 12; Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 58/18, NJW 2019, 3453 Rn. 24; Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 38/19, juris Rn. 5; Urteile vom - AnwZ (Brfg) 81/18, juris Rn. 10; vom - AnwZ (Brfg) 23/19, NJW 2020, 2966 Rn. 22).

15b) Eine Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten Dritter stellt, wie der Senat vielfach entschieden hat, auch dann keine Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers dar, wenn dieser vertraglich oder gesetzlich dazu verpflichtet ist, sich mit den Rechtsangelegenheiten Dritter zu befassen (grundlegend AnwZ (Brfg) 49/17, NJW 2018, 3100 Rn. 39 ff.; vom - AnwZ (Brfg) 58/17, juris Rn. 10 f.; Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 44/18, BRAK-Mitt. 2019, 46 Rn. 9; Urteil vom - AnwZ (Brfg) 38/17, NJW-RR 2019, 946 Rn. 15; Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 38/19, juris Rn. 6; Urteile vom - AnwZ (Brfg) 71/18, NJW-RR 2020, 443 Rn. 10 ff.; vom - AnwZ (Brfg) 1/18, juris Rn. 16 f.; vom - AnwZ (Brfg) 81/18, juris Rn. 12; vom - AnwZ (Brfg) 23/19, NJW 2020, 2966 Rn. 23).

16An dieser Rechtsauffassung hält der Senat trotz gelegentlich geübter Kritik fest (vgl. etwa Huff, BRAK-Mitt. 2020, 123). Wie im Urteil vom (AnwZ (Brfg) 23/19, NJW 2020, 2966 Rn. 27 ff.) näher ausgeführt, sprechen Wortlaut, Gesetzessystematik und Sinn und Zweck des § 46 Abs. 5 BRAO klar für eine Beschränkung der Befugnis der Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts auf eine Beratung und Vertretung des Arbeitgebers in dessen eigenen Angelegenheiten. Besonders deutlich zeigt dies die Vorschrift des § 46 Abs. 5 Satz 2 BRAO, welche den Begriff der Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers nur in besonderen, einzeln aufgeführten Fällen um die Rechtsangelegenheiten Dritter (nämlich um die Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen, um diejenigen von Mitgliedern einer Vereinigung oder Gewerkschaft nach §§ 7, 8 Abs. 1 Nr. 2 RDG und um diejenigen beliebiger Dritter, wenn es sich bei dem Arbeitgeber um einen Angehörigen der in § 59a BRAO genannten sozietätsfähigen Berufe oder um eine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe handelt) erweitert ( aaO Rn. 29 f.).

17c) Die Schadensfälle, welche der Beigeladene für seine Arbeitgeberin reguliert, stellen keine Rechtsangelegenheiten der Arbeitgeberin dar. Vielmehr handelt es sich um Rechtsangelegenheiten Dritter.

18aa) Im Grüne-Karte-System werden Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall im Inland reguliert, an dem ein im Ausland zugelassenes Kraftfahrzeug beteiligt war. Die Unfallregulierung nach den Grundsätzen des Systems der Grünen Karte bezweckt den Schutz von Verkehrsopfern, die nicht gezwungen sein sollen, wegen des Schadensfalles Schädiger oder Versicherer außerhalb des Landes in Anspruch zu nehmen, in dem sich der Unfall ereignete; außerdem sollen ihnen Ansprüche gegen den Versicherer des Unfallfahrzeugs zumindest in dem Umfang zukommen, wie sie sich ergäben, wäre das Fahrzeug im Besuchsland haftpflichtversichert. Hierzu dienen die Einrichtung der jeweiligen Landesbüros und die Gewährung von Mindestdeckungsschutz nach den Regeln des Besuchslandes (vgl. , BGHZ 177, 141 Rn. 15 mwN). Das nationale d. ist der Verein "D. e.V.", dessen Mitglieder die in Deutschland zugelassenen Kfz-Haftpflichtversicherer sind (vgl. § 2 Abs. 2 AuslPflVG). Nach Wahl des Geschädigten können Ansprüche aus einem Verkehrsunfall unter Beteiligung eines im Ausland zugelassenen Fahrzeugs unmittelbar gegen den D. geltend gemacht werden (§ 6 Abs. 1 AuslPflVG, § 115 VVG).

19Der D. bearbeitet die an ihn herangetragenen Fälle nicht selbst, sondern teilt sie einem Mitgliedsunternehmen oder einem Schadenregulierungsbüro zu. In einem von ihm selbst vorgelegten Schreiben des Beigeladenen an das Amtsgericht In. vom heißt es beispielsweise: "In der Sache … wurden wir vom D. e.V. mit der Schadenregulierung beauftragt …". Das Regulierungsbüro mag den Fall sodann eigenverantwortlich bearbeiten. Passivlegitimiert für alle Ansprüche bleibt aber auch nach Einschaltung des Regulierers der D. . Der Beigeladene hat Ablichtungen betreffend einen von ihm betreuten Rechtsstreit eingereicht, in denen jeweils der D. als Anspruchsgegner ausgewiesen ist. In einem vom Beigeladenen vorgelegten "Verweisungsschreiben" des D. heißt es ausdrücklich: "Vorsorglich weisen wir darauf hin, dass … nicht das mit dem Vorgang befasste Unternehmen zu verklagen ist, sondern richtigerweise ausschließlich der Verein D.

…". Das jeweilige Regulierungsbüro, an welches der Geschädigte verwiesen worden ist, wird rechtlich für den D. tätig (vgl. , BGHZ 177, 141 Rn. 12). Wenn der Geschädigte Schadensersatzleistungen erhält, mag das Regulierungsbüro, wie der Beigeladene vorgetragen hat, zunächst in Vorleistung treten. Es handelt insoweit aber für Rechnung des D. , gegen die sich der Direktanspruch gemäß § 6 Abs. 1 AuslPflVG, § 115 VVG richtet, und für den materiell zahlungspflichtigen ausländischen Versicherer, dessen Inanspruchnahme das System "Grüne Karte" dem Geschädigten erspart (zur Zahlungspflicht des ausländischen Versicherers vgl. Art. 5 Nr. 1.1 der das Grüne-Karte-System bestimmenden "Internal Regulations", fortan: IR, sowie aaO Rn. 13 f.). Nach Art. 3 Nr. 4 IR hat die Regulierung folgerichtig unter Wahrung der Interessen des ausländischen Versicherers und des für ihn zuständigen nationalen Büros zu erfolgen ("in the best interests of the insurer who issued the Green Card or policy of insurance or, if appropriate, the bureau concerned").

20bb) Die Arbeitgeberin des Beigeladenen ist nicht Partei des durch den Verkehrsunfall entstandenen gesetzlichen Schuldverhältnisses. Sie ist auch nicht diejenige, die dem Schädiger Versicherungsschutz gewährt, und - auch wenn sie für die Abwicklung des Schadensfalles zuständig ist und bei dessen Regulierung in Vorleistung geht - nicht diejenige, die mit ihrem eigenen Vermögen für die Durchsetzung des Versicherungsanspruchs einzustehen hat. Der Sache nach erbringt sie eine Dienstleistung für den D. , auch wenn insoweit kein Weisungsrecht bestehen mag. Dazu, wie diese Dienstleistung entgolten wird, haben die Beklagte und der Beigeladene bisher keine Angaben gemacht. Der Kläger hat unter Bezugnahme auf ein finanzgerichtliches Urteil (, juris Rn. 12) unwidersprochen vorgetragen, im Ergebnis habe der ausländische Versicherer die Aufwendungen des Regulierers zu vergüten. Dessen Zahlungspflicht auch für die Gebühren des Regulierers ("handling fee") ergibt sich überdies aus Art. 5 Nr. 1.3 IR.

21d) Die Tätigkeit des Beigeladenen unterfällt schließlich auch nicht einem der Ausnahmetatbestände des § 46 Abs. 5 Satz 2 BRAO. Der Beigeladene bearbeitet keine Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 AktG. Die Arbeitgeberin ist keine Vereinigung oder Gewerkschaft nach §§ 7, 8 RDG, die erlaubte Rechtsdienstleistungen gegenüber Mitgliedern erbringen; sie gehört auch nicht den in § 59a BRAO genannten sozietätsfähigen Berufen an und ist keine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe. Die genannten Ausnahmetatbestände sind eng auszulegen. Sie sind nicht analogiefähig ( AnwZ (Brfg) 49/17, aaO Rn. 58 ff.; vom - AnwZ (Brfg) 38/17, aaO Rn. 16; Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 58/18, aaO Rn. 41; Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 38/19, juris Rn. 7; Urteile vom - AnwZ (Brfg) 81/18, juris Rn. 12; vom - AnwZ (Brfg) 23/19, NJW 2020, 2966 Rn. 30). Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke. Weder aus der Bundesrechtsanwaltsordnung noch aus den Gesetzesmaterialien zu den §§ 46 ff. BRAO (BT-Drucks. 18/5201, S. 30 f. zu § 46 Abs. 5 BRAO-E) ergibt sich ein Regelungsplan des Gesetzgebers, nach welchem eine Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten Dritter in anderen als den in § 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis 3 BRAO genannten Fällen eine Rechtsangelegenheit des Arbeitgebers darstellen soll. Der Gesetzgeber wollte ausschließlich in den in § 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis 3 BRAO genannten besonderen Fällen der Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten Dritter eine Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers sehen ( AnwZ (Brfg) 38/17, aaO).

III.

22Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
NWB-Eilnachricht Nr. 48/2020 S. 3537
IAAAH-64696