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StuB Nr. 22 vom Seite 886

Nichtfinanzielle Berichtspflichten für KMU

Entwicklungsperspektiven im Lichte der Ergebnisse der Konsultation zur Überarbeitung der CSR-Richtlinie

Sean Needham, M.Sc., Mag. (FH) Josef Baumüller und Oliver Scheid, M.Sc.

Die nichtfinanzielle Berichterstattung in der EU steht vor einem grundlegenden Wandel. Neben dem Aktionsplan zur nachhaltigen Finanzierung, welchen die EU-Kommission mit ungebrochenem Eifer vorantreibt und dabei auch erweiterte nachhaltigkeitsbezogene Transparenzpflichten vorsieht, liegt dies v. a. in der bevorstehenden Überarbeitung der CSR-Richtlinie begründet. Hierzu veröffentlichte die EU-Kommission bereits im Februar dieses Jahres eine Konsultation. Diese umfasste so weitgehende Vorschläge wie jenen, dass zukünftig kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) direkt vom Anwendungsbereich der überarbeiteten CSR-Richtlinie erfasst sein könnten. Da KMU bisher primär nur indirekt von den Berichtspflichten der CSR-Richtlinie betroffen sind, würde sich der Verwaltungsaufwand für diese Unternehmen deutlich erhöhen. Der Beitrag stellt – unter Einbezug der einschlägigen Konsultationsergebnisse zur Überarbeitung der CSR-Richtlinie – diese Entwicklungsperspektiven kommentierend vor.

Scheid/Baumüller/Needham, Nichtfinanzielle Berichtspflichten für KMU – Status Quo vor dem Hintergrund der aktuellen Sustainable-Finance-Initiative der EU, StuB 21/2020 S. 827, NWB IAAAH-62178

Kernfragen
  • Welche Rolle nehmen KMU in der jüngsten Konsultation der EU-Kommission zur Überarbeitung der CSR-Richtlinie grds. ein?

  • Welche Herausforderungen im Rahmen der überarbeiteten CSR-Richtlinie sind für KMU zukünftig zu erwarten?

  • Wie sind die gegenwärtig gesetzten Initiativen in der EU aus KMU-Perspektive in Summe zu werten und welche Handlungsempfehlungen ergeben sich hieraus für KMU?

I. Einleitung

[i]Kirsch, Nichtfinanzielle Berichterstattungspflicht (HGB), infoCenter, NWB CAAAG-79145 Bereits im Zuge des Entstehungsprozesses der CSR-Richtlinie wurde intensiv diskutiert, ob KMU den nichtfinanziellen Berichtspflichten unterliegen sollen. Im Besonderen standen hierbei Abwägungen zwischen der hohen Bedeutung von KMU in der europäischen Wirtschaftsordnung und Verhältnismäßigkeitserwägungen hinsichtlich der mit einer Berichtspflicht verbundenen Verwaltungskosten einander gegenüber. Auch wenn sich schließlich die letzteren Abwägungen durchsetzten und sich die nichtfinanziellen Berichtspflichten in der EU bisher – nicht zuletzt vor dem Hintergrund umfangreicher Lobbying-Aktivitäten seitens der mittelständischen Interessenvertretungen – nunmehr unmittelbar v. a. an bestimmte große Unternehmen von öffentlichem Interesse richten, ließ sich nicht verhindern, dass die mittelbaren Folgen und dabei induzierten faktischen Berichtspflichten für KMU ebenso von großer Bedeutung sein können.

Die europaweit geringe Zahl an Unternehmen, die nunmehr seit 2017 der nichtfinanziellen Berichtspflicht unterliegt, geriet in Folge jedoch ebenso in das Zentrum der Kritik wie bereits der Umstand, dass sich eine reine Fokussierung auf die Unternehmensgröße kaum eignet, eine angemessene Relevanzbeurteilung für die Auswirkungen unternehmerischer Wirtschaftsaktivitäten zu erlauben. Dies führte früh zur erhobenen Forderung, auch Unternehmen geringerer Größe dieser Berichtspflicht zu unterwerfen. Die ambitionierten Zielsetzungen der EU-Kommission, welche sie zum S. 887Jahreswechsel 2019/2020 in Form des sog. „Green New Deal“ erneut zum Ausdruck brachte, gaben diesbezüglichen Überlegungen weiteren Auftrieb. Deutliche Aussagen dazu finden sich weiterhin in den vorgelegten Unterlagen zur Überarbeitung der europäischen Sustainable-Finance-Strategie , die Nachhaltigkeitsbelange zunehmend in alle relevanten Aspekte von Wirtschaftsaktivitäten und v. a. der Unternehmensfinanzierung innerhalb der EU einweben möchte – und dabei Verhältnismäßigkeitsabwägungen oftmals unterzuordnen scheint.

Die für KMU im Hinblick auf die bevorstehende Weiterentwicklung der nichtfinanziellen Berichterstattung relevanten Auswirkungen lassen sich der Anfang 2020 gestarteten Konsultation zur Überarbeitung der CSR-Richtlinie entnehmen. Diese wird im Folgenden kommentierend vorgestellt und vor dem Hintergrund der nachhaltigkeitsbezogenen Reformvorhaben der EU diskutiert. Dies soll im Besonderen konkreten Handlungsbedarf aufzeigen, der sich aus KMU-Perspektive abzeichnet – seitens dieser Unternehmen selbst wie seitens der Normengebung.