Einziehung: Anforderung an die Bezeichnung der eingezogenen Gegenstände im Strafurteil
Gesetze: § 74 StGB, §§ 74ff StGB, § 267 StPO
Instanzenzug: LG Aurich Az: 11 KLs 4/19
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagte wegen "unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 26 Fällen sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Waffen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Daneben hat es Einziehungsentscheidungen getroffen und unter anderem "die Einziehung der in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Aurich vom unter Ziffer VI. 1.-12. und 15.-16. aufgeführten Gegenstände" angeordnet. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten führt auf die Sachrüge zur Neufassung des Schuldspruchs und der teilweisen Aufhebung der Einziehungsentscheidung; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die Urteilsformel ist - auf der Grundlage der zutreffenden rechtlichen Würdigung der Taten durch das Landgericht - im Schuldspruch neu zu fassen. Hinsichtlich aller abgeurteilten Fälle ist die ausdrückliche Bezeichnung des Handeltreibens als "unerlaubt" entbehrlich, da Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz ausschließlich den unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln betreffen (vgl. hierzu , juris Rn. 8 mwN). Darüber hinaus bedarf es hinsichtlich des Falls 27 nicht des Zusatzes "in nicht geringer Menge", denn der Qualifikationstatbestand des bewaffneten Handeltreibens nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt stets voraus, dass die Tat eine solche Menge zum Gegenstand hat (vgl. , juris Rn. 3).
32. Die vom Landgericht angeordnete Einziehung der "in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Aurich vom unter Ziffer VI. 1.-12. und 15.-16. aufgeführten Gegenstände" hat keinen Bestand. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt:
"Keinen Bestand haben kann dagegen die erfolgte Anordnung der Einziehung der im Urteilstenor aufgeführten Gegenstände Ziffer VI. 1-12. und 15.-16. Anders als bei der Einziehung des bei der Tat 27 vom von der Angeklagten mitgeführten Elektroschockers lassen sich hinsichtlich dieser eingezogenen Gegenstände weder dem Urteilstenor allein noch in der Zusammenschau mit den Feststellungen die Voraussetzungen der Einziehung hinreichend entnehmen. Grundsätzlich sind die einzuziehenden Gegenstände in der Urteilsformel so konkret zu bezeichnen, dass für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (Senat, Beschluss vom - 3 StR 398/13 - m.w.N.; Fischer, StGB, 67. Aufl., § 74 Rn. 24 m.w.N.). Eine wie hier erfolgte bloße Bezugnahme auf die Anklageschrift oder ein Asservatenverzeichnis ist nicht ausreichend (vgl. Senat, Beschluss vom - 3 StR 291/09 - in NStZ-RR 2009, 384; BGH StV 1981, 396; Fischer, StGB, 67. Aufl. § 74 Rz 24). Denn auch die Anordnung einer Einziehung muss aus sich heraus ohne Bezugnahme auf nicht zum Urteil gehörende Schriftstücke verständlich sein (vgl. KK-Kuckein/Bartel, StPO, 8. Auflage, § 267 Rn. 35). Wenn das Gericht die eingezogenen Gegenstände nicht bereits in der Urteilsformel genau bezeichnet hat, müssten jedenfalls die Urteilsgründe ergeben, um welche Sachen es sich handelt und dass die abgeurteilten Straftaten sich auf sie beziehen. Sonst kann das Revisionsgericht nicht nachprüfen, ob der Tatrichter bei seiner Entscheidung von zutreffenden rechtlichen Erwägungen ausgegangen ist (BGH StV 1981, 396).
Zwar kann das Revisionsgericht, wenn die Urteilsgründe die erforderlichen Angaben enthalten, die Entscheidung nach § 354 Absatz 1 StPO selbst treffen. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Unter Heranziehung der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Aurich vom (Sachakte S. 100ff) ergibt sich, dass die einzuziehenden Gegenstände überwiegend Utensilien für den Betäubungsmittelhandel sind. Allerdings ergibt sich aus den Urteilsgründen hinsichtlich dieser Gegenstände nicht hinreichend das Vorliegen der Voraussetzungen einer Einziehung, nämlich dass es sich um Tatmittel oder -produkte im Sinne des § 74 StGB (oder um Beziehungsgegenstände nach § 33 Abs. 2 Satz 1 BtMG) handelt, die gerade bei der Begehung der abgeurteilten Taten eine Rolle gespielt haben. Das Urteil enthält keine Angaben zu Art und Menge des Aufbewahrungs-, Portionierungs- und Verpackungsmaterials, das für die den abgeurteilten Straftaten zugrundeliegenden Betäubungsmittelgeschäfte verwendet worden ist. Daher erscheint es angezeigt, die Einziehungsentscheidung hinsichtlich der sichergestellten Gegenstände aufzuheben, um dem neuen Tatgericht eine einheitliche Sachentscheidung zu ermöglichen."
4Dem schließt sich der Senat an.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:080420B3STR55.20.0
Fundstelle(n):
WAAAH-63423