BAG Urteil v. - 6 AZR 10/19

Bundesagentur für Arbeit - Stufenzuordnung - § 8 SVG

Gesetze: § 8 SVG, § 15 SBG, § 1 TVG

Instanzenzug: Az: 17 Ca 3264/17 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Köln Az: 10 Sa 986/17 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung des Klägers.

2Der Kläger ist seit dem als Fachassistent Leistungsgewährung im Bereich SGB II bei der Beklagten beschäftigt.

3Der Arbeitsvertrag der Parteien vom lautet auszugsweise:

4Nach § 14 Abs. 1 des Tarifvertrags für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) vom idF des am in Kraft getretenen 15. Änderungstarifvertrags sind die in sog. Tätigkeits- und Kompetenzprofilen (TuK) festgelegten Anforderungen an eine Tätigkeit die Grundlage für deren Zuordnung zu einer der acht Tätigkeitsebenen mittels tariflicher Zuordnungstabellen. Die Beschäftigten sind in der Tätigkeitsebene eingruppiert, der die ihnen nicht nur vorübergehend übertragene Tätigkeit zugeordnet ist. Das TuK „Fachassistent/in Leistungsgewährung im Bereich SGB II“ hat folgenden Inhalt:

5§ 18 TV-BA idF des 15. Änderungstarifvertrags lautet auszugsweise:

6Der Kläger wurde zunächst nach Tätigkeitsebene V Entwicklungsstufe 1, ab dem wurde er nach Entwicklungsstufe 2 vergütet. Sein Entgelt betrug im Mai 2017 monatlich 2.947,01 Euro brutto.

7Vom bis zum war der Kläger als Soldat auf Zeit bei der Bundeswehr ua. als „Stabsdienstsoldat Streitkräfte“ eingesetzt und wurde wiederholt zur Vertrauensperson der Soldaten und Soldatinnen gewählt. Hier war er mit der Beratung über Laufbahnwechsel bzw. Weiterverpflichtung und der Bearbeitung der entsprechenden Anträge betraut. Vom bis zum besuchte er die Bundeswehrfachschule zur Erlangung des Bildungsabschlusses der mittleren Reife. Die Wehrdienstbescheinigung weist die Leistung des Wehrdienstes vom bis zum - zuletzt als Soldat auf Zeit - aus. Vom bis zum bildete er sich zum Büro- und Personalfachkaufmann fort. Die Ausbildung wurde durch die Bundeswehr für den Zeitraum vom bis zum gefördert, Übergangsgebührnisse leistete die Bundeswehr bis Juni 2015.

8Nachdem der Kläger im November 2015 unter Hinweis auf eine bei der Bundeswehr erworbene einschlägige Berufserfahrung erfolglos die Überprüfung der Entwicklungsstufenzuordnung beantragt hatte, erhob er am Klage vor dem Arbeitsgericht.

9Er hat die Auffassung vertreten, seine Tätigkeiten bei der Bundeswehr, insbesondere als Vertrauensperson und als Stabsdienstsoldat, sowie seine Weiterbildungen zum Büro- und Personalfachkaufmann seien als einschlägige Berufserfahrung nach § 18 Abs. 5 iVm. Abs. 6 TV-BA bei der Stufenzuordnung zu berücksichtigen. Jedenfalls seien gemäß § 8 des Gesetzes über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihre Hinterbliebenen (Soldatenversorgungsgesetz - SVG) Zeiten der Förderung nach § 5 SVG anzurechnen und Ausbildungszeiten bei der Zuordnung zu der einschlägigen Entwicklungsstufe einzubeziehen; schließlich rechne die Beklagte den Auszubildenden zum Fachangestellten für Arbeitsmarktdienstleistungen den Ausbildungszeitraum ebenfalls an. Seine erworbene Qualifikation als Bürokaufmann sei höherwertiger als die eines Fachassistenten für Arbeitsmarktförderung. Nach seiner insgesamt achtjährigen Tätigkeit als Zeitsoldat und der 1 ¾ Jahre dauernden Zeit der schulischen und beruflichen Bildung seien 9 ¾ Jahre Berufstätigkeit bei seiner Einstufung anzurechnen, sodass schon bei seiner Einstellung eine Einstufung in die Entwicklungsstufe 6 hätte erfolgen müssen; jedenfalls sei ein Drittel dieser Zeit einzurechnen mit der Folge, dass er mindestens nach Entwicklungsstufe 4 zu vergüten sei.

10Der Kläger hat - zuletzt - beantragt

11Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die vom Kläger bei der Bundeswehr ausgeübte Tätigkeit sei weder nach Aufgabeninhalt noch nach Anforderungsniveau mit der Tätigkeit eines Fachassistenten Leistungsgewährung SGB II vergleichbar. Die Ausbildungszeiten könnten nicht als Berufserfahrung berücksichtigt werden. Eine Anrechnung nach § 8 Abs. 4 SVG erfolge nicht auf die Entwicklungsstufe, sondern nur auf die Dienst- und Beschäftigungszeit beim Arbeitgeber.

12Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Gründe

13Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat nach § 18 Abs. 5 iVm. § 14 Abs. 1 Satz 1 TV-BA keinen Anspruch darauf, ab dem nach Entwicklungsstufe 6 oder jedenfalls nach Entwicklungsstufe 4 der Tätigkeitsebene V TV-BA vergütet zu werden.

14I. Die als Stufenfeststellungsklage übliche zulässige Klage (vgl.  - Rn. 9, BAGE 165, 36) ist unbegründet. Die Beklagte hat den Kläger bei seiner Einstellung zutreffend der Entwicklungsstufe 1 der Tätigkeitsebene V TV-BA zugeordnet (§ 18 Abs. 2 iVm. Abs. 5 TV-BA). Ein Anspruch auf Zuordnung zu einer höheren als dieser Entwicklungsstufe bereits ab dem besteht nicht.

151. Ein solcher Anspruch folgt nicht unmittelbar aus § 18 Abs. 5 iVm. der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA. Der Kläger wies bei seiner Einstellung keine einschlägige Berufserfahrung iSd. Bestimmungen auf.

16a) Gemäß § 18 Abs. 5 iVm. Abs. 6 TV-BA findet seit der Änderung dieser Norm durch den 15. Änderungstarifvertrag zum TV-BA einschlägige Berufserfahrung bei der Stufenzuordnung uneingeschränkt Berücksichtigung. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Berufserfahrung bei der Beklagten oder anderweitig erworben wurde. Nach Satz 1 der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA liegt einschlägige Berufserfahrung dann vor, wenn der/dem Beschäftigten in dem vorherigen Arbeitsverhältnis eine Tätigkeit übertragen war, die demselben TuK der Anlage 1.0 zum TV-BA zugeordnet ist bzw. zuzuordnen wäre wie die übertragene Tätigkeit (sog. fiktive Zuordnung). Die Zuordnung ist folglich anhand der TuK der Anlage 1.0 zum TV-BA vorzunehmen, falls der oder die Beschäftigte vorher bereits bei der Beklagten tätig war, zB im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses, und seine frühere Tätigkeit von einem TuK erfasst wird. Ist dies nicht der Fall, bedarf die fiktive Zuordnung eines wertenden Vergleichs der früheren und der nunmehr übertragenen Tätigkeit. Diesen regelt Satz 2 der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA. Demnach ist maßgeblich, ob die früheren Tätigkeiten nach ihrer Art (Aufgabeninhalt) und ihrem Anforderungsniveau den Kompetenzanforderungen der im aktuellen Arbeitsverhältnis erstmalig übertragenen Tätigkeit bei der Beklagten vergleichbar sind. Entscheidend ist, ob sich die frühere und die erstmalig übertragene Tätigkeit nach Aufgabeninhalt und fachlichen Anforderungen, wie sie im maßgeblichen TuK definiert sind, soweit decken, dass eine Einarbeitungszeit in fachlicher Hinsicht praktisch nicht erforderlich ist. Erforderlich ist insoweit die Nutzbarkeit des in der früheren Tätigkeit erworbenen Erfahrungswissens ( - Rn. 26, 29, 35, BAGE 166, 120).

17b) Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger in der Tätigkeit als Stabsdienstsoldat und im Wahlamt der Vertrauensperson iSv. § 1 Abs. 1 des Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetzes (SBG) vom (BGBl. I S. 2065), zuletzt geändert durch Art. 14 des Gesetzes zur nachhaltigen Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr vom (BGBl. I S. 1147), bezogen auf die ihm ab dem von der Beklagten übertragene Tätigkeit als Fachassistent Leistungsgewährung im Bereich SGB II keine einschlägige Berufserfahrung iSd. Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA erworben.

18aa) Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass - was die Beklagte nicht gerügt hat und wofür Ziff. 16 ihrer Durchführungsanweisungen zu § 18 TV-BA aus September 2015 spricht - auch in einem Soldatenverhältnis einschlägige Berufserfahrung im tariflichen Sinn vermittelt werden kann. Allerdings verschafften ihm seine Aufgaben als Stabsdienstsoldat auch unter Zugrundelegung seines Sachvortrags bezogen auf die ihm ab dem von der Beklagten übertragene Tätigkeit als Fachassistent Leistungsgewährung im Bereich SGB II keine entsprechende einschlägige Berufserfahrung. Der Vergleich der „Kernaufgaben und Verantwortlichkeiten“ eines Fachassistenten Leistungsgewährung im Bereich SGB II bei der Beklagten mit den ihm als Stabsdienstsoldat in der Zeit vom bis zum übertragenen Tätigkeiten lässt erkennen, dass Letztere nach Inhalt und Anforderungsniveau nicht vergleichbar sind. Bei der dem Kläger als Stabsdienstsoldat nach seinen Angaben neben allgemeinen Bürotätigkeiten obliegenden Erstellung von Statistiken und Dienstzeugnissen, der Beratung der Soldaten beim Laufbahnwechsel, der Aufnahme und Bearbeitung von Anträgen zum Laufbahnwechsel bzw. zur Weiterverpflichtung, der Beratung der Soldaten zum Angebot Berufsförderung, der Zusammenarbeit mit dem Personaloffizier oder übergeordneten Dienststellen, der Planung von Lehrgängen für Soldaten, der Anforderung von Lehrgangsplätzen, der Planung und Vorbereitung interner Weiterbildungen und der Beratung der Soldaten über Leistungen nach der Wehrdienstzeit wie zB über Krankenversicherung und Arbeitslosengeld handelt es sich insbesondere um organisatorische Tätigkeiten, die auf die speziellen Bedarfe und Abläufe bei der Bundeswehr zugeschnitten sind. Sie weisen ganz überwiegend keinen inhaltlichen Bezug zu dem Kerntätigkeitsbereich eines Fachassistenten Leistungsgewährung im Bereich SGB II auf, dem die Bearbeitung und Bescheidung von Anträgen hinsichtlich der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die Beratung über passive Leistungen nach dem SGB II und die Zusammenarbeit vor allem mit anderen Leistungsträgern obliegen und deren rechtliche Grundlagen im Sozialversicherungsrecht angesiedelt sind. Gegen eine Vergleichbarkeit der Tätigkeiten spricht auch, dass der Kläger nach eigenen Angaben für die Erledigung seiner Aufgaben bei der Bundeswehr neben allgemeinen arbeitsrechtlichen Kenntnissen hauptsächlich Kenntnisse aus den speziellen Rechtsgebieten Wehrbeschwerdeordnung, Wehrdisziplinarordnung, Soldatenbeteiligungsgesetz, Soldatengesetz, Soldatenversorgungsgesetz und über die zentralen Dienstvorschriften, die für seine Tätigkeit bei der Beklagten nicht erforderlich bzw. prägend sind, benötigt hat und damit gegenüber seiner Tätigkeit bei der Beklagten Regelungen aus wesentlich anderen Rechtsgebieten anwenden musste. Soweit der Kläger vorträgt, er habe die Soldaten auch über Fragen der Krankenversicherung und des Arbeitslosengeldanspruchs für die Zeit nach dem Wehrdienst beraten sowie Anträge ausgefüllt und elektronisch an die zuständige Behörde weitergeleitet, handelt es sich hierbei zwar um Hilfestellungen und Unterstützungen bei der Beantragung sozialversicherungsrechtlicher Leistungen. Diese Tätigkeiten haben aber allenfalls vorbereitenden Charakter für die Arbeit eines Fachassistenten Leistungsgewährung im Bereich SGB II. Sie erfordern insbesondere anders als die eines Fachassistenten keine Entscheidungskompetenzen und sind für die Aufgabenerledigung eines Fachassistenten Leistungsgewährung im Bereich SGB II weder notwendig noch prägend. Soweit der Kläger meint, er treffe auch im Rahmen seiner Verrichtungen bei der Beklagten selten selbständige Entscheidungen, kommt es nicht auf sein subjektives Verständnis, sondern auf die Aufgabendefinition in dem einschlägigen TuK an (vgl.  - Rn. 35 mwN, BAGE 166, 120).

19bb) Auch die vom Kläger in seiner Funktion als Vertrauensperson iSv. § 1 Abs. 1 SBG wahrgenommenen Aufgaben nach §§ 19 ff. SBG waren nicht geeignet, ihm die erforderliche einschlägige Berufserfahrung zu vermitteln. Zum einen hat der Kläger nicht dargelegt, in welchem konkreten Zeitraum er dieses Amt ausgeübt hat. Zum anderen erfüllt das Wahlamt einer Vertrauensperson bei der Bundeswehr nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA, die die Modalitäten der bei der Stufenzuordnung zu berücksichtigenden einschlägigen Berufserfahrung eigenständig ausgestaltet und damit materieller Bestandteil des Tarifvertrags ist (vgl. zu den Voraussetzungen  - Rn. 37 mwN). Danach muss die einschlägige Berufserfahrung in einer Tätigkeit erworben worden sein, die Teil des Pflichtengefüges in dem vorherigen Grundverhältnis war. Das ergibt die Auslegung der Tarifnorm (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl.  - Rn. 19 mwN).

20(1) Dafür spricht bereits der Wortlaut des Satzes 1 der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA. Danach ist Voraussetzung für den Erwerb „einschlägiger Berufserfahrung“, dass die Tätigkeit dem Beschäftigten im Rahmen eines Rechtsverhältnisses „übertragen“ worden ist. Das Wort „übertragen“ bedeutet „jmdm. etwas übergeben“, „jmdm. den Auftrag geben, etwas zu tun“ (Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. Stichwort „übertragen“). Damit haben die Tarifvertragsparteien klargestellt, dass der Beschäftigte die geforderte Berufserfahrung aufgrund einer Tätigkeit erworben haben muss, die Teil der vertraglich geschuldeten Leistung und damit des vertraglichen Pflichtenkreises im vorherigen Grundverhältnis war. Dieses Verständnis erstreckt sich auch auf den in Satz 2 der Protokollerklärung geregelten Unterfall der fiktiven Zuordnung.

21(2) Dem entspricht auch der sich aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergebende Sinn und Zweck der Tarifnorm. Ihr liegt der Gedanke zugrunde, dass die einschlägige Berufserfahrung in einem Tätigkeitsgefüge erworben worden sein soll, das möglichst weitgehend dem Charakter des später zu der Beklagten begründeten Arbeitsverhältnisses entspricht. Das setzt voraus, dass die vorherige Tätigkeit in einem Wechselverhältnis von Rechten und Pflichten und der damit verbundenen Verantwortlichkeit für das Arbeitsergebnis stand. Daran fehlt es jedenfalls bei Erfahrungen, die durch Tätigkeiten in einem neben dem ursprünglichen Grundverhältnis stehenden Ehren- oder Wahlamt oder in einem Selbststudium erworben wurden.

22(3) Dieses Normverständnis führt nicht zu einer Benachteiligung des Klägers iSv. § 15 Abs. 1 SBG. Nach dieser Norm darf die Vertrauensperson wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Sie darf nicht ohne sachlichen Grund allein wegen ihres Amtes besser oder schlechter behandelt werden als vergleichbare Beschäftigte ohne das Amt der Vertrauensperson (vgl. zur inhaltsgleichen Bestimmung in § 8 BPersVG  2 C 22.18 - Rn. 24; zur inhaltsgleichen Bestimmung in § 78 Satz 2 BetrVG  - Rn. 24). Die Regelung dient damit der inneren und äußeren Unabhängigkeit der Vertrauensperson (vgl. zu § 78 Satz 2 BetrVG  - Rn. 15 mwN, BAGE 162, 159; zu § 8 BPersVG  - zu I 1 der Gründe). Diese soll ohne Furcht vor Maßregelungen und Sanktionen des Dienstherrn ihr Amt ausüben können (vgl. zu § 78 Satz 2 BetrVG  - Rn. 10 mwN).

23Nach diesen Grundsätzen müssen Kenntnisse, die der Kläger in seinem Amt als Vertrauensperson erworben hat, die also Soldaten ohne diese Funktion nicht aufweisen, nicht zur Vermeidung einer Benachteiligung von einem späteren Arbeitgeber als einschlägige Berufserfahrung berücksichtigt werden. Bezogen auf Vorschriften, die wie § 18 Abs. 5 TV-BA auf den Erwerb von Fähigkeiten in einer vorherigen Tätigkeit abstellen, die den Arbeitnehmer in die Lage versetzen, sich schneller einzuarbeiten und bessere Leistungen zu erbringen, und dies mit einem höheren Entgelt honorieren (vgl. zu diesem Zweck der vergleichbaren Bestimmung des § 16 Abs. 2 TV-L  (A) - Rn. 13, BAGE 164, 64), schützt § 15 SBG nach seinem Sinn und Zweck damit nur vor Benachteiligungen in der beruflichen Entwicklung im Soldatenverhältnis selbst, die durch die Ausübung des Amtes als Vertrauensperson entstehen können, nicht aber vor etwaigen Benachteiligungen, die der (ehemalige) Soldat bei einem späteren Arbeitgeber bei der Stufenzuordnung erleidet.

24cc) Entgegen der Auffassung des Klägers sind auch die Zeiten des Besuchs der Bundeswehrfachschule vom bis zum sowie die Zeiten der Ausbildung zum Bürokaufmann und zum Personalfachkaufmann für die Zuordnung zu der Entwicklungsstufe nicht berücksichtigungsfähig. Zeiten der schulischen Bildung und Ausbildungszeiten können das Erfordernis der „einschlägigen Berufserfahrung“ nicht erfüllen. Sie dienen dem Erwerb derjenigen Fertigkeiten und Kenntnisse, die erforderlich sind, um einen schulischen Bildungsabschluss und einen angestrebten Berufsabschluss zu erreichen und vermitteln deshalb keine Berufserfahrung. Dies zeigt auch ein systematischer Vergleich mit § 18 Abs. 3 und Abs. 4 TV-BA sowie der dazu vereinbarten Protokollerklärung. Diese Normen unterstellen für Nachwuchskräfte der Bundesagentur für Arbeit und für Beschäftigte mit mindestens einjähriger Berufserfahrung aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis bei der Bundesagentur für Arbeit, dass unabhängig von der im Einzelfall ausgeübten Tätigkeit bereits Kompetenzen und Fertigkeiten aus dem Aufgabenbereich der Bundesagentur für Arbeit erworben wurden, die die Zuordnung zur Entwicklungsstufe 2 rechtfertigen. Im Übrigen ist für eine Zuordnung zu einer höheren Stufe als der Stufe 1 einschlägige Berufserfahrung nach § 18 Abs. 5 TV-BA erforderlich. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Tarifvertragsparteien davon ausgehen, dass in allen anderen Fällen einschlägige Berufserfahrung nicht im Rahmen einer schulischen Bildung oder einer Ausbildung erworben werden kann. Andernfalls hätte es der Protokollerklärung nicht bedurft (vgl. zu § 16 Abs. 2 TV-TgDRV und für Zeiten eines berufspraktischen Studienteils während eines dualen Studiums  - Rn. 13, BAGE 165, 36).

252. Die Zuordnung zur Entwicklungsstufe 6 bzw. zur Entwicklungsstufe 4 lässt sich auch nicht über § 8 SVG fingieren. Die nach § 5 SVG geförderte Zeit der schulischen und beruflichen Bildung nach der Wehrdienstzeit vom bis zum sowie die Wehrdienstzeit sind nicht als einschlägige Berufserfahrung iSd. § 18 Abs. 5 TV-BA iVm. der Protokollerklärungen Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA nach Maßgabe des § 8 SVG anzurechnen. § 8 SVG regelt ungeachtet des Umstands, dass ein solcher Anspruch zum Teil nicht schon bei der Einstellung, sondern erst nach sechs Monaten der Tätigkeit bzw. Zugehörigkeit zum Betrieb besteht, nicht die Anerkennung der genannten Zeiten als Zeiten einschlägiger Berufserfahrung ( - Rn. 15, BAGE 165, 36). Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 18 Abs. 5 TV-BA nicht so zu verstehen, dass Dienst- und Beschäftigungszeiten jeglicher Art ausreichen. Daher kommt auch eine Anrechnung zu einem Drittel der Zeit nach § 8 Abs. 2 SVG nicht in Betracht.

26a) Der Wortlaut des § 8 SVG sieht die Anrechnung bestimmter, näher definierter Zeiten auf die Berufs- oder Betriebszugehörigkeit bzw. bei Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst auf die Dienst- und Beschäftigungszeit vor. Die Dauer der Berufszugehörigkeit umfasst den Zeitraum, in dem jemand in einem bestimmten Beruf tätig gewesen ist. Die Betriebszugehörigkeit entsteht mit der Aufnahme des Arbeitnehmers in den Betrieb des Arbeitgebers. Durch § 8 SVG sollen diejenigen Zeitsoldaten, die im Anschluss an ihren Wehrdienst als Arbeitnehmer tätig werden, für die Nachteile, die sich aus der durch den Wehrdienst bedingten späteren Begründung eines Arbeitsverhältnisses ergeben, einen Ausgleich erhalten. Weder der Wortlaut des § 8 SVG noch die Gesetzessystematik lassen einen Bezug zu anderen als den dort genannten Größen der Berufs- und Betriebszugehörigkeit bzw. der Dienst- und Beschäftigungszeit erkennen. Bereits die gesonderte Erwähnung dieser Begriffe macht deutlich, dass sie nicht über ihren Wortsinn hinaus ausgelegt werden können. Es ist nach dem SVG nicht erforderlich, den ehemaligen Soldaten in allen Punkten so zu behandeln, als ob er schon während der Wehrdienstzeit bei dem neuen Arbeitgeber beschäftigt worden wäre. § 8 SVG stellt mit den Kriterien der Berufs- und Betriebszugehörigkeit sowie der Dienst- und Beschäftigungszeit auf einen reinen Zeitablauf ab. Verlangt die Anspruchsnorm mehr als das bloße Zurücklegen bestimmter Zeiten, also wie vorliegend einschlägige Berufserfahrung, können die Anspruchsvoraussetzungen auch mit Hilfe des § 8 SVG nicht erfüllt bzw. dadurch ersetzt werden. Als bloße Ergänzungsnorm schreibt § 8 SVG den Tarifvertragsparteien nicht die Schaffung einer Anspruchsnorm vor, sondern setzt diese voraus (ausführlich hierzu  - Rn. 18 ff. mwN, BAGE 165, 36).

27b) § 8 SVG fingiert danach die für eine Stufenzuordnung nach § 18 Abs. 5 TV-BA erforderliche einschlägige Berufserfahrung nicht. Die Berücksichtigung solcher Erfahrung knüpft weder an die Dienst- noch an die Beschäftigungszeit iSd. TV-BA an. Sie setzt nicht nur eine bestimmte Länge der Berufs- oder Betriebszugehörigkeit voraus. Erforderlich ist vielmehr nach dem Sinn und Zweck der Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung bei der Einstellung, dass der Arbeitnehmer in der durch die Merkmale der betreffenden Tätigkeitsebene näher bestimmten qualifizierten Art und Weise tatsächlich in Ausübung eines Berufs tätig war. Nur wenn die berufliche Vorbeschäftigung qualitativ im Wesentlichen die gesamte inhaltliche Breite der aktuellen Beschäftigung abdeckte und deshalb einschlägig ist, versetzt die in früheren Beschäftigungen erworbene Berufserfahrung den Arbeitnehmer in die Lage, ohne nennenswerte Einarbeitungszeit die Tätigkeit beim neuen Arbeitgeber auszuüben. Aus diesem Grund ist die von § 18 Abs. 5 TV-BA vorausgesetzte einschlägige Berufserfahrung auch unter Berücksichtigung der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA entgegen der Annahme des Klägers nicht gleichbedeutend mit der nach § 8 SVG angeordneten Fiktion zurückgelegter Berufs- oder Betriebszugehörigkeitszeiten (vgl. zu § 16 Abs. 2 TV-TgDRV  - Rn. 22, BAGE 165, 36). Zwar bringt eine länger andauernde Berufszugehörigkeit - und soweit sich Zeiten der Betriebszugehörigkeit mit dieser decken, auch sie - im Allgemeinen eine größere Erfahrung mit sich. Ob dies zu einer Berücksichtigung dieser Zeiten bei der Stufenzuordnung führt, hängt jedoch davon ab, ob der konkrete Tarifvertrag die bloße Berufs- bzw. Betriebszugehörigkeit honorieren will (vgl.  -). Etwas anderes folgt - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht aus den Regelungen des § 8 SVG. Die Norm dient nicht der Auslegung des § 18 Abs. 5 iVm. der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA, sondern setzt ihr Ergebnis für die Frage, ob und gegebenenfalls welche Zeiten zu berücksichtigen sind, voraus. Dafür spricht auch der Umstand, dass der Gesetzgeber die - gefestigte - Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Verständnis des § 8 SVG (st. Rspr. seit 1980, vgl. nur  -; - 4 AZR 130/81 -) nicht aufgegriffen und in die Norm eingefügt hat.

28II. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2020:240620.U.6AZR10.19.0

Fundstelle(n):
WAAAH-62130