Bemessung der Jugendstrafe: Berücksichtigung des Erziehungsgedankens
Gesetze: § 18 Abs 2 JGG, § 105 JGG
Instanzenzug: Az: 22 KLs 22/19
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig im Sinne von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.
32. Die Sachrüge ist unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und die Einziehungsentscheidung richtet. Sie hat aber Erfolg, soweit damit die Verhängung einer Jugendstrafe von drei Jahren beanstandet wird.
4a) Das Landgericht hat bei dem zur Tatzeit 19 Jahren und 11 Monate alten Angeklagten aufgrund seines Werdegangs Reifeverzögerungen angenommen und deshalb auf ihn gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG Jugendrecht angewandt. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zur Begründung der Verhängung von Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen hat es auf seinen Lebensstil verwiesen und die Art und Weise der Begehung der abgeurteilten Tat sowie darauf, dass der Angeklagte seit dem Jahr 2015 „immer wieder strafrechtlich in Erscheinung“ getreten sei, auch wenn es sich „in der Regel um Eigentums- und Vermögensdelikte mit nur geringem Schaden gehandelt“ habe. Auch dagegen bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
5b) Jedoch genügt die Strafzumessung nicht den Anforderungen, die § 18 Abs. 2 JGG an sie stellt. Nach dieser Vorschrift ist die Höhe der Jugendstrafe in erster Linie an erzieherischen Gesichtspunkten auszurichten. Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abgewogen worden ist (, NStZ-RR 2012, 186 f.; Beschluss vom - 3 StR 581/14, NStZ-RR 2015, 154 f.).
6Das Landgericht hat dem Angeklagten sein Geständnis, die Drohungen der Hinterleute, die Sicherstellung der Betäubungsmittel, seine Haftempfindlichkeit als Erstverbüßer und junger Ausländer zugutegehalten, aber strafschärfend bewertet, dass er mehrfach vorbestraft sei, unter laufender Bewährung wegen der Arbeitsauflagen gehandelt und tateinheitlich zwei Tatbestände erfüllt habe, sowie dass der Grenzwert zur nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln erheblich überschritten gewesen sei. Deshalb sei eine Jugendstrafe von drei Jahren angemessen, „um auf den Angeklagten mit der gebotenen Nachhaltigkeit einzuwirken“. Damit hat es letztlich nur dem Erwachsenenstrafrecht entlehnte Strafzumessungsgesichtspunkte berücksichtigt. Den Erziehungsgedanken hat es formelhaft erwähnt. Das reicht jedoch nicht aus (, NStZ 2013, 287; Beschluss vom - 3 StR 581/14, NStZ-RR 2015, 154, 155).
73. Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch auf diesem Rechtsfehler beruht, zumal das Landgericht die Verhängung der Jugendstrafe trotz der großen Drogenmenge nicht auf die Schwere der Schuld des Angeklagten, sondern allein auf schädliche Neigungen gestützt hat.
8Die Feststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen worden und können aufrechterhalten bleiben.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:080720B2STR179.20.0
Fundstelle(n):
QAAAH-61040