Track 18 | Umsatzsteuer: Verwaltungsrat eines berufsständischen Versorgungswerks ist nicht unternehmerisch tätig
Der Vorsitzende des Verwaltungsrats eines berufsständischen Versorgungswerks unterliegt nach einem rechtskräftigen Urteil des FG Niedersachsen mit dieser Tätigkeit nicht der Umsatzsteuer, wenn er – wie üblich – nicht im eigenen Namen nach außen tätig wird, sondern lediglich das Versorgungswerk vertritt und wenn die für die Führung des Versorgungswerks getroffenen Entscheidungen nicht von ihm, sondern vom Verwaltungsrat kollektiv getroffen werden.
Wir bleiben noch bei der Umsatzsteuer. Das Niedersächsische FG [1] hat im Widerspruch zur bisherigen Verwaltungsauffassung entschieden: Der Vorsitzende des Verwaltungsrats eines berufsständischen Versorgungswerks unterliegt mit dieser Tätigkeit nicht der Umsatzsteuer. Das gilt dann, wenn er – wie üblich – nicht im eigenen Namen nach außen tätig wird, sondern lediglich das Versorgungswerk vertritt. Und wenn die für die Führung des Versorgungswerks getroffenen Entscheidungen nicht von ihm, sondern vom Verwaltungsrat kollektiv getroffen werden.
Das Finanzgericht aus Hannover geht davon aus: Ein Verwaltungsratsvorsitzender trägt kein Risiko, das eine Behandlung als Unternehmer rechtfertigen würde. Dass der Kläger neben einer im Wesentlichen festen monatlichen Vergütung untergeordnete variable Vergütungsbestandteile wie Sitzungsgelder und Reisekosten erhielt, ändere nichts an dieser Beurteilung.
Eigentlich hatten wir das Urteil für unsere Rubrik „Anhängige Verfahren” vorgesehen. Das Finanzamt hat aber die Revision [2] zurückgenommen. Die Entscheidung ist damit rechtskräftig.
Das Urteil des Niedersächsischen FG liegt ganz auf der Linie des Bundesfinanzhofs [3]. Der V. Senat des BFH hatte erst kürzlich dem Europäischen Gerichtshof [4] [5] [6] folgend entschieden: Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko, ist es entgegen der bisherigen BFH-Rechtsprechung nicht als Unternehmer tätig. [7] [8] – Wir hatten Ihnen das Urteil in unserer April-Ausgabe 2020 [9] vorgestellt.
Das BFH-Urteil ist bislang nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden, sodass es aktuell nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden ist. Gerne hätten wir Ihnen jetzt geraten, in gleich gelagerten Fällen unter Verweis auf das anhängige BFH-Verfahren das Ruhen des Verfahrens zu beantragen. Das ist nun aber leider nicht mehr möglich. Hoffentlich hat das Finanzamt im Fall aus Niedersachsen nicht aus taktischen Gründen die Revision zurückgenommen, um eine weitere – aus Sicht der Verwaltung unliebsame – Entscheidung des höchsten deutschen Steuergerichts zu verhindern.
Betroffene benötigen so schnell wie möglich Rechtssicherheit. Das gilt nicht nur für Aufsichts- und Verwaltungsräte, sondern auch für sonstige Organmitglieder. Es ist daher zu hoffen, dass die Meinungsfindung auf Bund-Länder-Ebene bald abgeschlossen ist.
Fundstelle(n):
Steuern mobil 11/2020
NWB RAAAH-60448
2 Beim BFH anhängiges Verfahren mit dem Az. V R 6/20 ist erledigt durch Zurücknahme der Revision (NWB CAAAH-46852)
8 Heidner, Anmerkung zu: Umsatzsteuer | Unternehmereigenschaft von Aufsichtsratsmitgliedern (BFH), NWB Online-Nachricht v. 6.2.2020 NWB YAAAH-41645
9 Track 14 | Umsatzsteuer: Aufsichtsräte mit Festvergütung sind keine Unternehmer, Steuern mobil 4/2020 NWB NAAAH-44540