Anwendungsschreiben zu der Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG
Durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz - StSenkG) vom (BGBl 2000 I S. 1433, BStBl 2000 I S. 1428) wurde § 35 EStG neu in das Einkommensteuergesetz eingefügt. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur Anwendung der Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb wie folgt Stellung:
1. Anwendungsbereich
1 § 35 EStG ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2001 anzuwenden. Dies gilt auch für Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr, wenn das Wirtschaftsjahr nach dem endet (§ 52 Abs. 50 a EStG). Begünstigt sind unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtige natürliche Personen mit Einkünften aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer oder als unmittelbar bzw. mittelbar beteiligter Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG oder im Sinne des § 15 Abs. 3 Nrn. 1 oder 2 EStG. Begünstigt sind auch die persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) mit ihren Gewinnanteilen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG).
2 Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG mindert die Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags (§ 3 Abs. 2 SolZG), nicht aber die Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer (§ 51 a Abs. 2 Satz 3 EStG i. V. m. den jeweiligen Kirchensteuergesetzen).
2. Tarifliche Einkommensteusr im Sinne des § 35 Abs. 1 EStG
3 Ausgangsgröße für die Steuerermäßigung nach § 35 EStG ist die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die anzurechnenden ausländischen Steuern nach § 34 c Abs. 1 und 6EStG und § 12 AStG i. d. F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts - UntStFG - vom , BGBl. I S. 3858, BStBl 2002 I S. 35 (tarifliche Einkommensteuer im Sinne des § 35 Abs. 1 EStG). Die Steuerermäßigungen nach § 34 f EStG (Baukindergeld) sowie nach § 34 g EStG (Parteispenden) sind erst nach Abzug der Steuerermäßigung nach § 35 EStG zu berücksichtigen.
3. Anrechnungsvolumen
4 Die Höhe der Steuerermäßigung beträgt das 1,8-fache des nach § 14 GewStG festgesetzten Gewerbesteuer-Messbetrags bzw. des anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags (Anrechnungsvolumen). Maßgebend ist der Gewerbesteuer-Messbetrag, der für den Erhebungszeitraum festgesetzt worden ist, der dem Veranlagungszeitraum entspricht. Bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr wird der Gewerbeertrag dem Erhebungszeitraum zugerechnet, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 10 Abs. 2 GewStG).
5 Zur Ermittlung des auf den Mitunternehmer bzw. des auf den persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA entfallenden anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags siehe Rz. 18 ff.
6 Sind dem Steuerpflichtigen als Einzelunternehmer oder als unmittelbarer oder mittelbarer Mitunternehmer Gewinne aus mehreren Gewerbebetrieben zuzurechnen, sind die jeweiligen Gewerbesteuer-Messbeträge für jeden Gewerbebetrieb und für jede Mitunternehmerschaft getrennt zu ermitteln und dann zur Berechnung des Anrechnungsvolumens zusammenzufassen. Bei zusammen veranlagten Ehegatten sind die Anrechnungsvolumina der Ehegatten zusammenzufassen.
7 Die Festsetzungen des Gewerbesteuer-Messbetrags und die Feststellung der Vomhundertsätze nach § 35 Abs. 2 EStG (anteiliger Gewerbesteuer-Messbetrag in Organschaftsfällen) und § 35 Abs. 3 EStG (anteiliger Gewerbesteuer-Messbetrag bei Mitunternehmerschaften und KGaA) sind bei der Ermittlung der Steuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 EStG Grundlagenbescheide (§ 35 Abs. 4 Satz 3 EStG).
8 Das Anrechnungsvolumen wird begrenzt auf die Höhe der tariflichen Einkommensteuer im Sinne des. § 35 EStG (vgl. Rz. 3), die anteilig auf die im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte entfällt. Zur Berechnung dieses Ermäßigungshöchstbetrags siehe Rz. 11 ff.
9 Der auf einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn nach § 18 Abs. 4 Sätze 1 und 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) entfallende Gewerbesteuer-Messbetrag bleibt bei der Ermäßigung der Einkommensteuer nach § 35 EStG unberücksichtigt (§ 18 Abs. 4 Satz 3 UmwStG i. d. F. des UntStFG). § 35 EStG findet keine Anwendung auf Gewinne, die der Tonnagebesteuerung nach § 5 a EStG unterliegen (§ 5 a Abs. 5 EStG).
4. Gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 35 EStG
10 Die gewerblichen Einkünfte im Sinne des § 35 EStG umfassen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 EStG. Einkünfte im Sinne der §§16 und 17 EStG gehören damit grundsätzlich nicht zu den gewerblichen Einkünften im Sinne des § 35 EStG. In die gewerblichen Einkünfte im Sinne des § 35 EStG einzubeziehen sind jedoch die gewerbesteuerpflichtigen Veräußerungsgewinne aus der 100%igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2EStG), wenn die Veräußerung nicht im engen Zusammenhang mit der Aufgabe des Gewerbebetriebs erfolgt (vgl. Abschn. 39 Abs. 1 Nr. 1 Satz 13 GewStR) sowie die Veräußerungsgewinne, die nach § 7 Satz 2 GewStG i. d. F. des UntStFG [1] gewerbesteuerpflichtig sind. Der Gewinn aus der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG [2] gehört als laufender Gewinn auch zu den gewerblichen Einkünften im Sinne des § 35 EStG. Die auf einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn nach § 18 Abs. 4 Sätze 1 und 2 UmwStG entfallenden gewerblichen Einkünfte sind nicht in die gewerblichen Einkünfte im Sinne des § 35 EStG einzubeziehen.
5. Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags
5.1 Gewerbliche Einkünfte nach Anwendung des § 2 Abs. 3 EStG und § 10 d EStG
11 Die Steuerermäßigung wird durch § 35 Abs. 1 EStG auf die tarifliche Einkommensteuer beschränkt, die anteilig auf die gewerblichen Einkünfte entfällt (Ermäßigungshöchstbetrag). Bei der Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags sind die Vorschriften der §§ 2 Abs. 3 und 10 d EStG zu berücksichtigen.
12 Ausgangsgröße für die Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags sind die gewerblichen Einkünfte im Sinne des § 35 EStG (siehe Rz. 10) nach Anwendung des § 2 Abs. 3 EStG.
13 Ist die Höhe der gewerblichen Einkünfte im Sinne des § 35 EStG vor Anwendung des § 2 Abs. 3 EStG nicht mit der Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor Anwendung des § 2 Abs. 3 EStG identisch, errechnet sich der Betrag der gewerblichen Einkünfte im Sinne des § 35 EStG nach Anwendung des § 2 Abs. 3 EStG wie folgt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einzelveranlagung: | ||
x | ||
Einkünfte aus
Gewerbebetrieb vor Anwendung des § 2 Abs. 3 EStG |
Das Ergebnis ist auf die vierte Nachkommastelle aufzurunden.
Zusammenveranlagung:
14 Werden Ehegatten zusammen veranlagt und haben beide Ehegatten Einkünfte aus Gewerbebetrieb, werden die gewerblichen Einkünfte im Sinne des § 35 EStG nach Anwendung des § 2 Abs. 3 EStG bei jedem Ehegatten gesondert entsprechend Rz. 13 ermittelt und anschließend zu einem Betrag zusammengefasst.
5.2 Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags
15 Der Ermäßigungshöchstbetrag wird dann unter Anwendung der folgenden Formel ermittelt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
x | tarifliche ESt i.S.d. § 35 Abs. 1 EStG (siehe Rz.3) | |
16 Soweit das Anrechnungsvolumen den Ermäßigungshöchstbetrag übersteigt, ist ein Vor- oder Rücktrag nicht zulässig.
17 Beispiel zur Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags: siehe Anlage
6. Steuerermäßigung bei Mitunternehmerschaften
6.1 Aufteilung nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel
18 Der anteilige Gewerbesteuer-Messbetrag von Mitunternehmern ist gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels zu ermitteln; auf die Verteilung im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb kommt es dabei nicht an. Dies gilt auch für Fälle der atypisch stillen Gesellschaft.
19 Für die Verteilung aufgrund des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels ist grundsätzlich die handelsrechtliche Gewinnverteilung maßgeblich. Diese ergibt sich entweder aus den gesetzlichen Regelungen des Handelsgesetzbuchs (HGB) oder aus abweichenden gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen.
20 Dies gilt jedoch nur insoweit, wie die handelsrechtliche Gewinnverteilung auch in steuerrechtlicher Hinsicht anzuerkennen ist. So sind steuerrechtliche Korrekturen der Gewinnverteilung bei Familienpersonengesellschaften in Fällen, in denen die gesellschaftsvertragliche Gewinnverteilung nicht anerkannt wird oder steuerrechtliche Korrekturen in Fällen, in denen eine unzulässige rückwirkende Änderung der Gewinnverteilungsabrede festgestellt wird, auch bei der Ermittlung des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG zu berücksichtigen.
21 Bei der Ermittlung des Aufteilungsmaßstabs für den Gewerbesteuer-Messbetrag sind Vorabgewinnanteile nach § 35 Abs. 3 Satz 22. Halbsatz EStG nicht zu berücksichtigen. Dies gilt auch für Sondervergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, die in ihrer Höhe nicht vom Gewinn abhängig sind, sowie die Ergebnisse aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen.
22 Demgegenüber sind gewinnabhängige Vorabgewinnanteile Bestandteil des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG. Dies gilt auch für gewinnabhängige Sondervergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
23 Bei einer OHG wird die Gewinnverteilung durch gesellschaftsvertragliche Regelungen wie folgt vorgenommen:
Als Gewinnvoraus erhalten die Geschäftsführer ihre ihnen nach dem Gesellschaftervertrag oder nach ihrem Geschäftsführervertrag zustehenden Tantiemen. Der Gewinnvoraus ist für alle Geschäftsführer zusammen auf höchstens 10 % des Jahresergebnisses begrenzt. In diesem Rahmen dürfen jedem einzelnen Geschäftsführer vertraglich bis zu 2 % des Jahresergebnisses als Tantieme zugebilligt werden.
Von dem verbleibenden Betrag erhält jeder Gesellschafter in Gewinnjahren eine Vorab-Zuweisung in Höhe von bis zu 7 % des Nominalbetrags seines Kapitalanteils (Kapitalkonto I).
Der Restbetrag ist nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels auf die Gesellschafter zu verteilen.
Lösung:
Die gewinnabhängigen Gewinnbestandteile unter a) und b), die vor der (abschließenden) Gewinnschlüsselung eines (eventuellen) Restbetrags den Gesellschaftern zugerechnet werden, hängen von der Höhe des von der OHG erzielten Gewinns ab. Deshalb müssen im Beispielsfall auch die unter Buchstaben a) und b) dargestellten Gewinnabreden als Bestandteil des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG angesehen werden.
24 Gewerbesteuer-Messbeträge aus gewerbesteuerpflichtigen Veräußerungsgewinnen sind ebenfalls entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen.
25 In die Aufteilung sind auch Gesellschafter einzubeziehen, für die eine Ermäßigung nach § 35 EStG nicht in Betracht kommt, beispielsweise Kapitalgesellschaften.
6.2 Besonderheiten bei mehrstöckigen Gesellschaften
26 Bei mehrstöckigen Mitunternehmerschaften sind die anteilig auf die Obergesellschaft entfallenden Gewerbesteuer-Messbeträge sämtlicher Untergesellschaften den Gesellschaftern der Obergesellschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels zuzurechnen (§ 35 Abs. 3 Satz 4 EStG). Dies gilt auch für die Zurechnung eines anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags einer Untergesellschaft an den mittelbar beteiligten Gesellschafter, wenn sich auf der Ebene der Obergesellschaft ein negativer Gewerbeertrag und damit ein Gewerbesteuer-Messbetrag von 0 Euro ergibt.
A ist zu 70 % an der GmbH & Co. KG I beteiligt, die wiederum zu 50 % an der GmbH & Co. KG II beteiligt ist. Für die GmbH & Co. KG II wird ein Gewerbesteuer-Messbetrag von 100 festgestellt. Dies führt damit zu einem der GmbH & Co. KG I für die Zwecke der Ermittlung des Ermäßigungsbetrags zuzurechnenden anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrag von 50 (50 % von 100 entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel).
Die GmbH & Co. KG I erzielt einen negativen Gewerbeertrag. Dies führt zu einem Gewerbesteuer-Messbetrag von 0. Dieser Betrag ist nach § 35 Abs. 3 Satz 4 EStG um den aus der Beteiligung an der GmbH & Co. KG II stammenden anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrag von 50 zu erhöhen und anteilig entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel dem Gesellschafter A zuzurechnen.
Bei A ist demnach ein anteiliger Gewerbesteuer-Messbetrag von 35 (70 % von 50) bei der Steuerermäßigung nach § 35 EStG zu berücksichtigen.
6.3 Der anteilige Gewerbesteuer-Messbetrag bei einer KGaA
28 Bei einer KGaA führt nur der auf die persönlich haftenden Gesellschafter entfallende Teil des Gewerbesteuer-Messbetrags zu einer Steuerermäßigung. Für die erforderliche Aufteilung des Gewerbesteuer-Messbetrags gilt die Regelung des § 35 Abs. 3 EStG. Zur Ermittlung des anteilig auf den persönlich haftenden Gesellschafter entfallenden Gewerbesteuer-Messbetrags ist ebenfalls auf den allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel (vgl. Rz. 18 ff.) abzustellen. Demnach ist das Verhältnis seines allgemeinen Gewinnanteils an der Gesellschaft, soweit er nicht auf seine Anteile am Grundkapital (Kommanditaktien) entfällt, zum Gesamtgewinn der KGaA maßgebend. Gewinnunabhängige Sondervergütungen werden bei der Ermittlung des Aufteilungsschlüssels nicht berücksichtigt. Erhält der persönlich haftende Gesellschafter neben seiner Ausschüttung auf seine Anteile am Grundkapital beispielsweise nur eine gewinnunabhängige Tätigkeitsvergütung, beträgt sein anteiliger Gewerbesteuer-Messbetrag immer 0 Euro.
6.4 Ermittlung des Gewerbesteuer-Messbetrags bei unterjähriger Unternehmensübertragung und Gesellschafterwechsel
29 Tritt ein Gesellschafter während des Wirtschaftsjahrs in eine Personengesellschaft ein oder scheidet er aus dieser aus, und besteht die Personengesellschaft fort, geht der Gewerbebetrieb nicht im Ganzen auf einen anderen Unternehmer über. Für Zwecke der Berechnung der Steuerermäßigung ist der für den Erhebungszeitraum festgestellte Gewerbesteuer-Messbetrag auf die einzelnen Gesellschafter aufzuteilen. Maßgeblich ist dabei der von den Gesellschaftern gewählte allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel einschließlich der Vereinbarungen, die anlässlich des Eintritts oder des Ausscheidens des Gesellschafters getroffen worden sind. Der Veräußerungs- und Aufgabegewinn des ausscheidenden Gesellschafters beeinflusst den allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nicht.
30 Wird ein Einzelunternehmen durch Aufnahme eines oder mehrerer Gesellschafter in eine Personengesellschaft umgewandelt oder scheiden aus einer Personengesellschaft alle Gesellschafter bis auf einen aus und findet dieser Rechtsformwechsel während des Kalenderjahrs statt, ist der für den Erhebungszeitraum ermittelte einheitliche Steuermessbetrag dem Einzelunternehmer und der Personengesellschaft anteilig zuzurechnen und getrennt festzusetzen (Abschn. 69 Abs. 2 GewStR). Die getrennte Festsetzung des anteiligen Steuermessbetrags ist jeweils für die Anwendung des § 35 EStG maßgeblich. Eine gesonderte Aufteilung des Gewerbesteuer-Messbetrags zwischen dem Einzelunternehmen und der Personengesellschaft ist daher nicht erforderlich.
31 Besteht die sachliche Gewerbesteuerpflicht bei Vorgängen nach dem UmwStG für das Unternehmen fort, obwohl der gewerbesteuerliche Steuerschuldner wechselt, so ergehen mehrere den Steuerschuldnerwechsel berücksichtigende Gewerbesteuer-Messbescheide mit Anteilen des einheitlichen Gewerbesteuer-Messbetrags. Diese Anteile sind bei der Ermittlung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG maßgeblich.
6.5 Zuständigkeit für die gesonderte Feststellung
32 Zuständig für die gesonderte Feststellung des anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags nach § 35 Abs. 3 EStG ist das für die gesonderte Feststellung der Einkünfte zuständige Finanzamt (§ 35 Abs. 4 Satz 2 EStG). Dabei sind die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags und die Festsetzung des anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft Grundlagenbescheide (§ 35 Abs. 4 Satz 4 EStG).
7. Ermäßigung bei Organschaften
33 In Organschaftsfällen wird die Steuerermäßigung nach 35 EStG nur gewährt, soweit der Gewerbesteuer-Messbetrag des Organkreises auf das Ergebnis des Organträgers und der Organgesellschaften, mit denen eine körperschaftsteuerliche Organschaft besteht, entfällt.
34 Im UntStFG wurden die Voraussetzungen der gewerbesteuerlichen Organschaft an die der körperschaftsteuerlichen Organschaft mit Wirkung ab Erhebungszeitraum 2002 angeglichen (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG). § 35 Abs. 2 EStG hat danach nur für den Veranlagungszeitraum 2001 Bedeutung.
35 Im Falle einer nur gewerbesteuerlichen Organschaft ist die Steuerermäßigung nach § 35 EStG auf den auf den Organträger entfallenden Anteil am Gewerbesteuer-Messbetrag des Organkreises zu begrenzen (§ 35 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 EStG). Der auf den Organträger entfallende Anteil am Gewerbesteuer-Messbetrag entspricht dem Verhältnis des Gewerbeertrags des Organträgers abzüglich des nach § 10 a GewStG zu berücksichtigenden Gewerbeverlusts zur Summe dieses Gewerbeertrags des Organträgers und der Gewerbeerträge aller Organgesellschaften. Negative Gewerbeerträge des Organträgers oder der Organgesellschaft sind dabei mit 0 DM anzusetzen. Vororganschaftliche Verluste der Organgesellschaft sind nur unmittelbar bei ihr abzuziehen. Die Gewerbeerträge werden vor Anwendung des § 11 GewStG, also vor Rundung und der Berücksichtigung von Freibeträgen, ins Verhältnis gesetzt.
36 Eine Begrenzung auf den Gewerbeertrag des Organträgers ist nicht vorzunehmen, soweit neben der gewerbesteuerlichen Organschaft auch eine körperschaftsteuerliche Organschaft besteht. Liegt neben einer nur gewerbesteuerlichen Organschaft mit einer Organgesellschaft auch eine gewerbe- und körperschaftsteuerliche Organschaft mit einer anderen Organgesellschaft vor, so ist der Gewerbeertrag des Organträgers im Rahmen der Verhältnisrechnung um den positiven Gewerbeertrag der Organgesellschaft aus der gewerbe- und körperschaftsteuerlichen Organschaft zu erhöhen bzw. um einen negativen Gewerbeertrag zu mindern. Der so ermittelte Gewerbeertrag des Organträgers ist im Rahmen der Verhältnisrechnung nach § 35 Abs. 2 EStG mindestens mit 0 DM anzusetzen (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG).
Die KG I ist Alleingesellschafterin der GmbH I und der GmbH II. Zwischen der KG I und der GmbH I besteht eine gewerbe- und körperschaftsteuerliche Organschaft und zwischen der KG I und der GmbH II eine rein gewerbesteuerliche Organschaft. Die KG I hat als Organträgerin einen Gewerbeertrag i. H. v. 500.000 DM. Der nach § 10 a GewStG abziehbare Gewerbeverlust beträgt 200.000 DM. Die GmbH I weist einen Gewerbeertrag von 100.000 DM aus und die GmbH II einen Gewerbeertrag von 250.000 DM. Zudem wurde für die GmbH II ein vortragsfähiger vororganschaftlicher Gewerbeverlust in Höhe von 50.000 DM zum Ende des letzten Erhebungszeitraums festgestellt.
Lösung:
Der nach § 35 Abs. 2 EStG berücksichtigungsfähige Anteil am Gewerbesteuer-Messbetrag des Organkreises wird wie folgt berechnet:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gewerbeertrag des Organträgers im EZ 2001: | 500.000 DM |
+ Summe der
Gewerbeerträge der Organgesellschaften, mit denen eine gewerbesteuer- und körperschaftsteuerliche Organschaft besteht (hier: GmbH I): | + 100.000
DM |
./. ein nach § 10a GewStG beim
Organträger abzuziehender Gewerbeverlust | - 200.000
DM |
= Summe 1: | 400.000 DM |
Summe der positiven
Gewerbeerträge der Organgesellschaften, mit denen nur eine gewerbesteuerliche Organschaft besteht (hier: GmbH II): | 250.000 DM |
./. abzüglich
diesen Organgesellschaften zuzuordnender vortragsfähiger vororganschaftlicher Gewerbeverlust | - 50.000 DM |
+ Summe 1 | + 400.000 DM |
=
Summe 2 | 600.000 DM |
Der nach § 35 Abs. 2 EStG berücksichtigungsfähige Anteil am Gewerbesteuer-Messbetrag des Organkreises beträgt 66,67 % des gesamten Gewerbesteuer-Messbetrags.
38 Ist eine nur gewerbesteuerliche Organschaft einer gewerbesteuerlichen und körperschaftsteuerlichen Organschaft ,,nachgeschaltet'', so ist nur der Anteil am Gewerbesteuer-Messbetrag des Organkreises nach § 35 Abs. 2 EStG berücksichtigungsfähig, der auf den originären Gewerbeertrag des Organträgers und der Organgesellschaft entfällt, mit der eine gewerbesteuerliche und körperschaftsteuerliche Organschaft besteht. Die Berechnung dieses Anteils erfolgt entsprechend der Rz. 35.
39 A ist Gesellschafter der KG I. Die KG I ist Alleingesellschafterin der GmbH I und diese wiederum AIleingesellschafterin der GmbH II. Zwischen der KG I und der GmbH I besteht eine gewerbesteuerliche und körperschaftsteuerliche Organschaft; zwischen der GmbH I und der GmbH II eine nur gewerbesteuerliche Organschaft.
Lösung:
A ist der Gewerbesteuer-Messbetrag der KG I entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nur insoweit anteilig zuzurechnen, wie er auf den originären Gewerbeertrag der KG I und der GmbH I entfällt. Soweit der Gewerbesteuer-Messbetrag auf die GmbH II entfällt, bleibt er bei der Aufteilung unberücksichtigt.
40 Die Feststellung des Anteils am Gewerbesteuer-Messbetrag nach § 35 Abs. 2 EStG führt das für die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags zuständige Finanzamt (§ 35 Abs. 4 Satz 1 EStG) durch.
Anlage: Beispiel zur Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags (Rz. 11 ff.):
Die zusammen veranlagten Ehegatten haben im Veranlagungszeitraum 2002 die folgenden Einkünfte und Sonderausgaben. Verlustvorträge im Sinne des § 10 d EStG sind nicht vorhanden. Die Voraussetzungen für die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 oder 3EStG für die Einkünfte nach § 16 EStG liegen vor:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ehemann | pos. Eink. | neg. Eink. | gew.
Eink. i.S.d. § 35 | Ehefrau | pos. Eink. | neg.
Eink. | gew. Eink. i.S.d. § 35 | ||
gewerbliche Einkünfte | |||||||||
nach § 15 | 50.000 | 50.000 | |||||||
nach § 16 | + 10.000 | 60.000 | 150.000 | ||||||
§ 20 | 1.000 | ||||||||
§ 21 | - 60.000 | ||||||||
Se. der pos./neg.
Einkünfte | 61.000 | - 60.000 | 50.000 | 150.000 | 0 | 0 | |||
vertikaler Verlustausgleich Ehemann: | 61.000 | ||||||||
Se. der pos.
Einkünfte | |||||||||
unbeschränkt bis 51.500 | - 51.500 | ||||||||
9.500 | |||||||||
davon 1/2 (beschränkter Ausgleich) | 4.750 | ||||||||
+ 51.500 | |||||||||
Höchstbetrag
Ehemann | 56.250 | - 56.250 | 56.250 | ||||||
pos. Eink.
Ehemann | 4.750 | ||||||||
verhältnismäßige
Aufteilung | |||||||||
§§ 15, 16 (60.000/61.000x
4.750) | 4.672 | 150.000 | |||||||
Davon
fallen auf gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 35 EStG: | |||||||||
4.672 x 50.000 / 60.000 | 3.893 | ||||||||
§ 20: (1.000
/ 61.000 x 4.750) | 78 | ||||||||
vertikaler
Verlustausgleich zwischen den Ehegatten: Se.d.pos.Eink. der Ehefrau | 150.000 | ||||||||
abzüglich horizontaler
VA | 0 | ||||||||
150.000 | |||||||||
unbeschränkt
abziehbar | 51.500 | ||||||||
davon
1/2 (beschr. Ausgleich)= | 49.250 | ||||||||
51.500 | |||||||||
Höchstbetrag
Ehefrau | 100.750 | ||||||||
bereits vertikal
ausgeglichen | 0 | ||||||||
verbliebener Höchstbetrag | 100.750 | ||||||||
maximal
vorhandenes Volumen | 3.750 | 3.750 | - 3.750 | ||||||
Zwischensumme | 4.750 | 0 | 3.893 | 146.250 | 0 | 0 | |||
+ 146.250 | |||||||||
Summe der
Einkünfte | 151.000 | 0 | 3.893 | ||||||
Sonderausgaben | - 6.000 | ||||||||
zu versteuerndes
Einkommen | 145.000 | 0 | 3.893 | 0 |
Tarifliche Einkommensteuer:
(Unter Berücksichtigung der Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG, die günstiger ist als die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG. Der Umfang der steuerbegünstigten Einkünfte nach § 34 EStG ermittelt sich nach R 197 EStR 2001.)
Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags für § 35 Abs. 1 EStG
Ermittlung der gewerblichen Einkünfte im Sinne des § 35 EStG nach Anwendung des § 2 Abs. 3 EStG:
Ehemann: Die gewerblichen Einkünfte nach § 35 EStG umfassen nach Rz. 10 die laufenden Einkünfte nach § 15 EStG (= 50.000 Euro). Hierauf ist die Formel nach Rz. 13 anzuwenden:
Tabelle in neuem Fenster öffnen50.000 € (laufende gewerbl. Eink. Ehemann)x 4.672 € (Eink. aus Gewerbebetrieb
nach Anwendung des § 2 Abs. 3 EStG= 3.893,3334 €60.000 € (Eink. aus Gewerbebetrieb Ehemann)Ehefrau: Die gewerblichen Einkünfte nach § 35 EStG umfassen nach Rz. 10 die laufenden Einkünfte nach § 15 EStG (= 0 Euro). Ein Anrechnungsvolumen ergibt sich daher nicht.
Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags:
Die jeweiligen gewerblichen Einkünfte des jeweiligen Ehegatten im Sinne des § 35 EStG nach Berücksichtigung des § 2 Abs. 3 EStG sind zusammenzurechnen und zur Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags in die Formel nach Rz. 15 einzusetzen.
Tabelle in neuem Fenster öffnen3.893,3334 € (Ehemann) + 0 € (Ehefrau)x 17.220 € (tarifliche Einkommensteuer)= 444 € (aufgerundetDer Ermäßigungshöchstbetrag im Beispielsfall beträgt somit 444 Euro. Eine Steuerermäßigung nach § 35 EStGüber diesen Betrag hinaus ist nicht möglich.
BMF v. - IV A 5
-S 2296 a - 16/02
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2002 I Seite 533
OAAAA-76875
1Erstmals anzuwenden ab Erhebungszeitraum 2002 (§ 36 Abs. 1 GewStG i. d. F. des UntStFG)
2 Erstmals anzuwenden für Veräußerungen, die nach dem erfolgen (§ 52 Abs. 34 Satz 1 EStG i. d. F. des UntStFG)
3In den Fällen des § 10 d EStG abzüglich des anteiligen Altersentlastungsbetrags und des anteiligen Freibetrags für Land- und Forstwirte sowie abzüglich des auf die gewerblichen Einkünfte entfallenden Verlustabzugs nach § 10 d EStG
4siehe Fußnote 3
5in den Fällen des § 10 d EStG abzüglich Altersentlastungsbetrag und Freibetrag für Land- und Forstwirte sowie abzüglich des Verlustabzugs nach § 10 d EStG