BGH Beschluss v. - 4 StR 84/20

Strafzumessung bei Nötigung: Berücksichtigung der Durchsetzung des Willens ohne Inanspruchnahme staatlicher Hilfe

Gesetze: § 46 Abs 3 StGB, § 240 StGB

Instanzenzug: LG Essen Az: 27 KLs 17/19

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchten besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Hausfriedensbruch, vorsätzlicher Körperverletzung und Nötigung in zwei Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision.

21. Soweit sich das Rechtsmittel des Angeklagten gegen den Schuldspruch wendet, hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

32. Der Strafausspruch hält hingegen revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.

4a) Im Fall 2 der Urteilsgründe (versuchter besonders schwerer Raub in Tateinheit mit Hausfriedensbruch) hat die Strafkammer gegen das Verbot der Doppelverwertung gemäß § 46 Abs. 3 StGB verstoßen, weil sie dem Angeklagten angelastet hat, dass er „eigenhändig ein ihm seiner Meinung nach zustehendes Recht“ durchsetzen wollte. Nach den hierzu getroffenen Feststellungen war der Angeklagte in eine fremde Wohnung eingedrungen und hatte dort unter Bedrohung des Wohnungsinhabers mittels eines Messers erfolglos versucht, eine „illegale Schusswaffe“ an sich zu bringen, für die er zuvor an einen Dritten 2.000 Euro bezahlt hatte. Mit der beanstandeten Wendung hat die Strafkammer dem Angeklagten letztlich zur Last gelegt, mit Wegnahmevorsatz und in der Absicht rechtswidriger Zueignung gehandelt zu haben. Beide Umstände erfüllen Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1685). Im Ergebnis Gleiches gilt, soweit die Strafkammer im Fall 5 der Urteilsgründe (Nötigung) zu Ungunsten des Angeklagten gewertet hat, dass er „meinte (), ohne Zuhilfenahme staatlicher Mittel seinen Willen durchsetzen zu können“. Auch insoweit hat das Landgericht dem Angeklagten die Begehung der Tat angelastet.

5b) Soweit die Strafkammer dem Angeklagten an anderer Stelle vorgeworfen hat, sich als „Richter und Henker in einer Person“ gebärdet zu haben und „der Rechtsordnung keinen Respekt“ entgegen zu bringen, lassen ihre Ausführungen besorgen, dass sie eine gefühlsmäßige, nicht mehr an den gesetzlichen Strafzwecken orientierte Strafzumessung vorgenommen hat (vgl. , NStZ-RR 2007, 195; Beschluss vom - 3 StR 303/05, NStZ 2006, 96; Beschluss vom - 2 StR 332/03; Beschluss vom - 1 StR 272/02, NStZ 2002, 646; Beschluss vom ‒ 2 StR 500/86, NStZ 1987, 405).

6Der Senat hat daher die Strafzumessung insgesamt aufgehoben.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:050520B4STR84.20.0

Fundstelle(n):
JAAAH-57358