BSG Beschluss v. - B 10 ÜG 1/20 R

Sozialgerichtliches Verfahren - korrekte Bezeichnung der Rechtsmittelschrift - keine Auslegung einer "Revision" in eine Nichtzulassungsbeschwerde - keine Möglichkeit der Umdeutung nach ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung - Anwendung der Grundsätze auch auf nicht rechtskundig Vertretene

Gesetze: § 160 Abs 1 SGG, § 160a Abs 1 S 1 SGG, § 133 BGB, § 140 BGB

Instanzenzug: Hessisches Landessozialgericht Az: L 6 SF 24/17 EK KR Urteil

Gründe

1I. Der Kläger begehrt eine Entschädigung wegen überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens vor dem SG Frankfurt am Main (S 18 KR 181/12) iHv von 5400 Euro. Er hat mit einem von ihm selbst unterzeichneten Schreiben vom , welches am beim BSG eingegangen ist, gegen das seinen damaligen Prozessbevollmächtigten am zugestellte Urteil des Entschädigungsgerichts vom Revision eingelegt und gleichzeitig die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.

2II. 1. Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen, weil die eingelegte Revision keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO). Die Revision gegen das Urteil des Entschädigungsgerichts vom ist nicht statthaft, weil sie weder vom Entschädigungsgericht noch durch einen Beschluss des BSG (vgl § 160a Abs 4 Satz 1 SGG) zugelassen worden ist (§ 160 Abs 1 SGG). Allein die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 160a Abs 1 SGG) wäre statthaftes Rechtsmittel gewesen, worauf der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils hingewiesen worden ist. Die ausdrücklich angestrebte Rechtsverfolgung bietet somit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

3Auch wenn die Revisionsschrift erkennen lässt, dass mit ihr das Urteil des Entschädigungsgerichts angegriffen werden soll, so ist eine Auslegung (nachfolgend a) oder Umdeutung (nachfolgend b) dahingehend, dass mit ihr das allein zulässige Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden sollte, nicht möglich (vgl dazu exemplarisch - juris RdNr 3 ff; - juris RdNr 3 ff).

4a) Eine Auslegung kommt nur in Betracht, wenn die abgegebene Erklärung mehrdeutig und damit auslegungsfähig wäre. Dafür ist indes kein Raum, weil der Kläger allein und ausdrücklich "Revision" eingelegt hat. Da der Wortlaut der Rechtsmittelschrift eindeutig ist und das vermeintliche Ziel, die Zulassung der Revision zu erreichen, in der Revisionsschrift nicht einmal angedeutet wird, kann nicht davon ausgegangen werden, dass das beabsichtigte Rechtsmittel nur falsch bezeichnet und in Wahrheit das statthafte Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt worden ist (vgl - juris RdNr 4).

5b) Eine Umdeutung der Revisionsschrift in eine statthafte Nichtzulassungsbeschwerde scheidet ebenfalls aus. Da das einzulegende Rechtsmittel in der Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich genannt ist, sind Irrtümer oder Verwechslungen bei der Bezeichnung des Rechtsmittels ausgeschlossen, wobei diese Grundsätze unabhängig davon gelten, ob der Rechtsmittelkläger rechtskundig vertreten ist (vgl - juris RdNr 5; - SozR 4-1500 § 158 Nr 1 S 4 f).

62. Die am privatschriftlich eingelegte Revision ist als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG). Denn sie ist mangels Zulassung nicht statthaft (§ 160 Abs 1 SGG) und Rechtsmittel können beim BSG formwirksam nur durch zugelassene Prozessbevollmächtigte eingelegt werden (§ 73 Abs 4 SGG).

73. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos eingelegten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

84. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3 Satz 1 sowie § 47 Abs 1 Satz 1 GKG.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2020:160620BB10UEG120R0

Fundstelle(n):
ZAAAH-54324