Auflösende Bedingung - Flugdienstuntauglichkeit - betriebliches Eingliederungsmanagement
Gesetze: § 1 TVG, § 21 TzBfG, § 17 TzBfG, § 15 Abs 2 TzBfG, § 167 Abs 2 SGB 9, § 84 Abs 2 SGB 9 vom , § 117 Abs 2 BetrVG, § 102 BetrVG
Instanzenzug: ArbG Frankfurt Az: 16 Ca 5440/17 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 11 Sa 286/18 Urteilnachgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 11 Sa 924/20 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund des Eintritts einer auflösenden Bedingung am geendet hat.
2Die Klägerin ist seit dem bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, als Flugbegleiterin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag vom zugrunde. Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise:
3Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme findet auf das Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag Nr. 2 für das Kabinenpersonal in der Fassung vom (im Folgenden MTV Nr. 2) Anwendung. In diesem Tarifvertrag ist ua. Folgendes geregelt:
4Die Klägerin war seit dem arbeitsunfähig erkrankt. Am wurde durch einen flugmedizinischen Sachverständigen die dauerhafte Flugdienstuntauglichkeit festgestellt.
5Mit Schreiben vom , der Klägerin zugegangen am , unterrichtete die Beklagte die Klägerin über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 20 Abs. 1 MTV Nr. 2 aufgrund der Flugdienstuntauglichkeit zum . In dem Schreiben heißt es ua.:
6Dem Schreiben vom war zudem ein Informationsblatt „Informationen zu einem Wechsel vom Bordbereich auf einen Bodenarbeitsplatz (Stand 01/11)“ beigefügt.
7Die Klägerin übersandte das Formblatt zur Interessenbekundung an einer Bodentätigkeit nicht bis zum an die Beklagte, sondern erst mit Schreiben vom , der Beklagten zugegangen am . Ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) wurde von der Beklagten nicht durchgeführt.
8Mit ihrer am beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am zugestellten Klage hat sich die Klägerin gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum gewandt. Sie hat die Ansicht vertreten, ihr Arbeitsverhältnis habe nicht kraft auflösender Bedingung gemäß § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 geendet. Die auflösende Bedingung trete nicht allein aufgrund der festgestellten Flugdienstuntauglichkeit ein, sondern nur dann, wenn keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit auf einem Bodenarbeitsplatz bestehe. Zur Prüfung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit sei die Beklagte verpflichtet gewesen, noch vor der Unterrichtung über den Bedingungseintritt ein bEM durchzuführen. Da sie, die Klägerin, zu keinem Zeitpunkt ein bEM oder eine Weiterbeschäftigung im Bodendienst abgelehnt habe, habe die Beklagte auch nicht von der Entbehrlichkeit eines bEM ausgehen dürfen. Ein mangelndes Interesse an einem Bodenarbeitsplatz könne insbesondere nicht aus der zunächst unterbliebenen Rücksendung des ihr mit Unterrichtung vom übersandten Formblatts abgeleitet werden. Ihrem Schweigen komme kein solcher Erklärungswert zu. Da die Beklagte entgegen den gesetzlichen Vorgaben kein bEM durchgeführt habe, treffe sie eine erweiterte Darlegungslast in Bezug auf das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Bodendienst. Dieser erweiterten Darlegungslast sei die Beklagte nicht nachgekommen. Geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten im Bodendienst seien vorhanden. Außerdem sei die Personalvertretung hinsichtlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht beteiligt worden.
9Die Klägerin hat - soweit in der Revision noch von Interesse - beantragt
10Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis der Parteien habe gemäß § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 aufgrund der dauerhaften Flugdienstuntauglichkeit der Klägerin am geendet. Eine Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin auf einem Bodenarbeitsplatz habe nicht bestanden. Sie sei nicht zur Suche nach einem freien Bodenarbeitsplatz verpflichtet gewesen, nachdem die Klägerin ihr Interesse hieran nicht bis zum bekundet habe. Die Zuweisung eines Bodenarbeitsplatzes könne nicht im Wege des Direktionsrechts erfolgen, sondern erfordere eine Änderung des Arbeitsvertrags. Hieran müsse der betroffene Arbeitnehmer mitwirken. Die Klägerin habe die erforderliche Zustimmung hierzu nicht erteilt. Sie habe vielmehr zum Ausdruck gebracht, kein Interesse an einem Bodenarbeitsplatz zu haben, da sie trotz gesetzter Erklärungsfrist das ihr zu diesem Zweck übersandte Formular erst nach Ablauf der Auslauffrist nach § 20 Abs. 1 Buchst. a iVm. § 22 Abs. 2 MTV Nr. 2 übersandt habe. Vor diesem Hintergrund habe das unterbliebene bEM keine Auswirkung auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des Bedingungskontrollverfahrens.
11Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit sie in der Revision anhängig ist, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte insoweit die Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
12Die Revision der Beklagten ist begründet. Soweit das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen hat, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache insoweit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht der Bedingungskontrollklage nicht stattgeben. Der Senat kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch Eintritt der auflösenden Bedingung in § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 beendet wurde.
13I. Die auflösende Bedingung gemäß § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 gilt nicht nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als eingetreten. Die Klägerin hat rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist nach §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG Bedingungskontrollklage erhoben.
141. Nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG gilt eine auflösende Bedingung als zu dem in der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber angegebenen Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung eingetreten, wenn der Arbeitnehmer den Nichteintritt der auflösenden Bedingung nicht innerhalb der Dreiwochenfrist nach §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG gerichtlich geltend gemacht hat ( - Rn. 16 mwN).
15Die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG beginnt bei Bedingungskontrollklagen grundsätzlich mit dem Tag, an dem die auflösende Bedingung eingetreten ist. Allerdings endet der auflösend bedingte Arbeitsvertrag nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der Bedingung. Deshalb wird gemäß §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG die Klagefrist erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der Bedingung beendet, in Lauf gesetzt, wenn die Bedingung bereits vor Ablauf der Zweiwochenfrist eingetreten ist (st. Rspr., vgl. - Rn. 39 mwN). Ist streitig, ob die auflösende Bedingung eingetreten ist, beginnt die Dreiwochenfrist grundsätzlich zu dem vom Arbeitgeber in dem Unterrichtungsschreiben angegebenen Zeitpunkt des Bedingungseintritts zu laufen ( - Rn. 15; - 7 AZR 292/17 - Rn. 17 mwN).
162. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat die Klägerin fristgemäß Bedingungskontrollklage erhoben. Die Beklagte hat die Klägerin mit Schreiben vom darüber unterrichtet, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Eintritts der auflösenden Bedingung gemäß § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 am enden werde. Die dreiwöchige Klagefrist endete damit nach § 193 BGB am . Die Klägerin hat die Bedingungskontrollklage bereits nach dem Zugang des Unterrichtungsschreibens der Beklagten vom mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am zugestellten Klageschrift erhoben. In der Klageschrift war zwar noch nicht der jetzt allein anhängige Bedingungskontrollantrag angekündigt. Die Klageschrift enthielt jedoch - neben zwei weiteren Feststellungsanträgen - einen allgemeinen Feststellungsantrag („festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände aufgelöst worden ist“). Außerdem hat die Klägerin mit der der Beklagten am zugestellten Klageerweiterung vom noch vor Ablauf der Klagefrist den jetzt noch streitgegenständlichen Antrag gestellt.
17II. Auf der Grundlage der bislang festgestellten Tatsachen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die in § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 geregelte auflösende Bedingung eingetreten ist.
181. Nach § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zu dem Zeitpunkt, zu dem nach Feststellung und Bekanntgabe der Flugdienstuntauglichkeit an den Betroffenen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 22 MTV Nr. 2 frühestens zulässig gewesen wäre, wenn durch eine fliegerärztliche Untersuchungsstelle festgestellt wird, dass der Mitarbeiter wegen körperlicher Untauglichkeit seinen Beruf nicht mehr ausüben kann. Diese Bestimmung gilt auch für nach § 22 Abs. 2 Satz 2 MTV Nr. 2 ordentlich unkündbare Arbeitnehmer, die - wie die Klägerin - über eine Beschäftigungszeit von mindestens 15 Jahren verfügen (vgl. zur inhaltsgleichen Regelung in § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 3 - zu B II 2 b der Gründe). Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Tarifvorschrift unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der tariflichen Regelungen sowie ihres Zwecks gesetzeskonform dahin einschränkend auszulegen ist, dass das Arbeitsverhältnis nicht endet, wenn für den flugdienstuntauglichen Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Bodendienst besteht. Das Landesarbeitsgericht hat aber verkannt, dass eine mögliche Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Bodendienst der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des flugdienstuntauglichen Arbeitnehmers aufgrund der auflösenden Bedingung nur dann entgegensteht, wenn der Arbeitnehmer seine Weiterbeschäftigung im Bodendienst spätestens bis zum Ablauf der nach §§ 20, 22 MTV Nr. 2 geltenden Auslauffrist vom Arbeitgeber verlangt ( - Rn. 49; - 7 AZR 292/17 - Rn. 26 ff. mwN). Dies ergibt die Auslegung der Tarifnorm.
19a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann ( - Rn. 19; - 7 AZR 561/16 - Rn. 26 mwN). Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. - Rn. 19 mwN).
20b) Zwar ist ein Weiterbeschäftigungsverlangen durch den flugdienstuntauglichen Mitarbeiter im MTV Nr. 2 - anders als etwa in § 33 Abs. 3 TVöD für erwerbsgeminderte Arbeitnehmer - nicht ausdrücklich vorgesehen. Ein solches Erfordernis ergibt sich aber aus dem Gesamtzusammenhang der Tarifnorm und aus ihrem Sinn und Zweck. So kann eine Weiterbeschäftigung des bisher im fliegerischen Dienst beschäftigten flugdienstuntauglichen Kabinenmitarbeiters im Bodendienst - wie § 20 Abs. 3 iVm. § 19 Abs. 3 Satz 2 MTV Nr. 2 zeigt - nicht zu unveränderten Arbeitsbedingungen erfolgen. Vielmehr setzt die Weiterbeschäftigung des flugdienstuntauglichen Arbeitnehmers neben einem freien und leistungsgerechten Arbeitsplatz im Bodendienst die Bereitschaft des Arbeitnehmers voraus, im Bodendienst zu geänderten Arbeitsbedingungen tätig zu werden. Der Arbeitgeber kann von einer solchen Bereitschaft aufgrund der erforderlichen Vertragsänderung nicht ohne weiteres ausgehen. Daher obliegt es dem Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber sein Interesse an der Weiterbeschäftigung im Bodendienst mitzuteilen ( - Rn. 27; vgl. zum Weiterbeschäftigungsverlangen im Fall einer auflösenden Bedingung bei der Bewilligung von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente: - zu I 2 c der Gründe, BAGE 102, 114; - 7 AZR 749/98 - zu A II 2 c aa der Gründe).
21c) Die Mitteilung muss dem Arbeitgeber vor dem nach §§ 20, 22 MTV Nr. 2 vorgesehenen Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der auflösenden Bedingung zugehen ( - Rn. 51). Die Tarifvorschrift über die auflösende Bedingung dient nicht nur dem Schutz des Arbeitnehmers vor Überbeanspruchung. Sie will auch dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung tragen, sich von einem Arbeitnehmer trennen zu können, der dauerhaft gesundheitsbedingt nicht in der Lage ist, seine vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Der Arbeitgeber muss, um entsprechende Personaldispositionen, zB durch Neueinstellungen, vornehmen zu können, die Möglichkeit haben zu prüfen, ob das Arbeitsverhältnis infolge der Flugdienstuntauglichkeit endet oder wegen Bestehens einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit fortbesteht. Dies erfordert, dass der Arbeitnehmer ihm noch vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der auflösenden Bedingung und damit vor Ablauf der in §§ 20, 22 MTV Nr. 2 genannten Frist mitteilt, ob er zu einer Beschäftigung im Bodendienst bereit ist ( - Rn. 27 f.). Für den ihm günstigen Umstand des Zugangs der Erklärung ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweisbelastet ( - Rn. 51). Hat der Arbeitnehmer seine Bereitschaft zu einer Tätigkeit im Bodendienst nicht fristgerecht gegenüber dem Arbeitgeber bekundet, kommt es für den Eintritt der auflösenden Bedingung auf derartige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nicht an.
22In einem solchen Fall ist es für den Eintritt der auflösenden Bedingung unerheblich, ob der Arbeitgeber ein nach § 167 Abs. 2 SGB IX (bis zum § 84 Abs. 2 SGB IX) gebotenes bEM pflichtwidrig unterlassen hat. Ein bEM ist keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2. Es hat lediglich Auswirkungen auf den Umfang der Darlegungslast des Arbeitgebers hinsichtlich des Fehlens von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für den Arbeitnehmer im Bodendienst ( - Rn. 32), auf die es aber nicht ankommt, wenn der Arbeitnehmer seine Weiterbeschäftigung im Bodendienst nicht - rechtzeitig - vom Arbeitgeber verlangt.
23Ein pflichtwidrig unterlassenes bEM führt auch nicht dazu, dass den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass der Arbeitnehmer nicht zu einer Tätigkeit im Bodendienst bereit war ( - Rn. 63). Zwar ist es denkbar, dass ein Arbeitnehmer seine Bereitschaftserklärung im Rahmen eines bEM abgibt. Diese Erklärung kann aber auch außerhalb eines bEM erfolgen und kann idR erwartet werden, wenn dem Arbeitnehmer mitgeteilt wird, dass er flugdienstuntauglich ist, sein Arbeitsverhältnis aus diesem Grund nach der tariflichen Regelung in § 20 MTV Nr. 2 enden wird und er überdies - wie im vorliegenden Fall die Klägerin - aufgefordert wird mitzuteilen, ob er an einer Tätigkeit im Bodendienst interessiert ist.
24d) Danach ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die auflösende Bedingung sei nicht eingetreten, da die Beklagte der ihr obliegenden - wegen eines unterbliebenen bEM erweiterten - Darlegungslast zum Fehlen von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin im Bodendienst nicht ausreichend nachgekommen sei, nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht nicht geprüft, ob die flugdienstuntaugliche Klägerin ihre Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen im Bodendienst innerhalb der Auslauffrist nach § 20 Abs. 1 Buchst. a, § 22 Abs. 2 MTV Nr. 2 von der Beklagten verlangt hat.
252. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung über die Bedingungskontrollklage. Der Senat kann auf der Grundlage der bislang getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht beurteilen, ob die Klägerin ihre Bereitschaft zu einer Tätigkeit im Bodendienst rechtzeitig gegenüber der Beklagten erklärt hat. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin ihre Bereitschaft zu einer Tätigkeit im Bodendienst durch das Schreiben vom , der Beklagten zugegangen am , angezeigt. Ob dies innerhalb der nach §§ 20, 22 MTV Nr. 2 vorgesehenen Auslauffrist lag, hängt davon ab, wann der Klägerin die Flugdienstuntauglichkeit bekanntgegeben wurde. Hierzu hat das Landesarbeitsgericht bislang keine Feststellungen getroffen.
26a) Das Arbeitsverhältnis endet nach § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zu dem Zeitpunkt, zu dem nach Feststellung und Bekanntgabe der Flugdienstuntauglichkeit an den Betroffenen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 22 MTV Nr. 2 frühestens zulässig gewesen wäre. Da die Klägerin mehr als zwölf Jahre bei der Beklagten beschäftigt war, betrug die Kündigungsfrist nach § 22 Abs. 2 MTV Nr. 2 sechs Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres. Die Flugdienstuntauglichkeit der Klägerin wurde am festgestellt. Es fehlen jedoch Feststellungen des Landesarbeitsgerichts dazu, wann der Klägerin ihre Flugdienstuntauglichkeit bekanntgegeben worden ist. Nach den vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Arbeitsgerichts hat der externe flugmedizinische Sachverständige Dr. A die dauernde Flugdienstuntauglichkeit mit Schreiben „vom “ (gemeint ist offensichtlich der ) festgestellt. Es ist jedoch weder ersichtlich, wann die Klägerin dieses Schreiben erhalten hat, noch, ob ihr das Ergebnis der flugmedizinischen Untersuchung bereits vor dem Zugang des Schreibens mündlich bekanntgegeben worden war. Sollte die Bekanntgabe noch vor dem erfolgt sein, hätte die Auslauffrist mit Ablauf des geendet. Sollte die Bekanntgabe erst Anfang Juli 2017 erfolgt sein, wäre die Auslauffrist erst am abgelaufen. Nur im letztgenannten Fall hätte die Klägerin ihr Interesse an einer Beschäftigung im Bodendienst mit ihrem Schreiben vom rechtzeitig bekundet.
27b) Neben dem Schreiben der Klägerin vom sind keine Umstände festgestellt oder vorgetragen, aus denen die Beklagte bis zum schließen musste, dass die Klägerin zu einer Tätigkeit im Bodendienst bereit gewesen wäre. Insbesondere enthält die Klageschrift vom keine entsprechende Erklärung. Ausweislich ihrer Ausführungen unter III. der Klagebegründung war die Klägerin der Auffassung, die Beklagte könne sie im Hinblick auf den „weiten arbeitsvertraglichen Versetzungsvorbehalt“ überall im Unternehmen einsetzen. Damit hat die Klägerin gerade nicht zum Ausdruck gebracht, ggf. bereit zu sein, den Arbeitsvertrag zu ändern.
28c) Es kann offenbleiben, ob die Beklagte nach den tariflichen Regelungen verpflichtet ist, einen flugdienstuntauglichen Arbeitnehmer aufzufordern, sich dazu zu erklären, ob er bereit ist, auf einem Arbeitsplatz am Boden tätig zu werden. Die Beklagte ist einer etwaigen Verpflichtung mit ihrem Schreiben vom in ausreichender Weise nachgekommen, indem sie die Klägerin aufgefordert hat, mit dem beiliegenden Formblatt bis zum mitzuteilen, ob sie an einer Tätigkeit am Boden interessiert ist (ebenso zu einem vergleichbaren Schreiben der Beklagten - Rn. 60). Ob die Beklagte in ihrem Schreiben vom und in dem beigefügten Formblatt ihre Pflichten, die durch die Anzeige der Bereitschaft des Arbeitnehmers, eine Tätigkeit am Boden auszuüben, ausgelöst werden, zutreffend dargestellt hat, bedarf vor diesem Hintergrund ebenfalls keiner Entscheidung (vgl. bereits - Rn. 60).
29d) Das Landesarbeitsgericht wird daher zu prüfen haben, ob der Klägerin die Flugdienstuntauglichkeit vor oder nach dem bekanntgegeben wurde. Davon hängt ab, ob die im Januar 2018 erfolgte Bereitschaftserklärung der Klägerin zu einer Tätigkeit im Bodendienst innerhalb der Auslauffrist lag. Sollte die Klägerin ihre Bereitschaft zu einer Bodentätigkeit nicht rechtzeitig angezeigt haben, wäre die auflösende Bedingung eingetreten. Wenn die Klägerin hingegen ihre Bereitschaft noch innerhalb der Auslauffrist nach §§ 20, 22 MTV Nr. 2 angezeigt haben sollte, wäre die auflösende Bedingung nicht eingetreten. Da die Beklagte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX in der hier maßgeblichen bis zum geltenden Fassung (seit dem § 167 Abs. 2 SGB IX) verpflichtet war, ein bEM durchzuführen und ein solches unterblieben ist, bestünde eine erweiterte Darlegungslast der Beklagten zum Fehlen von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Bodendienst (vgl. dazu zuletzt - Rn. 30 mwN), der die Beklagte nicht ausreichend nachgekommen ist.
30III. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Eintritt der auflösenden Bedingung hängt insbesondere nicht von einer Beteiligung der bei der Beklagten nach § 117 Abs. 2 BetrVG gebildeten Personalvertretung ab. Hierfür fehlt es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Eine solche findet sich nicht im Gesetz. Insbesondere ist § 102 BetrVG nicht entsprechend auf die Mitteilung des Bedingungseintritts iSv. § 21 iVm. § 15 Abs. 2 TzBfG anzuwenden. Auch die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen im MTV Nr. 2 und dem TV Personalvertretung sehen eine Beteiligung der Personalvertretung im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen aufgrund des Eintritts einer auflösenden Bedingung nicht vor ( - Rn. 42; - 7 AZR 350/18 - Rn. 64).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2020:200520.U.7AZR83.19.0
Fundstelle(n):
LAAAH-54064