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FG des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss v. - 3 KO 169/19

Gesetze: GKG § 3 Abs. 2, GKG § 5b, GKG § 39 Abs. 1, GKG § 45 Abs. 1 S. 1, GKG § 45 Abs. 1 S. 3, GKG § 66 Abs. 1 S. 1, GKG § 66 Abs. 7 S. 2, KV Nr. 9000 Nr. 1b, FGO § 69 Abs. 2 S. 2, FGO § 69 Abs. 3 S. 1, FGO § 77 Abs. 1 S. 3, KostVfg § 28 Abs. 2 S. 1, KostVfg § 28 Abs. 2 S. 2, KostVfg § 36 S. 2, KostVfg § 38 Abs. 2 S. 2, KostVfg § 38 Abs. 2 S. 3

Erinnerungsverfahren gegen Kostenrechnung als kontradiktorisches Verfahren

Voraussetzungen für Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Erinnerung

sofortige Zuständigkeit des Gerichts im funktionellen Sinne für eine Erinnerung sowie einen Antrag nach § 66 Abs. 7 GKG

Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung einer Kostenrechnung bei Verweis auf das Gericht als Justizbehörde für die Einlegung einer Erinnerung

keine Bindung der Gerichte an Kostenverfügung

keine Zusammenrechnung der Streitwerte bei Hauptantrag auf Aufhebung der Steuerfestsetzung und Hilfsantrag auf Erlass der festgesetzten Steuer aus Billigkeitsgründen

Dokumentenpauschale bei zweifacher Einreichung von Schriftsätzen per Fax

Leitsatz

1. Beim einem einen Kostenansatz betreffenden Erinnerungsverfahren handelt es sich um ein kontradiktorisches Verfahren; es gibt daher im Erinnerungsverfahren nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG wie auch im Verfahren nach § 66 Abs. 7 Satz 2 1. Halbsatz GKG einen Erinnerungsgegner; bei Kostenrechnungen des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ist Erinnerungsgegner nicht eine verselbständigte Staatskasse im Sinne eines Behördenprinzips, sondern das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Bezirksrevisorin (vgl. FG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss v. , 5 KO 87/18).

2. Das Gericht hat im Verfahren der Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Erinnerung nach § 66 Abs. 7 Satz 2 1. Halbsatz GKG eine Ermessensentscheidung zu treffen. Die aufschiebende Wirkung ist in Anlehnung an den Maßstab des § 69 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz FGO in Verbindung mit § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO und § 69 Abs. 2 Satz 3 FGO anzuordnen, wenn die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Kostenansatzes ernstlich zweifelhaft ist, d.h., wenn es ernstlich zweifelhaft ist, dass der Antragsteller durch ihn nicht in seinen Rechten verletzt ist oder aber bei offener Rechtslage, wenn die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige oder unzumutbare Härte zur Folge hätte. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung setzt also nicht stets voraus, dass dem Kostenschuldner ohne eben diese „unersetzbare Nachteile” drohten oder aber ihm die „Zahlung der Kostenrechnung” aus anderen Gründen „unzumutbar” sei.

3. Eine unzutreffende und somit rechtswidrige, der Kostenrechnung beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung löst keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kostenrechnung aus.

4. Die Erinnerung ist nicht beim Gericht als Justizbehörde, sondern beim Gericht im funktionellen Sinne, nämlich dem, das über die Erinnerung zu entscheiden hat, anzubringen. Gibt die Rechtsbehelfsbelehrung für die Einlegung einer Erinnerung das Gericht als Justizbehörde an, ist sie unrichtig.

5. Die Kostenverfügung bildet kein Gesetz im materiellen Sinne. Sie ist keine Rechtsverordnung, sondern eine bloße Verwaltungsanweisung und bindet als solche das Gericht im funktionellen Sinne nicht. Die sofortige funktionelle Zuständigkeit des Gerichts für eine eingelegte Erinnerung sowie für einen Antrag auf aufschiebende Wirkung der Erinnerung wird daher durch § 28 Abs. 2 Satz 1 KostVfg und § 28 Abs. 2 Satz 2 KostVfg, § 36 Satz 2 1. Halbsatz KostVfg sowie § 38 Abs. 2 Satz 2 KostVfg und § 38 Abs. 2 Satz 3 KostVfg nicht ausgeschlossen.

6. Wird im Hauptantrag die vollständige Aufhebung einer Steuerfestsetzung beantragt, so erhöhen die im Hilfsantrag beantragte teilweise Aufhebung der Steuerfestsetzung sowie der hilfsweise beantragte Erlass der Steuer aus Billigkeitsgründen nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht den aufgrund des Hauptantrags ermittelten Streitwert.

7. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob eine Dokumentenpauschale für zweifach per Telefax eingereichte und von der Empfangseinrichtung des Gerichts ausgedruckte Schriftsätze, die anderen Beteiligten nicht übermittelt worden sind, angesetzt werden kann. Eine Dokumentenpauschale fällt jedoch an, soweit das Gericht dem Beklagten Mehrfertigungen / Abschriften der von der Klägerin ausschließlich per Telefax eingereichten Schriftsätzen und Anlagen mit der Post übermittelt hat. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob diese einfach oder zweifach per Telefax eingereicht worden sind.

Fundstelle(n):
UAAAH-52710

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