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FG München Urteil v. - 10 K 1105/17 EFG 2020 S. 972 Nr. 14

Gesetze: EG-BeitrRL Art. 6 Abs. 1, EG-BeitrRL Art. 12 Abs. 3, GG Art. 19 Abs. 4, GG Art. 103 Abs. 1, FGO § 69, FGO § 114, FGO § 41 Abs. 1

Rechtsschutz gegen ein Vollstreckungsersuchen aufgrund eines ausländischen Titels

Verstoß gegen den ordre public

Leitsatz

1. Die Vollstreckung von Ersuchen eines EU-Mitgliedstaates verstößt gegen den „ordre public”, wenn die Vollstreckungsersuchen die Betreibung von Forderungen betreffen, gegen deren Festsetzung die Betroffenen nicht effektiv Rechtsschutz suchen konnten, weil die Forderungen nach dem nationalen Recht des ersuchenden Staates – obwohl der deutsche Wohnsitz der Betroffenen bekannt war – öffentlich bekanntgegeben werden durften.

2. Auch wenn die Entscheidung über die Begründetheit von Anfechtungen der Forderung oder des Vollstreckungstitels grundsätzlich in die ausschließliche Zuständigkeit der Instanzen des Mitgliedstaats fällt, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ist nicht auszuschließen, dass ausnahmsweise die Instanzen des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, befugt sind, zu prüfen, ob die Vollstreckung dieses Titels insbesondere die öffentliche Ordnung dieses Mitgliedstaats beeinträchtigen würde, und gegebenenfalls die Gewährung der Unterstützung ganz oder teilweise zu versagen oder sie von der Einhaltung bestimmter Voraussetzungen abhängig zu machen.

3. Die öffentliche Zustellung ist nur das „letzte Mittel” und wegen des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nur zu rechtfertigen, wenn eine andere Art der Zustellung aus sachlichen Gründen nicht oder nur schwer durchführbar wäre.

4. Geht es darum, eine behördliche Maßnahme abzuwehren, bietet die FGO dem Rechtssuchenden neben Einspruch und Anfechtungsklage einstweiligen Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung bzw. einstweilige Anordnung. Für eine Unterlassungsklage wäre nur dann Raum, wenn das erstrebte Schutzziel mit diesen Rechtsbehelfen nicht erreicht werden kann, wenn also substantiiert und in sich schlüssig dargetan wird, durch ein bestimmtes, künftig zu erwartendes Handeln einer Behörde in den Rechten verletzt zu sein und ein Abwarten der tatsächlichen Rechtsverletzung unzumutbar ist, weil die Rechtsverletzung dann nicht oder nur schwerlich wieder gutzumachen wäre.

5. Geht es dem Kläger insgesamt darum, dass überhaupt nicht gegen ihn vollstreckt werden soll, weil er eine Vollstreckung des ausländischen (hier: spanischen) Titels für rechtswidrig nach dem Maßstab deutscher Verfassungsgrundsätze erachtet, liegt nach Auffassung des Senats eine auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer künftigen Vollstreckung gerichtete Feststellungsklage vor.

Fundstelle(n):
DStR 2020 S. 10 Nr. 37
DStRE 2020 S. 1198 Nr. 19
EFG 2020 S. 972 Nr. 14
KÖSDI 2020 S. 21898 Nr. 9
IAAAH-49789

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