1) Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Einrichtung eines objektiven, verlässlichen und zugänglichen Systems zur Arbeitszeiterfassung (vgl.
[CCOO]) ergibt sich aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 31 Abs. 2 der EU-Grundrechte-Charta.
2) Die in Leitsatz 1) genannte Verpflichtung trifft den Arbeitgeber, ohne dass es hierzu einer
Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber oder einer richtlinienkonformen Auslegung des
§ 16 Abs. 2 ArbZG bedürfte.
3) Bei der Verpflichtung des Arbeitgebers, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen, handelt es sich auch um eine vertragliche Nebenpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Verletzt der Arbeitgeber diese vertragliche Nebenpflicht, gilt
der unter Vorlage von Eigenaufzeichnungen geleistete Vortrag des Arbeitnehmers, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers
zur Arbeit bereitgehalten hat, regelmäßig gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.
4) Die im Rahmen eines sogenannten „Bautagebuches“ in Anwendung der Regelungen der
Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) vom Arbeitgeber vorgenommenen
Aufzeichnungen genügen den Anforderungen eines objektiven, verlässlichen und zugänglichen Systems zur Arbeitszeiterfassung regelmäßig nicht.
Tatbestand
Fundstelle(n): BB 2020 S. 1715 Nr. 31 NWB-Eilnachricht Nr. 26/2020 S. 1908 ZIP 2020 S. 1094 Nr. 22 TAAAH-49499
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