Verwerfung einer Revision in Strafsachen als unzulässig: Umdeutung einer nicht ausgeführten Rüge der Verletzung formellen Rechts
Gesetze: § 344 Abs 2 S 2 StPO, § 349 Abs 1 StPO, § 211 StGB, § 212 StGB
Instanzenzug: Az: 2 StR 175/19 Beschlussvorgehend LG Darmstadt Az: 500 Js 50266/17 - 11 Ksnachgehend Az: 2 StR 175/19 Urteilnachgehend Az: 2 StR 175/19 Beschluss
Gründe
11. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Dagegen hat die Nebenklägerin G. A. eine auf die Verletzung formellen Rechts gestützte Revision eingelegt und ergänzend lediglich ausgeführt, der Angeklagte hätte wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt werden müssen.
2Nachdem der Generalbundesanwalt gemäß § 349 Abs. 1 StPO die Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig beantragt hatte, weil die einzig erhobene Rüge der Verletzung formellen Rechts nicht ausgeführt und daher gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO unzulässig sei (vgl. Franke, in: LR-StPO, 26. Aufl., § 349 Rn. 3; Gericke, in: KK-StPO, 8. Aufl., § 349 Rn. 7), macht die Nebenklägerin geltend, bei der Rüge der „Verletzung formellen Rechts“ handele es sich angesichts des eindeutig formulierten Ziels des Rechtsmittels um einen bloßen Schreibfehler. Hilfsweise beantragt sie fristgerecht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist und rügt nunmehr die Verletzung sachlichen Rechts. Bei der Rüge der Verletzung formellen Rechts habe es sich um ein Versehen ihres Nebenklägervertreters gehandelt, das sie nicht verschuldet habe.
32. Die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Revisionsbegründungsfrist kommt nicht in Betracht.
4Die Revision ist als unzulässig zu verwerfen.
5a) Eine Umdeutung der von dem Nebenklägervertreter eingelegten Formalrüge in eine Sachrüge scheidet aus. Zwar ist ein Irrtum des Beschwerdeführers in der Bezeichnung der Rüge unerheblich, wenn die wirkliche rechtliche Bedeutung des Revisionsangriffs dem Revisionsvorbringen eindeutig entnommen werden kann. Hier fehlt für eine entsprechende Auslegung jedoch eine hinreichende Grundlage. Das von der Revision einzig formulierte Anfechtungsziel - nämlich eine Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes statt wegen Totschlags - lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass statt der erhobenen Formalrüge die Erhebung der Sachrüge gewollt war.
6b) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheidet aus. Die Nebenklägerin hat bisher keine Frist versäumt. Wiedereinsetzung zur Behebung von Versäumnissen des Nebenklägervertreters bei der Revisionsbegründung kommt nicht in Betracht. Bereits ein Angeklagter muss sich Fehler seines Verteidigers und inhaltliche Mängel bei Fertigung der Revisionsbegründungsschrift zurechnen lassen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 345 Rn. 11a). Dies gilt erst recht für den Nebenkläger. Nach dem allgemeinen Verfahrensgrundsatz des § 85 Abs. 2 ZPO müssen sich Verfahrensbeteiligte, die sich nicht gegen einen Schuldvorwurf verteidigen, das Verschulden ihres Vertreters stets zurechnen lassen (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 44 Rn. 19 mwN).
7c) Die nach alledem nicht ausgeführte Formalrüge ist als unzulässig zu verwerfen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:191119B2STR175.19.1
Fundstelle(n):
TAAAH-48021