1. Sind eine nationale Rechtsauslegung und eine nationale Praxis, wonach bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für das Recht auf Vorsteuerabzug der Besitz einer Rechnung, die die in Art. 226 der Richtlinie 2006/112 vorgeschriebenen Angaben enthält, allein nicht ausreicht, sondern der Steuerpflichtige, um aufgrund der betreffenden Rechnung zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, neben der Rechnung auch über weitere Belege verfügen muss, die nicht nur den Bestimmungen der Richtlinie 2006/112, sondern auch den Grundsätzen der nationalen Rechnungslegungsvorschriften und den spezifischen Bestimmungen für Belege genügen müssen, und verlangt wird, dass sich alle an der Lieferkette Beteiligten an jede Einzelheit des wirtschaftlichen Vorgangs, der durch diese Belege dokumentiert wird, erinnern und sich dazu übereinstimmend erklären, mit Art. 168 Buchst. a und Art. 178 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit Art. 220 Buchst. a und Art. 226 dieser Richtlinie und mit dem Effektivitätsgrundsatz vereinbar?
2. Sind eine nationale Rechtsauslegung und eine nationale Praxis, wonach im Fall eines Reihengeschäfts - unabhängig von allen anderen Umständen - ausschließlich deshalb, weil es sich um ein Geschäft dieser Art handelt, jeder an der Lieferkette Beteiligte verpflichtet wird, die Elemente des von ihnen durchgeführten wirtschaftlichen Vorgangs zu kontrollieren und aus dieser Kontrolle Konsequenzen hinsichtlich eines sich auf einer anderer Stufe der Lieferkette befindlichen Steuerpflichtigen abzuleiten, und dem Steuerpflichtigen das Recht auf Vorsteuerabzug mit dem Argument versagt wird, dass die durch die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nicht verbotene Ausgestaltung der Lieferkette wirtschaftlich nicht angemessen gerechtfertigt werden könne, mit den Bestimmungen der Richtlinie 2006/112/EG über den Vorsteuerabzug und dem Grundsatz der Steuerneutralität und dem Effektivitätsgrundsatz vereinbar? Sind in diesem Zusammenhang im Fall eines Reihengeschäfts bei der Prüfung der objektiven Umstände, die die Versagung des Rechts auf Vorsteuerabzug rechtfertigen können, bei der Feststellung, ob die sie stützenden Nachweise erheblich und beweiskräftig sind, und deren Würdigung als materielle Rechtsvorschriften, die festlegen, welche Tatsachen für die Feststellung des Sachverhalts einschlägig sind, nur die den Steuerabzug betreffenden Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 und des nationalen Rechts anwendbar oder als Sonderregelung auch die Rechnungslegungsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats?
3. Sind eine nationale Rechtsauslegung und eine nationale Praxis, wonach einem Steuerpflichtigen, der die Gegenstände für die Zwecke seiner Umsätze verwendet, die in dem Mitgliedstaat besteuert werden, in dem er sie bewirkt, und der über eine der Richtlinie 2006/112 entsprechende Rechnung verfügt, mit der Begründung, dass ihm nicht sämtliche Elemente des von den an der Lieferkette Beteiligten durchgeführten Geschäfts bekannt seien, oder wegen Umständen, die bei an der Lieferkette Beteiligten eingetreten sind, die sich auf einer Umsatzstufe befinden, die vor der des Rechnungsaussteller liegt, und auf die der Steuerpflichtige aus von ihm unabhängigen Gründen nicht einwirken konnte, das Recht auf Vorsteuerabzug verweigert wird und das Recht auf Vorsteuerabzug von der Voraussetzung abhängig gemacht wird, dass der Steuerpflichtige im Rahmen der ihm obliegenden angemessenen Maßnahmen nicht nur vor dem Vertragsschluss, sondern auch während der Durchführung des Geschäfts bis zur Erfüllung und sogar danach eine allgemeine Überprüfungspflicht erfüllt, mit den den Vorsteuerabzug betreffenden Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 und dem Grundsatz der Steuerneutralität und dem Effektivitätsgrundsatz vereinbar? Ist der Steuerpflichtige in diesem Zusammenhang verpflichtet, das Recht auf Vorsteuerabzug nicht wahrzunehmen, wenn er bei irgendeinem Element der in der Rechnung angegebenen wirtschaftlichen Tätigkeit im Anschluss an den Vertragsschluss während der Durchführung oder danach eine Unregelmäßigkeit bemerkt oder ihm ein Umstand bekannt wird, die bzw. der nach der Praxis der Steuerbehörde die Versagung des Rechts auf Vorsteuerabzug zur Folge hat?
4. Ist die Steuerbehörde aufgrund der Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 über den Vorsteuerabzug und des Effektivitätsgrundsatzes verpflichtet, anzugeben, worin der Steuerbetrug besteht, und ist in Anbetracht dieser Bestimmungen und dieses Grundsatzes ein Vorgehen der Steuerbehörde angemessen, wonach Mängel und Unregelmäßigkeiten, die bei an der Lieferkette Beteiligten aufgedeckt werden und keinen Kausalzusammenhang mit dem Recht auf Vorsteuerabzug aufweisen, mit der Begründung als Beweis für einen Steuerbetrug angesehen werden, dass sie die Rechnung inhaltlich nicht glaubhaft erscheinen lassen und der Steuerpflichtige somit von dem Steuerbetrug wusste oder wissen musste? Rechtfertigt das etwaige Vorliegen eines Steuerbetrugs, dass vom Steuerpflichtigen verlangt wird, dass er eine Überprüfung durchführt, die so umfangreich ist und so tief und so weit geht, wie oben dargestellt, oder geht dies über das hinaus, was der Effektivitätsgrundsatz erfordert?
5. Ist eine mit der Versagung des Rechts auf Vorsteuerabzug verbundene Sanktion verhältnismäßig, die in der Verpflichtung zur Entrichtung eines Steuergeldbuße in Höhe von 200 % der Steuerdifferenz besteht, wenn dem Fiskus kein Steuerausfall entstanden ist, der mit dem Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug unmittelbar zusammenhängt? Lässt sich der Tatbestand des § 170 Abs. 1 S. 3 des adozas rendjerol szolo 2003. evi XCII. törveny (Gesetz Nr. XCII von 2003 über die Besteuerungsordnung) feststellen, wenn der Steuerpflichtige der Steuerbehörde sämtliche in seinem Besitz befindlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt und die ihm ausgestellten Rechnungen in seine Steuererklärung aufgenommen hat?
6. Kann, wenn sich aus den Antworten auf die Vorlagefragen ergibt, dass die nach Erlass des [Beschlusses vom ,] Signum Alfa Sped [C-446/15, EU:C:2016:869,] vorgenommene nationale Rechtsauslegung und die sich auf dieser Grundlage herausgebildete Praxis nicht mit den den Vorsteuerabzug betreffenden Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 vereinbar sind, in Anbetracht dessen, dass das erstinstanzliche Gericht den Gerichtshof nicht in jedem einzelnen Verfahren um Vorabentscheidung ersuchen kann, auf der Grundlage von Art. 47 der Charta der Grundrechte davon ausgegangen werden, dass dem Steuerpflichtigen durch das Recht auf Erhebung einer Schadensersatzklage das in diesem Artikel garantierte Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren gewährleistet ist? Kann in diesem Zusammenhang die für die Entscheidung in der Rechtssache Signum Alfa Sped gewählte Entscheidungsart dahin ausgelegt werden, dass die Frage bereits durch das Gemeinschaftsrecht geregelt und durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt worden ist und damit offenkundig war, oder bedeutet es, dass angesichts dessen, dass ein neues Verfahren eingeleitet wurde, die Frage nicht vollständig geklärt war und daher die Pflicht bestand, um Vorabentscheidung zu ersuchen?
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