BVerwG Beschluss v. - 8 B 39/18

Niedersächsischer Erlaubnisvorbehalt für den Betrieb von Spielhallen mit Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar

Gesetze: Art 125a Abs 1 S 2 GG, § 33i GewO, § 24 Abs 1 GlüStVtr ND 2012

Instanzenzug: OVG Lüneburg Az: 11 LC 403/17 Urteilvorgehend VG Oldenburg (Oldenburg) Az: 7 A 2400/17

Gründe

1Die Klägerin betrieb ab Oktober 2008 eine Spielhalle in einem Mehrfachkomplex mit drei weiteren Spielhallen. Im September 2015 beantragte sie ebenso wie die Betreiberinnen der drei weiteren Spielhallen die Erteilung von Erlaubnissen nach § 24 Abs. 1 GlüStV. Die Beklagte wies die Klägerin darauf hin, dass eine glücksspielrechtliche Erlaubnis wegen des Verbundverbotes nur für eine der vier Spielhallen erteilt werden könne. Die Auswahlentscheidung zwischen den vier Antragstellerinnen traf sie im Juli 2016 in einem Losverfahren, das zuungunsten der Klägerin ausging. Mit Bescheid vom lehnte sie den Erlaubnisantrag der Klägerin ab. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Vor dem Oberverwaltungsgericht hat die Klägerin vorrangig die Feststellung begehrt, dass der Betrieb ihrer Spielhalle keiner Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV bedürfe. Hilfsweise hat sie weiterhin die Erteilung einer solchen Erlaubnis begehrt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Die Vorschriften der §§ 24 f. GlüStV seien verfassungskonform. Die Regelung des Erlaubnisvorbehalts in § 24 Abs. 1 GlüStV verstoße insbesondere nicht gegen Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG. Ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Erlaubnis stehe der Klägerin nicht zu.

2Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Grundsatzrüge setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt ( 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14).

3Die Klägerin wirft die Frage auf, wie im Anwendungsbereich des Art. 125a Abs. 1 GG

"in Fällen, in denen Bundes- durch Landesrecht nicht ganz, sondern nur zum Teil ersetzt wird, wie es vorliegend der Fall ist, eine zulässige (Teil-) Ersetzung von einer unzulässigen Ergänzung des Bundes- durch Landesrecht abzugrenzen ist."

4Diese Frage kann nicht zur Zulassung der Revision führen. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 125a Abs. 2 Satz 2 GG ist geklärt, dass eine Ersetzung von Bundesrecht im Sinne der Vorschrift erfordert, dass der Landesgesetzgeber die Materie, hinsichtlich derer der Bundesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz verloren hat, gegebenenfalls auch einen abgrenzbaren Teilbereich, in eigener Verantwortung regelt (vgl. - BVerfGE 111, 10 <29 f.>). Sind diese Maßgaben eingehalten, liegt ein Verstoß gegen Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG jedenfalls nicht vor (vgl. - juris Rn. 11 f.; 8 C 16.16 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 304 Rn. 28). Daraus folgt für die von der Klägerin aufgeworfene Frage, dass eine "Ergänzung" des Bundesrechts durch Landesrecht zulässig ist, wenn sie die vorgenannten Maßgaben einhält.

5Die sinngemäß aufgeworfene weitere Frage, unter welchen Voraussetzungen ein "abgrenzbarer Teilbereich" des Bundesrechts anzunehmen ist, der nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG zulässigerweise durch Landesrecht ersetzt werden darf, und unter welchen Voraussetzungen im Gegensatz dazu eine "unübersichtliche Gemengelage von Bundes- und Landesrecht" besteht, rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Sie entzieht sich in ihrer Allgemeinheit einer Klärung im Revisionsverfahren. Die von der Klägerin angestrebte weitere Klärung der Maßstäbe für die Abgrenzung verfassungsrechtlich zulässiger Ersetzungen von verfassungsrechtlich unzulässigen Änderungen einer bundesgesetzlich geregelten Rechtsmaterie, für die der Bundesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz verloren hat, könnte sie in einem Revisionsverfahren nicht erreichen. Unabhängig davon ist in der Rechtsprechung des Senats bereits geklärt, dass die Schaffung eines weiteren landesrechtlichen Erlaubnistatbestandes für den Betrieb von Spielhallen, der neben den Erlaubnistatbestand des § 33i GewO tritt, mit Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar ist (vgl. 8 C 16.16 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 304 Rn. 28 f.). Der Hinweis der Klägerin, die zitierte Rechtsprechung des Senats sei zum sächsischen Landesrecht ergangen, das nicht wörtlich mit dem hier zu beurteilenden niedersächsischen Landesrecht übereinstimme, zeigt über die dargelegten Maßstäbe hinaus keinen weiteren Klärungsbedarf auf. Vielmehr erschöpft sich ihr diesbezügliches Vorbringen in einer Kritik an der materiell-rechtlichen Würdigung der Vorinstanz.

6Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2019:200619B8B39.18.0

Fundstelle(n):
TAAAH-43553