Teil II: Normen betreffend die Verfügbarkeit, den Umfang und die Ausübung von Rechten des geistigen Eigentums
Abschnitt 5: Patente
Artikel 31bis [1]
(1) Die sich aus Artikel 31 Buchstabe f ergebenden Verpflichtungen eines Ausfuhrstaats erstrecken sich nicht auf die Erteilung von Zwangslizenzen, soweit sie für die Herstellung von Arzneimitteln und deren Ausfuhr in einen anspruchsberechtigten Einfuhrstaat nach Maßgabe der Bestimmungen in Absatz 2 des Anhangs zu diesem Übereinkommen notwendig sind.
(2) Erteilt ein Ausfuhrstaat im Rahmen des in diesem Artikel und dem Anhang zu diesem Übereinkommen vorgesehenen Systems eine Zwangslizenz, so ist in dem Ausfuhrstaat eine angemessene Vergütung gemäß Artikel 31 Buchstabe h zu zahlen, die den wirtschaftlichen Wert der dem Einfuhrstaat zugestandenen Nutzung berücksichtigt. Wird in einem anspruchsberechtigten Einfuhrstaat eine Zwangslizenz für dieselben Produkte erteilt, so erstreckt sich die aus Artikel 31 Buchstabe h ergebende Verpflichtung dieses Mitglieds nicht auf Produkte, für die in dem Ausfuhrstaat eine Vergütung gemäß Satz 1 dieses Absatzes gezahlt wurde.
(3) Im Hinblick auf die Nutzung von Größenvorteilen zur Stärkung der Kaufkraft für Arzneimittel sowie zur Förderung ihrer lokalen Herstellung gilt Folgendes: Gehört ein Entwicklungsland oder eines der am wenigsten entwickelten Länder unter den WTO-Mitgliedern einem regionalem Handelsabkommen gemäß Artikel XXIV des GATT 1994 und dem Beschluss vom zur differenzierten und günstigeren Behandlung, Gegenseitigkeit und verstärkten Teilnahme der Entwicklungsländer (L/4903) an, was derzeit auf mehr als die Hälfte der am wenigsten entwickelten Länder laut aktueller Liste der Vereinten Nationen zutrifft, so erstreckt sich seine aus Artikel 31 Buchstabe f ergebende Verpflichtung nicht auf die Ausfuhr eines in sein Hoheitsgebiet eingeführten oder dort hergestellten Arzneimittels in andere Entwicklungsländer oder am wenigsten entwickelte Länder, wenn diese auch dem betreffenden regionalen Handelsabkommen angehören und von demselben Problem im Bereich der öffentlichen Gesundheit betroffen sind. Dabei wird davon ausgegangen, dass dies die Territorialitätsbezogenheit der betreffenden Patentrechte nicht beeinträchtigt.
(4) Die Mitglieder legen gegen Maßnahmen, die mit diesem Artikel und dem Anhang zu diesem Übereinkommen im Einklang stehen, keine Beschwerde gemäß Artikel XXIII Absatz 1 Buchstaben b und c des GATT 1994 ein.
(5) Dieser Artikel und der Anhang zu diesem Übereinkommen lassen die Rechte, Pflichten und Flexibilitäten der Mitglieder im Rahmen dieses Übereinkommens, mit Ausnahme von Artikel 31 Buchstaben f und h, einschließlich derer, die in der Erklärung über das TRIPS-Übereinkommen und die öffentliche Gesundheit (WT/MIN(01)/DEC/2) bekräftigt wurden, sowie deren Auslegung unberührt. Sie finden auch insoweit keine Anwendung, als eine Ausfuhr unter Zwangslizenz hergestellter Arzneimittel im Einklang mit Artikel 31 Buchstabe f möglich ist.
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KAAAH-42934
1Anm. d. Red.: Art. 31bis eingefügt gem. Protokoll v. (ABl 2007 Nr. L 311 S. 37) i. V. mit Mitteilung v. WTO 17-0584, WT/Let/1236 mit Wirkung v. ; zur aktualisierten Liste der Mitglieder, die zugestimmt haben, siehe https://www.wto.org/english/tratop_e/trips_e/amendment_e.htm.