Ertragsteuerliche Behandlung des Breitbandausbaus und der Erbringung von Telekommunikationsleistungen durch juristische Personen des öffentlichen Rechts und ihre Eigengesellschaften
Bezug: BStBl 2009 I S. 1303
Die Körperschaftsteuer-Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben zuletzt wiederholt Fragen zur steuerlichen Würdigung des Breitbandausbaus erörtert. Das BMF hat die Ergebnisse dieser Erörterungen mit Schreiben vom der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und dem Verband kommunaler Unternehmen e.V. mitgeteilt.
Die unterschiedlichen Tätigkeiten im Rahmen des Breitbandausbaus durch juristische Personen des öffentlichen Rechts bzw. deren Eigengesellschaften lassen sich demnach wie folgt steuerlich einordnen:
1. Annahme eines Betriebs gewerblicher Art "Breitbandausbau"
Die Überlassung von Leerrohren ohne Glasfaserkabel durch Gebietskörperschaften an (zukünftige) Netzbetreiber stellt eine körperschaftsteuerrechtlich irrelevante Vermögensverwaltung dar.
Mit der Überlassung der gesamten passiven Infrastruktur (Leerrohre mit Glasfaserkabel sowie weiterer erforderlicher technischer Komponenten) an Netzbetreiber begründen Gebietskörperschaften einen Verpachtungs-Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 4 Abs. 4 KStG, wenn die Verpachtung als entgeltlich anzusehen ist (vgl. R 4.3 KStR 2015).
Betreibt die Gebietskörperschaft das Breitband-Netz selbst (z.B. Angebot von Breitbanddiensten an Endkunden oder Überlassung der Breitbandinfrastruktur an verschiedene private Telekommunikationsunternehmen), liegt ein "aktiver" Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 4 Abs. 1 KStG vor.
2. Zusammenfassung mit anderen Betrieben gewerblicher Art
Ein Betrieb gewerblicher Art "Breitbandausbau" ist - mangels expliziter Nennung im Gesetz - kein Versorgungsbetrieb im Sinne des § 4 Abs. 3 KStG und einer Zusammenfassung gem. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 KStG mithin nicht zugänglich (vgl. Rdnr. 13 des BStBl 2009 I S. 1303). Gleichwohl stellt er im Hinblick auf seinen Geschäftszweck der Versorgung der Bevölkerung mit hochleistungsfähiger Breitbandinfrastruktur einen Versorgungsbetrieb im Bereich der Telekommunikation dar, der wegen Gleichartigkeit gem. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG mit den Versorgungsbetrieben im Sinne des § 4 Abs. 3 KStG zusammengefasst werden kann.
3. Behandlung von Verlusten eines Betriebs gewerblicher Art "Breitbandausbau"
Wird das Vorhaben "Breitbandausbau" durch staatliche Zuwendungen (z. B. nach der Richtlinie "Förderung zur Unterstützung des Breitbandausbaus in der Bundesrepublik Deutschland") subventioniert, kann im Hinblick auf die Zuwendungsbedingungen, die regelmäßig vorsehen, dass die Netzinfrastruktur schlussendlich an Dritte veräußert werden soll, unterstellt werden, dass ein einheitliches Gesamtkonzept aus laufender Verpachtung (im Fall des Verpachtungs-Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 4 Abs. 4 KStG) bzw. aus laufendem Betrieb (im Fall des "aktiven" Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 4 Abs. 1 KStG) und anschließender Veräußerung besteht, mit dem eine schwarze Null angestrebt wird. Aus einem solchen Gesamtkonzept resultiert keine verdeckte Gewinnausschüttung.
Liegen diese Voraussetzungen hingegen nicht vor und erzielt der Betrieb gewerblicher Art "Breitbandausbau" dauerhaft Verluste, die die Voraussetzungen für eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Trägerkörperschaft erfüllen, ist § 8 Abs. 7 KStG nicht anwendbar, da die mit dem Breitbandausbau verbundenen Tätigkeiten nicht von § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG erfasst sind.
4. Ausüben der Tätigkeit "Breitbandausbau" durch eine Eigengesellschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts
Die Grundsätze zu 1.-3. gelten, auch im Hinblick auf die Spartenrechnung gem. § 8 Abs. 9 KStG, entsprechend, wenn eine Eigengesellschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts den Breitbandausbau betreibt.
5. Erbringung sonstiger Telekommunikationsleistungen durch juristische Personen des öffentlichen Rechts
Unterhält eine juristische Person des öffentlichen Rechts außerhalb der Breitbandversorgung gem. der Punkte 1.-3. dieser Verfügung Betriebe gewerblicher Art im Bereich der Telekommunikation, sind diese als Versorgungsbetriebe und somit als gleichartig zu den Versorgungsbetrieben im Sinne des § 4 Abs. 3 KStG anzusehen. Eine Zusammenfassung gem.§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG ist insoweit möglich. Rdnr. 9 und 10 des BStBl 2009 I S. 1303, sind entsprechend anzuwenden.
Dies gilt auch für die Beurteilung derartiger Leistungen im Rahmen der Spartenrechnung gem. § 8 Abs. 9 KStG, wenn eine Eigengesellschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts entsprechende Telekommunikationsleistungen erbringt. In Zweifelsfällen bitte ich um Rücksprache.
6. Anwendungszeitpunkt
Die oben genannten Grundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
OFD
Nordrhein-Westfalen v. - S
2706-2017/0011-St 15
Fundstelle(n):
DStZ 2020 S. 183 Nr. 6
WAAAH-42379