Schätzung bei Kassenführungsmängeln, Schätzungsbefugnis des Finanzgerichts, Unsicherheitszuschlag, Verböserungsverbot in Klageverfahren
Leitsatz
1) Tätigt der Stpfl. vorwiegend Bargeschäfte, können Mängel der Kassenführung der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit
nehmen und das FA zur Schätzung des Gewinns berechtigen. Gravierende formelle Buchführungsmangel sind gegeben, wenn der Stpfl.
seine Buchführung mittels eines Tabellenkalkulationsprogramms (Numbers für Mac) erstellt und eine Kassensturzfähigkeit wegen
unzutreffender Aufzeichnungen im Kassenbuch nicht gewährleistet ist.
2) Bei einem Restaurantbetrieb ist die Schätzung mittels (Un-)Sicherheitszuschlags die geeignetste Schätzungsmethode, wenn
ein innerer Betriebsvergleich in Form einer Aufschlagkalkulation aufgrund des umfangreichen Speisenangebots mit schwankenden
Einkaufspreisen der Hauptzutaten ausscheidet und auch eine Geldverkehrs- und Vermögenszuwachsrechnung nicht durchführbar ist.
3) Im Rahmen der Bestimmung eines angemessenen und zutreffenden Sicherheitszuschlages ist auch das Maß der Verletzung der
dem Steuerpflichtigen obliegenden Mitwirkungspflichten zu berücksichtigen. Ein (Un-)Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % ist
sachgerecht, wenn aufgrund der gravierenden formellen Mängel bei der Kassenaufzeichnung nachprüfbare Unterlagen fehlen, die
die Feststellung ermöglichen, ob bzw. inwieweit die Kassenumsätze und damit auch die vom Stpfl. erklärten Gewinne tatsächlich
richtig sind.
4) Führt die Schätzung des Finanzgerichts zu Besteuerungsgrundlagen, die über den vom FA geschätzten Beträgen liegen, hindert
das Verböserungsverbot des § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO, die streitbefangenen Steuerfestsetzungen zum Nachteil des Stpfl. zu ändern.
Fundstelle(n): AO-StB 2020 S. 185 Nr. 6 AO-StB 2020 S. 83 Nr. 3 DStR 2020 S. 6 Nr. 25 DStRE 2020 S. 878 Nr. 14 EFG 2020 S. 325 Nr. 5 XAAAH-42263
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