Versteuerung eines beim Vorvermächtnisnehmer zu Lebzeiten nicht
fälligen Nachvermächtnis
Leitsatz
Bei Nacherbschaften wird abweichend von der Zivilrechtslage für steuerliche Zwecke ein Vollrechtserwerb des Vorerben fingiert,
was eine weitere steuerliche Fiktion des Erwerbs des Nacherben vom Vorerben nach sich zieht.
Ein Nachvermächtnisnehmer erwirbt steuerlich nicht vom Vorvermächtnisnehmer, wenn das Vorvermächtnis mangels Eintretens einer
Bedingung (Fälligkeit) tatsächlich nicht eintritt.
§ 4 Abs. 4 1. Alt. ErbStG i.V.m. § 6 Abs. 2 ErbStG ist dahingehend auszulegen, dass ein Erwerb vom Vorvermächtnisnehmer nach
§ 6 Abs. 2 S. 1 ErbStG nur dann steuerlich fingiert wird, wenn es diese Fiktion aufgrund des Vollerwerbs des Vorvermächtnisnehmers
bedarf (§ 6 Abs. 4 1. Alt. ErbStG i.V.m. § 6 Abs. 1 1. Alt. ErbStG). Kommt es nicht zu einem steuerlichen Erwerb des Vorvermächtnisnehmers,
weil beispielsweise die Fälligkeit des Erwerbs hinausgeschoben ist, bedarf es keiner steuerlichen Fiktion des Erwerbs vom
Vorvermächtnisnehmer; es verbleibt beim zivilrechtlichen Grundsatz des zeitlich nachrangigen Erwerbs unmittelbar vom Erblasser
als Vermächtnisgeber.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): DStR 2020 S. 6 Nr. 17 DStRE 2020 S. 667 Nr. 11 EFG 2020 S. 290 Nr. 4 ErbBstg 2020 S. 194 Nr. 8 ErbStB 2020 S. 96 Nr. 4 NWB-EV 2020 S. 101 Nr. 3 UVR 2020 S. 73 Nr. 3 LAAAH-41833
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