Nichtzulassungsbeschwerde: Divergenz, Verfahrensmangel (Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit)
Leitsatz
1. NV: Eine schlüssige Divergenzrüge setzt voraus, dass der Beschwerdeführer —unter Gegenüberstellung einander widersprechender abstrakter Rechtssätze— darlegt, dass das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH, ein anderes Bundesgericht oder ein anderes FG.
2. NV: Der Beschwerdeführer hat sein Rügerecht nach § 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO verloren, wenn er die behauptete Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes (§ 52 FGO i.V.m. § 169 GVG) in der mündlichen Verhandlung nicht geltend gemacht, sondern weiter zur Sache verhandelt und einen Klageantrag gestellt hat.
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3;
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
2 Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor. Die Revision ist weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO, dazu unter 1.) noch wegen eines Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, dazu unter 2.), zuzulassen.
3 1. Eine Zulassung der Revision wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) scheidet aus. Dabei kann dahinstehen, ob sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) dessen Beschwerdebegründung im Schreiben vom —unter Beachtung des vor dem Bundesfinanzhof (BFH) bestehenden Vertretungszwangs (§ 62 Abs. 4 FGO)— zu eigen machen konnte und auch zu eigen gemacht hat. Denn es fehlt jedenfalls an einer i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO schlüssigen Divergenzrüge. Der Kläger hat nicht —unter Gegenüberstellung einander widersprechender abstrakter Rechtssätze— dargelegt, dass das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH, ein anderes Bundesgericht oder ein anderes , BFH/NV 2016, 1173, Rz 9).
4 2. Zudem kann der Kläger nicht mit Erfolg rügen, dass das FG den Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 52 FGO i.V.m. § 169 des Gerichtsverfassungsgesetzes —GVG—) verletzt habe, indem es die öffentliche Sitzung nicht in dem in der Ladung angegebenen Sitzungssaal, sondern in einem „Besprechungszimmer“ abgehalten habe. Denn ausweislich des insoweit maßgeblichen Sitzungsprotokolls (§ 94 FGO i.V.m. §§ 160 Abs. 4, 164 der Zivilprozessordnung —ZPO—) hat er die behauptete Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes in der mündlichen Verhandlung nicht geltend gemacht, sondern weiter zur Sache verhandelt und insbesondere einen Klageantrag gestellt. Damit hat der Kläger sein Rügerecht nach § 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO verloren (vgl. BFH-Beschlüsse vom - X R 45-46/90, BFHE 161, 427, BStBl II 1990, 1032; vom - I B 111/09, BFH/NV 2010, 1102, Rz 8; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 115 Rz 288).
5 3. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
6 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2019:B.251119.IXB71.19.0
Fundstelle(n):
BFH/NV 2020 S. 371 Nr. 4
DAAAH-41571