Zulässigkeit einer arzneimittelrechtlichen Drittanfechtungsklage
Leitsatz
Die Feststellung der Zulassungsfreiheit eines von einem Apotheker hergestellten sog. Defektur-Arzneimittels kann den Inhaber der Zulassung eines vergleichbaren Arzneimittels in seinen Rechten verletzen.
Gesetze: § 42 Abs 2 VwGO, § 21 Abs 1 S 1 AMG, § 21 Abs 2 Nr 1 AMG, § 21 Abs 4 S 1 AMG, § 96 Nr 5 AMG, § 3a UWG 2004
Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Az: 13 A 2378/14 Urteilvorgehend Az: 7 K 368/13 Urteil
Tatbestand
1Der Rechtsstreit betrifft eine arzneimittelrechtliche Drittanfechtungsklage.
2Die Klägerin ist Inhaberin einer zentralen Zulassung für das Arzneimittel "Helicobacter Test ...". Es ist zur Herstellung einer Trinklösung bestimmt, mit der ein Atemtest zur Feststellung einer Helicobacter pylori-Infektion des Magens durchgeführt werden kann. Das Arzneimittel enthält als Wirkstoff 13C-Harnstoff, den die Klägerin von einem industriellen Hersteller bezieht. Er wird von der Klägerin in Flaschen mit jeweils 75 mg 13C-Harnstoffpulver abgefüllt.
3Der Beigeladene betreibt eine Apotheke und stellt dort ein vergleichbares Arzneimittel her. Er bezieht den Wirkstoff ebenfalls aus industrieller Produktion, mischt ihn mit Hilfsstoffen und füllt die Mischung in einer Menge von je 75 mg 13C-Harnstoff in Kapseln. Zur Anwendung wird der Kapselinhalt in Flüssigkeit gelöst und als Trinklösung eingenommen. Der Beigeladene gibt das Arzneimittel auf der Grundlage ärztlicher Verschreibungen an Arztpraxen und Krankenhäuser ab. Die Harnstoffkapseln werden im Voraus in einem Umfang hergestellt, der unter 100 abgabefertigen Packungen pro Tag bleibt.
4Nach Ansicht der Klägerin benötigt der Beigeladene für die Abgabe der 13C-Harnstoffkapseln eine arzneimittelrechtliche Zulassung. Sie erhob eine wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage vor den Zivilgerichten, die in erster und zweiter Instanz erfolgreich war. Während des Revisionsverfahrens stellte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit einem an den Beigeladenen adressierten Bescheid vom fest, dass es sich bei den von ihm hergestellten 13C-Harnstoffkapseln nicht um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel handele, weil die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung der Apothekenherstellung nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG erfüllt seien. Die Klägerin hat gegen diesen Bescheid zunächst erfolglos Widerspruch und anschließend Klage zum Verwaltungsgericht erhoben.
5Während des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens hob der - im wettbewerbsrechtlichen Revisionsverfahren die Urteile der Vorinstanzen auf und wies die gegen den Beigeladenen gerichtete Unterlassungsklage der Klägerin ab. Der Feststellungsbescheid stehe dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3 und § 4 Nr. 11 UWG in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 254) i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG entgegen, weil er dem Beigeladenen das mit der Klage beanstandete Verhalten ausdrücklich erlaube und der Verwaltungsakt nicht nichtig sei. Dass die Klägerin den Bescheid vor dem Verwaltungsgericht angefochten habe, rechtfertige keine andere Beurteilung. Die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage begründe lediglich eine Vollziehbarkeitshemmung und lasse die Wirksamkeit des Verwaltungsakts unberührt.
6Die gegen den Feststellungsbescheid gerichtete verwaltungsgerichtliche Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Verwaltungsgericht Köln hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Feststellungsbescheid sei zwar rechtswidrig, weil die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG nicht vorlägen. Die Klägerin habe aber nicht hinreichend dargelegt, dass der Bescheid sie in ihrem Recht auf freie Wettbewerbsteilnahme unerträglich einschränke. Damit fehle es an einer Rechtsverletzung im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Auffassung vertreten, die Klage sei bereits unzulässig. Die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes über die Zulassung von Arzneimitteln seien allein objektiv-rechtlicher Natur und vermittelten Dritten keine subjektiven Rechte. Die Möglichkeit einer Verletzung in der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit scheide aus, weil die Klägerin ausreichende Anhaltspunkte für einen spürbaren wirtschaftlichen Schaden nicht dargetan habe. Auch mit ihrem Einwand, sie ginge aufgrund des Feststellungsbescheids ihrer wettbewerbsrechtlichen Ansprüche verlustig, könne die Klägerin nicht durchdringen. Für den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gelte ein anderer Maßstab.
7Noch während des Berufungsverfahrens hat das BfArM den angefochtenen Feststellungsbescheid aufgehoben und festgestellt, dass das vom Beigeladenen hergestellte Arzneimittel zulassungspflichtig sei. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Zulassungspflicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG seien fälschlich bejaht worden, der Bescheid werde daher gemäß § 48 Abs. 1 VwVfG zurückgenommen. Hiergegen hat der Beigeladene zunächst Widerspruch und anschließend Klage erhoben. Auf Vorschlag des Verwaltungsgerichts haben das BfArM und der Beigeladene ohne Zustimmung der Klägerin einen Prozessvergleich geschlossen, in dem sich der Beigeladene verpflichtet hat, den Vertrieb der von ihm hergestellten 13C-Harnstoffkapseln mit Ablauf des einzustellen und seine Klage zurückzunehmen. Bis dahin ruht das Verfahren.
8Mit der vom Senat durch BVerwG 3 B 69.16 [ECLI:DE:BVerwG:2018:220218B3B69.16.0] - zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie rügt eine Verletzung von § 42 Abs. 2 VwGO. Jedenfalls in der vorliegenden Situation komme § 21 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AMG drittschützender Charakter zu. Durch die von den Vorschriften ermöglichte Feststellung würden die Bedingungen der Teilnahme am Arzneimittelwettbewerb geregelt. Mit seiner rechtswidrigen Feststellung habe das BfArM dem Beigeladenen einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil verschafft. Aufgrund der Tatbestandswirkung des Bescheids könne die Klägerin nicht mehr unmittelbar gegen den Beigeladenen im Zivilrechtsweg vorgehen. Rechtsschutz müsse ihr daher gegen den Feststellungsbescheid gewährt werden. Eine schutzwürdige Rechtsposition im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO stelle auch der zivilgerichtlich anerkannte und für vorläufig vollstreckbar erklärte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch dar, der durch den Feststellungsbescheid zunichte gemacht worden sei.
9Die Beklagte und der Beigeladene treten der Revision entgegen. Sie verweisen auf das angegriffene Berufungsurteil und führen ergänzend aus, mit der Zulassung eines weiteren Konkurrenten realisiere sich lediglich das allgemeine Wettbewerbsrisiko. Der Feststellungsbescheid habe daher keine Drittwirkung. Durch die "Marktzulassung" des Beigeladenen werde keine "Zurückweisung" der Klägerin ausgesprochen, diese könne ihr Präparat vielmehr weiterhin ungehindert in den Verkehr bringen.
Gründe
10Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das angegriffene Berufungsurteil beruht auf einem Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), nämlich § 42 Abs. 2 VwGO. Die von der Klägerin erhobene Klage ist zulässig; insbesondere kann sie geltend machen, durch den angefochtenen Feststellungsbescheid möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein. Das Bundesverwaltungsgericht kann nicht selbst in der Sache entscheiden, weil das Berufungsurteil die hierfür erforderlichen Tatsachenfeststellungen nicht enthält. Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
111. Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft.
12Der angegriffene Bescheid des BfArM enthält eine Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde (vgl. § 77 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln - AMG - in der Fassung der Bekanntmachung vom , BGBl. I S. 3394, in der hier maßgeblichen Fassung des bei Erlass des Widerspruchsbescheids geltenden Änderungsgesetzes vom , BGBl. I S. 2192) über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels nach § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG.
13Die Vorschrift dient der Rechtsklarheit. Sie soll einerseits einen einheitlichen Vollzug der bundesrechtlich vorgegebenen Zulassungspflicht von Arzneimitteln durch die zuständigen Landesbehörden gewährleisten (vgl. BT-Drs. 13/9996 S. 21). Die vorgesehene Möglichkeit einer verbindlichen Entscheidung des BfArM trägt aber auch dem Klärungsbedürfnis der Vertreiber entsprechender Produkte Rechnung, die sich beim Inverkehrbringen möglicherweise zulassungspflichtiger Arzneimittel dem Risiko der Begehung einer Straftat nach § 96 Nr. 5 AMG aussetzen (vgl. Winnands, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2. Aufl. 2016, § 21 Rn. 96).
14Der nach § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG erlassene Feststellungsbescheid des BfArM bindet daher nicht nur die antragstellende Landesbehörde. Er enthält jedenfalls dann auch eine für den Vertreiber verbindliche Entscheidung über das (Nicht-)Bestehen der arzneimittelrechtlichen Zulassungspflicht, wenn der Bescheid - wie hier - an ihn adressiert ist ( - PharmR 2010, 607 Rn. 13). Dem entspricht, dass der Regelungsgehalt des angefochtenen Feststellungsbescheids hier auch gegenständlich auf die in der Apotheke des Beigeladenen hergestellten 13C-Harnstoffkapseln bezogen ist.
15Die Entscheidung des BfArM nach § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG ist daher ein feststellender Verwaltungsakt. Sie schreibt das Ergebnis der behördlichen Rechtsanwendung mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen rechtsverbindlich fest und hat damit Regelungscharakter im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG ( 6 C 3.16 [ECLI:DE:BVerwG:2017:210617U6C3.16.0] - BVerwGE 159, 148 Rn. 12 m.w.N.). Ein feststellender Verwaltungsakt kann im Wege der Anfechtungsklage angegriffen werden (vgl. § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO; zur Verpflichtungsklage auch 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 Rn. 23).
162. Die Klägerin wird durch den Feststellungsbescheid auch möglicherweise in eigenen Rechten verletzt (§ 42 Abs. 2 VwGO).
17Die Klägerin ist nicht Adressatin des von ihr angefochtenen Verwaltungsakts; ihre Klagebefugnis folgt nicht bereits aus Art. 2 Abs. 1 GG. Die Zulässigkeit der Anfechtungsklage setzt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten, also einer zu Gunsten der Klägerin wirkenden Schutznorm voraus.
18a) Die Feststellung des BfArM nach § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG über die Zulassungsfreiheit des vom Beigeladenen hergestellten Arzneimittels kann die Klägerin als Inhaberin der Zulassung für ein vergleichbares Arzneimittel in ihren Rechten verletzen. § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 AMG kommt insoweit drittschützende Wirkung zu.
19Die Erteilung einer Arzneimittelzulassung ist auch dem Schutz der Interessen des Zulassungsinhabers vor einer Umgehung des Zulassungsverfahrens durch Mitbewerber zu dienen bestimmt. Die Zulassung eines Produkts als Arzneimittel erfolgt aufgrund eines kostenintensiven und aufwendigen Verfahrens; die Erlaubniserteilung ist mit fortlaufenden Überwachungspflichten verbunden. Es stellt daher einen erheblichen und spürbaren Wettbewerbsvorteil dar, wenn ein Mitbewerber ein zulassungsbedürftiges Arzneimittel vertreibt, ohne dieses Zulassungsverfahren durchlaufen zu haben (vgl. zur Schutzfunktion der Arzneimittelzulassung gegen Mitbewerber nach § 4 Nr. 11 UWG a.F./§ 3a UWG , Atemtest I - BGHZ 163, 265 Rn. 27, vom - I ZR 24/03, Arzneimittelwerbung im Internet - BGHZ 167, 91 Rn. 37 und vom - I ZR 19/08, Gingko-Extrakt - NJW-RR 2010, 1407 Rn. 13; - juris Rn. 16). Spricht das BfArM einem anderen die Befugnis zu, ein vergleichbares Arzneimittel ohne Zulassung zu vertreiben, kann dies den Inhaber der Arzneimittelzulassung deshalb in seinen Rechten verletzen (vgl. 1 C 157.79 - Buchholz 451.25 LadschlG Nr. 20 S. 6 f. = juris Rn. 23, insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 65, 167).
20Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG dürfen Fertigarzneimittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG sind, im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie zugelassen sind. Abweichungen von diesem Grundsatz sieht das Arzneimittelgesetz nur in den ausdrücklich benannten Fällen und bei Vorliegen der dort festgelegten Voraussetzungen vor. § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG sieht eine Ausnahme für in Apotheken hergestellte sog. Defektur-Arzneimittel vor. Diese sind jedoch nur dann zulassungsfrei, wenn die in der Vorschrift benannten Begrenzungen eingehalten werden; insbesondere also eine Verschreibung so häufig erfolgt, dass eine Bevorratung gerechtfertigt ist, die wesentlichen Herstellungsschritte in der Apotheke stattfinden und nicht mehr als 100 abgabefertige Packungen pro Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden (vgl. zur restriktiven Auslegung der Ausnahmemöglichkeiten auch u.a., Abcur - Rn. 53 ff.). Diese Voraussetzungen bezwecken, eine Umgehung der Zulassungsvorschriften für Arzneimittel zu vermeiden (Rehmann, AMG, 4. Aufl. 2014, § 21 Rn. 4). Sie dienen insoweit auch dem Schutz des Inhabers einer Zulassung für ein vergleichbares Arzneimittel, mit dem er im wirtschaftlichen Wettbewerb zu dem in der Apotheke hergestellten Arzneimittel steht. Der Gesetzgeber hat nur die in § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG vorgesehene Apothekenherstellung zulassungsfrei gestellt; nur in diesem Umfang muss der Zulassungsinhaber einen Vertrieb vergleichbarer Arzneimittel ohne Zulassung hinnehmen.
21Vertreibt ein Apotheker Defektur-Arzneimittel, die Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 1 AMG sind, ohne dass die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG vorliegen, maßt er sich ebenjene Befugnis an, die dem Inhaber einer Arzneimittelzulassung vorbehalten ist. Spricht ihm das BfArM diese Befugnis zu, obwohl die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift nicht erfüllt sind, verletzt es eigene Rechte des Zulassungsinhabers aus § 21 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und § 21 Abs. 4 AMG.
22Diese Situation unterscheidet sich von der im Senatsurteil vom - 3 C 41.10 - (Buchholz 418.20 Allg. Apothekenrecht Nr. 33 Rn. 10) entschiedenen Konstellation der ordnungsrechtlichen Zulassung einer gleichrangigen Konkurrenz. Der Beigeladene möchte nicht wie die Klägerin eine Arzneimittelzulassung erhalten, sondern ein vergleichbares Arzneimittel ohne Zulassung in den Verkehr bringen.
23b) Ob der angefochtene Feststellungsbescheid auch privatrechtsgestaltende Wirkung auf das wettbewerbsrechtliche Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen entfaltet, kann offenbleiben.
24In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die privatrechtsgestaltende Wirkung eines Hoheitsakts eine Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO vermittelt. Soweit ein Bescheid das privatrechtliche Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und einem Dritten unmittelbar, wenn auch nur vorläufig, gestaltet, besteht die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten (vgl. etwa 6 C 3.08 - Buchholz 442.066 § 35 TKG Nr. 2 Rn. 14, vom - 6 C 8.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:050815U6C8.14.0] - BVerwGE 152, 355 Rn. 12 und vom - 6 C 24.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:170816U6C24.15.0] - BVerwGE 156, 59 Rn. 36 f.).
25Zweifel an einer privatrechtsgestaltenden Wirkung des Feststellungsbescheids bestehen deshalb, weil der auf §§ 8, 3 und § 4 Nr. 11 UWG a.F. i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG gestützte Unterlassungsanspruch der Klägerin nicht unmittelbar durch den Bescheid des BfArM, sondern aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs untergegangen ist. Soweit die Klägerin auf den für vorläufig vollstreckbar erklärten Unterlassungstitel im Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf verwiesen hat, ist auch dieser durch das Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs entfallen und kann keine Grundlage für ein subjektives Recht der Klägerin mehr sein. Ob die Tatbestandswirkung eines feststellenden Verwaltungsakts auch während der Dauer einer aufschiebenden Wirkung angenommen werden kann oder hierin eine durch den Suspensiveffekt untersagte "Umsetzung" der Regelung des Verwaltungsakts liegt, bedarf daher keiner weiteren Erörterung (vgl. hierzu 3 C 13.08 - BVerwGE 132, 250 Rn. 12 sowie [ECLI:DE:BVerfG:2006:rk20060814.1bvr208905] - NJW 2006, 3551 Rn. 19).
26Richtig ist allerdings, dass die vom Bundesgerichtshof angenommene Tatbestandswirkung des Feststellungsbescheids - mit der eine materielle Bindungswirkung ohne inhaltliche Kontrolle zum Ausdruck gebracht wird (vgl. etwa - NVwZ-RR 2008, 154 Rn. 14 m.w.N.) - auf der Annahme basiert, dass der Verwaltungsakt vor den Verwaltungsgerichten einer Rechtmäßigkeitskontrolle zugeführt werden kann (vgl. , Atemtest II - MDR 2014, 794 Rn. 16). Eben hierin liegt die Rechtfertigung dafür, von einer Überprüfung des Bescheids im wettbewerbsrechtlichen Verfahren abzusehen (vgl. , Eligard [ECLI:DE:BGH:2015:021215UIZR239.14.0] - PharmR 2016, 332 Rn. 31 für einen markenrechtlichen Rechtsstreit).
27Dementsprechend dürfen die Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 VwGO für die Anfechtung des Verwaltungsaktes vor den Verwaltungsgerichten nicht überspannt werden (vgl. hierzu auch [ECLI:DE:BVerfG:2011:rk20110822.1bvr176409] - NVwZ-RR 2011, 963 Rn. 35; 3 C 34.94 - BVerwGE 100, 230 <236 = juris Rn. 36> und vom - 6 C 8.01 - BVerwGE 117, 93 <104 f. = juris Rn. 39>).
28Der Senat geht dem nicht abschließend nach. Da die Klagebefugnis der Klägerin bereits aus der drittschützenden Wirkung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 und § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG abzuleiten ist, kommt es auf die hier aufgeworfenen Fragen nicht entscheidungserheblich an.
293. Die Klage erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als unzulässig (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO).
30a) Die Klägerin hat ein Rechtsschutzbedürfnis an der Aufhebung des Feststellungsbescheids.
31Zwar hat sich der Beigeladene in dem von ihm gegen den Aufhebungsbescheid des BfArM geführten Klageverfahren verpflichtet, seine Rechtsmittel mit Ablauf des zurückzunehmen. Dies steht einem Aufhebungsbegehren der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung aber nicht entgegen.
32Überdies hat der Bundesgerichtshof in seinem wettbewerbsrechtlichen Revisionsurteil ausgeführt, falls der Feststellungsbescheid aufgehoben würde, wäre die Frage neu zu beurteilen, ob der Beigeladene seine 13C-Harnstoffkapseln vertreiben dürfe (, Atemtest II - MDR 2014, 794 Rn. 16). Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die gerichtliche Aufhebung des Feststellungsbescheids für die Klägerin im Hinblick auf ihre wettbewerbsrechtlichen Ansprüche von Vorteil sein könnte.
33b) An einer Entscheidung in der Sache ist das Bundesverwaltungsgericht gehindert. Die tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil, das sich auf Grundlage seiner Rechtsauffassung mit der Begründetheit der Klage nicht befasst hat, reichen für eine Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen aus § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG nicht aus. Der Rechtsstreit muss daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen werden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
344. Die Entscheidung über die Kosten ist der Schlussentscheidung vorbehalten.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2019:241019U3C4.18.0
Fundstelle(n):
NJW 2020 S. 10 Nr. 5
AAAAH-39969