Steuerstraftat: Anstiftung zur Steuerhinterziehung als mitbestrafte Vortat bei anschließender Steuerhehlerei
Leitsatz
Anstiftungshandlungen, die auf eine Verbringung von mit Verbrauchsteuern belasteten Waren gerichtet sind, an denen der Täter eine Steuerhehlerei begeht, sind regelmäßig nicht als Anstiftung zur Steuerhinterziehung strafbar; im Verhältnis zur Steuerhehlerei stellt sich die Anstiftung zur Steuerhinterziehung als mitbestrafte Vortat dar.
Gesetze: § 370 Abs 1 Nr 2 AO, § 370 Abs 1 Nr 3 AO, § 374 AO, § 26 StGB, § 17 TabStG, § 23 Abs 1 S 3 TabStG
Instanzenzug: LG Frankfurt (Oder) Az: 23 Wi KLs 10/18
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten jeweils in Tatmehrheit wegen Anstiftung zur Steuerhinterziehung in 19 Fällen, wegen Anstiftung zur Steuerhehlerei in zwei Fällen, wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in 16 Fällen sowie wegen Steuerhinterziehung in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Die bei drei Einzeltaten sichergestellten insgesamt 459 Stangen Zigaretten wurden eingezogen. Weiter erfolgte die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 72.518,75 Euro (davon in Höhe von 22.026,21 Euro als Gesamtschuldner mit dem gesondert Verfolgten M. ) sowie in Höhe eines weiteren Betrags von 27.756 Euro.
2Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg; die Revision des Angeklagten hat den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg und ist im Übrigen unbegründet.
I.
3Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
41. Im Tatzeitraum zwischen dem und dem bestellte der Angeklagte bei seinen beiden Lieferanten G. oder M. in Polen in insgesamt 14 Fällen jeweils unversteuerte Zigaretten in einer Menge zwischen 65 und 200 Stangen zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs, die noch am selben Tag oder an einem der Folgetage durch die Lieferanten von Polen nach Deutschland geliefert und vom Angeklagten übernommen wurden. In fünf weiteren Fällen erfolgten ebenfalls entsprechende Bestellungen bei den beiden Lieferanten in Polen, wobei es jedoch jeweils unmittelbar vor der Auslieferung an den Angeklagten zu einer Sicherstellung der Zigaretten durch die Ermittlungsbehörden kam, ohne dass der Angeklagte die Waren erhielt.
5Über diese insgesamt 19 Fälle einer Bestellung von Zigaretten bei den beiden Lieferanten in Polen hinaus bestellte der Angeklagte in einem weiteren Fall am von einem unbekannten Verkäufer in Deutschland 500 Stangen unverzollte Zigaretten, die noch am selben Tag an den Angeklagten zum Weiterverkauf geliefert wurden. Am kam es zu einer zusätzlichen Bestellung von 300 Stangen unverzollter Zigaretten bei dem Geschäftspartner H. in Deutschland, die ebenfalls am selben Tag noch an den Angeklagten geliefert und zum Weiterverkauf übergeben wurden.
62. Das Landgericht hat den umfassend geständigen Angeklagten wegen der Bestellung der Zigaretten bei den beiden Lieferanten in Polen in 19 tatmehrheitlichen Fällen jeweils der Anstiftung zur Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO, § 26 StGB schuldig gesprochen. Soweit in zwei Fällen die Bestellung der Zigaretten bei einem Lieferanten in Deutschland erfolgte, hat das Landgericht eine Strafbarkeit wegen Anstiftung zur Steuerhehlerei in zwei Fällen gemäß § 374 Abs. 1 AO, § 26 StGB angenommen. In Tatmehrheit zu diesen Anstiftungshandlungen hat das Landgericht den Angeklagten in den 16 Fällen einer erfolgreichen Auslieferung und Übergabe der Zigaretten auch wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei gemäß § 374 Abs. 1 und 2 AO durch den Ankauf bzw. das Sichverschaffen der unversteuerten Zigaretten schuldig gesprochen. Wegen der unterlassenen Verwendung von Steuerzeichen an den übernommenen Zigaretten erging vom Landgericht darüber hinaus in Tatmehrheit dazu ein weiterer Schuldspruch des Angeklagten in 16 Fällen auch wegen Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO.
7Im Rahmen der Nebenentscheidung hat das Landgericht die in den insgesamt 16 Fällen einer erfolgreichen Übernahme der gelieferten Zigaretten jeweils hinterzogene Tabaksteuer von insgesamt 72.518,75 Euro gemäß § 73 Abs. 1, § 73c StGB eingezogen. Dabei wurde in Höhe von 22.026,21 Euro – soweit die Lieferungen von dem gesondert Verfolgten M. stammten – eine gesamtschuldnerische Haftung mit diesem angenommen. Der Lieferant G. war inzwischen verstorben. Zusätzlich hat das Landgericht in den 16 Fällen des erfolgreichen Weiterverkaufs der Zigaretten unter Zugrundelegung eines Mindestpreises von zwölf Euro pro Stange den Wert der Zigaretten mit einem Gesamtbetrag von 27.756 Euro gemäß § 73 Abs. 1, § 73c und § 73d Abs. 2 StGB eingezogen.
II.
8Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg und ist im Übrigen unbegründet.
91. In den Fällen II.1., 4. bis 7., 9., 11. bis 12. und 14. bis 19. der Urteilsgründe wird der Schuldspruch wegen Anstiftung zur Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO, § 26 StGB sowie wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei gemäß § 374 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 (Qualifikationstatbestand) AO in der Tatvariante des Sichverschaffens in jeweils 14 Fällen grundsätzlich von den rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen des Landgerichts getragen. Rechtsfehlerhaft geht das Landgericht aber insoweit in konkurrenzrechtlicher Hinsicht von Tatmehrheit statt richtig von einer mitbestraften Vortat aus, so dass der Schuldspruch entsprechend abzuändern war.
10a) Der Angeklagte hat sich durch die Bestellung der unversteuerten Zigaretten bei seinen Lieferanten in Polen der Anstiftung zur Steuerhinterziehung schuldig gemacht.
11aa) Die Zigaretten ohne Steuerzeichen waren nicht verkehrsfähig und hätten nicht ins Steuergebiet verbracht werden dürfen; dies begründet die Strafbarkeit der polnischen Lieferanten nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO (vgl. dazu Rn. 11 mwN).
12bb) Als Anstifter ist nach § 26 StGB gleich einem Täter zu bestrafen, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat. Dabei ist bedingter Vorsatz ausreichend (st. Rspr.; vgl. z.B. , BGHSt 2, 279, 281 und vom – 3 StR 113/98, BGHSt 44, 99, 101). Eine Anstiftung zur Steuerhinterziehung begeht deshalb, wer einen anderen durch Einwirkung auf dessen Entschlussbildung dazu veranlasst, unversteuerte Zigaretten in das Bundesgebiet zu verbringen und dabei zumindest in dem Bewusstsein handelt, dass sein Verhalten diese von ihm gebilligten Wirkungen haben kann (vgl. Rn. 13 zu § 30 BtMG). Die Willensbeeinflussung muss dabei nicht die einzige Ursache für das Verhalten des anderen sein; bloße Mitursächlichkeit reicht aus ( Rn. 8 mwN). Bezugsgegenstand der Anstiftung ist eine konkret-individualisierte Tat. Welche Merkmale zur Tatindividualisierung jeweils erforderlich sind, entzieht sich dabei einer abstrakt-generellen Bestimmung und kann nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls entschieden werden (vgl. , BGHSt 34, 63, 64 ff.).
13cc) Vorliegend wurden nach den Feststellungen des Landgerichts die Zigaretten vom Angeklagten jeweils mittels Mobiltelefons – überwiegend mit inhaltlich verschlüsselten Kurznachrichten – bestellt, wobei dabei vom Angeklagten jeweils die Menge und Marke sowie die Lieferzeit im Stadtgebiet von F. angegeben waren (UA S. 7). Die zu liefernden Zigaretten wurden dabei von den Lieferanten überwiegend in Heimarbeit selbst produziert (UA S. 6) und nach der Bestellung auf den Weg zum Angeklagten gebracht.
14b) Diese Taten der Anstiftung zur Steuerhinterziehung stehen – anders als vom Landgericht ausgeurteilt – konkurrenzrechtlich nicht in Tatmehrheit zum nachfolgenden Ankaufen (als Unterfall des Sichverschaffens) der unversteuerten Zigaretten durch den Angeklagten. Sie sind vielmehr mitbestrafte Vortaten als Durchgangsdelikt für die spätere Tathandlung der Steuerhehlerei und treten damit im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurück, so dass der Schuldspruch entsprechend abzuändern war.
15aa) Eine mitbestrafte Vortat liegt vor, wenn im Verlauf eines deliktischen Geschehens verschiedene Angriffsobjekte beeinträchtigt werden, die konkrete Sachverhaltsgestaltung aber ergibt, dass das Schwergewicht des Unrechts nur unter dem Gesichtspunkt des nachfolgenden Delikts zu behandeln ist (vgl. MüKo-StGB/von Heintschel-Heinegg, 3. Aufl., Vor § 52 Rn. 59). Dies ist insbesondere bei Durchgangsdelikten gegeben, deren Unrechtsgehalt deshalb nicht über den der „Haupttat“ hinausgeht, weil er sich darin erschöpft, einen intensiveren Angriff auf dasselbe Rechtsgut vorzubereiten ( Rn. 51, BGHR AO § 370 Abs. 1 Konkurrenzen 25; vgl. Sternberg-Lieben/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 127; LK-StGB/Rissing-van Saan, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 150; von Heintschel-Heinegg aaO).
16bb) Dies ist hier in Bezug auf die Anstiftungshandlung zur Steuerhinterziehung und die anschließende Steuerhehlerei der Fall. In dem Bestimmen liegt nur ein notwendiges Mittel zur Begehung der eigentlichen Haupttat, der Steuerhehlerei nach § 374 AO durch den Ankauf und das Sichverschaffen der unversteuerten Zigaretten. Beide Taten sind von einem einheitlichen Willen getragen und der Eintritt in Kaufverhandlungen mit dem Lieferanten ist auf das Ziel ausgerichtet, sich die Verfügungsgewalt über die Zigaretten zu verschaffen. Der Unrechtsgehalt der Anstiftungshandlung geht nicht über den der „Haupttat“ hinaus, sondern erschöpft sich darin, einen intensiveren Angriff auf dasselbe Rechtsgut vorzubereiten. Dies gilt umso mehr, als nach den Feststellungen des Landgerichts die bestellten Zigaretten regelmäßig bereits am Folgetag an den Angeklagten ausgeliefert wurden und somit zwischen der Bestellung und der Lieferung auch ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben war. Dies spricht ebenfalls dafür, die „Bestellung“ und den kurze Zeit später erfolgten Verwertungsvorgang als einheitliches Geschehen anzusehen, dessen eigentlicher Unrechtsschwerpunkt die Verschaffung der nicht versteuerten Zigaretten ist.
17cc) Die Steuerhehlerei unterscheidet sich in ihrer deliktischen Struktur von der allgemeinen Hehlerei gemäß § 259 StGB schon insoweit, als das Tatobjekt der Vortat durch die tatbestandliche Fassung des § 374 AO maßgeblich eingegrenzt ist. Während § 259 Abs. 1 StGB als Vortat neben Diebstahl jede gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat erfasst, beschränkt sich § 374 AO auf den Verbrauchsteuern (und den weiteren dort genannten Abgaben) unterliegende Waren, die den Gegenstand einer Steuerhinterziehung bilden können. Gravierend differieren beide Vorschriften aber vor allem im Hinblick auf den Inhaber des Rechtsguts. Während dieser bei § 374 AO in der Person des Steuergläubigers feststeht, kommt zu der Weite des tatbestandlichen Anwendungsumfangs bei § 259 StGB noch hinzu, dass potentieller Geschädigter jeder Rechtsgutsinhaber sein kann. Dies rechtfertigt auch die unterschiedliche konkurrenzrechtliche Bewertung. Bei der Teilnahme an der Vortat nach § 259 StGB besteht die zu bestrafende Rechtsgutsverletzung in der konkreten Schädigung des jeweiligen Rechtsgutsinhabers. Bei der Hehlerei kommt dann die davon abgeschichtete Perpetuierung des eingetretenen Vermögensnachteils als weiteres Unrecht hinzu. Beide Rechtsgutsverletzungen bedingen die tatmehrheitliche Strafbarkeit (vgl. , BGHSt 7, 134; Urteile vom – 1 StR 105/86 Rn. 4, 6 und vom – 1 StR 25/68, BGHSt 22, 206). Vergleichbares fehlt im Verhältnis der Beteiligung an der Steuerhinterziehung und der Steuerhehlerei, die beide das durchgängige und einheitliche Rechtsgut der Sicherung des Verbrauchsteueraufkommens im Blick haben.
182. Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht auch in den Fällen II.8. und 13. der Urteilsgründe eine Anstiftung zur Steuerhehlerei und tatmehrheitlich dazu eine Steuerhehlerei in Bezug auf dieselben Zigaretten und Lieferungen innerhalb Deutschlands angenommen.
19a) Wirkt der Angeklagte – wie hier – auf den Verkäufer der bereits im Inland befindlichen unversteuerten Zigaretten ein, um sich diese dann selbst zu verschaffen, fehlt es – anders als beim Verbringen der unversteuerten Zigaretten vom anderen EU-Mitgliedsstaat ins Inland – an der entsprechenden Haupttat einer Steuerhinterziehung durch den Verkäufer (vgl. Rn. 14 ff.).
20b) Bezüglich einer Teilnahme an der Steuerhehlerei des Verkäufers ist das Bestimmen durch den Angeklagten als (weiteren) Zwischenhehler – ungeachtet der Frage, ob die Absatzhandlungen des Vortäters bereits tatbestandslos gestellt (vgl. , BGHSt 23, 36, 38; Hübner, NJW 1975, 2110) oder als mitbestrafte Nachtat zu werten sind (, NJW 1975, 2109, 2110; Jäger in Joecks/Jäger/ Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 374 Rn. 82 mwN) – allein auf das Erlangen eigener Verfügungsmacht ausgerichtet; die Anstiftung verletzt mithin kein zusätzliches Rechtsgut. Eine tatmehrheitliche Verurteilung wegen Anstiftung und wegen der späteren eigenen Verwirklichung der Steuerhehlerei in der Tatvariante des Ankaufens kann daher in diesen beiden Fällen ebenfalls unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt (entweder wegen Fehlens einer Haupttat oder aber Annahme einer mitbestraften Vortat) Bestand haben. Der Schuldspruch war daher in den vorgenannten Fällen in eine Verurteilung allein wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei nach § 374 AO abzuändern.
213. Soweit das Landgericht in den Fällen II.2., 3., 10., 20. und 21. der Urteilsgründe nur eine Anstiftung zur Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO, § 26 StGB angenommen hat, weil es auf Grund der Sicherstellung der gelieferten Zigaretten durch die Ermittlungsbehörden zu keiner Auslieferung und Übergabe an den Angeklagten gekommen ist, ist dieser Schuldspruch rechtlich aus den oben dargestellten Gründen nicht zu beanstanden. Da es in diesen Fällen an einer von Seiten des Angeklagten vollendeten Steuerhehlerei gemäß § 374 Abs. 1 AO fehlt, tritt insoweit die Vortat der Anstiftung nicht zurück, sondern bleibt als selbständige Tat bestehen. Dass das Landgericht nicht der Frage nachgegangen ist, ob der Angeklagte einer versuchten gewerbsmäßigen Steuerhehlerei schuldig ist (§ 374 Abs. 3 AO, § 22 StGB; dazu: Rn. 24 f., BGHR AO § 374 versuchte Steuerhehlerei 1), beschwert den Angeklagten nicht.
224. Soweit das Landgericht den Angeklagten in den Fällen II.1., 4. bis 9. sowie 11. bis 19. der Urteilsgründe nach Übernahme der Zigaretten auch wegen einer im Anschluss an die Steuerhehlerei tatmehrheitlich begangenen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO in 16 Fällen schuldig gesprochen hat, hält dies einer rechtlichen Überprüfung nicht stand und muss daher entfallen.
23a) Das Erlangen eigener Verfügungsmacht über Zigaretten ohne Steuerzeichen fällt in den Anwendungsbereich der Steuerhehlerei; dieser Tatbestand würde entwertet, wenn dieser Lebenssachverhalt zugleich unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen die Pflicht zum Verwenden von Steuerzeichen nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO i.V.m. § 17 TabStG strafbar wäre (vgl. für das Verhältnis von Steuerhehlerei zur Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen Verstoßes gegen die in § 23 Abs. 1 Satz 3 TabStG normierte Erklärungspflicht nach Beendigung des Verbringungsvorgangs: Rn. 34). Die Übernahme der Zigaretten wird auch insoweit allein durch die Strafvorschrift des § 374 AO erfasst.
24b) Eine Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 23 Abs. 1 TabStG scheidet aus denselben Erwägungen aus, auf Grund derer der Senat mit seiner Entscheidung vom – 1 StR 127/19 – die Strafbewehrung einer solchen Pflicht zur Abgabe einer Tabaksteuererklärung nach vorangegangener Steuerhehlerei abgelehnt hat (anders noch Rn. 7; vgl. auch Rn. 6). Der eher formale Gesichtspunkt der Verkürzung eines in der eigenen Person des Steuerhehlers nach § 23 Abs. 1 Satz 1, 2 TabStG entstehenden Steueranspruchs hätte gegenüber der bereits vollendeten Schädigung des Tabaksteueraufkommens und seiner – jedenfalls aus steuerstrafrechtlicher Sicht – nach § 71 AO eingetretenen Haftung ohnehin kein zusätzliches strafwürdiges Gewicht (vgl. Leplow, wistra 2014, 421, 424).
25c) Da nach alledem eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Hinterziehung der Tabaksteuer nach § 370 Abs. 1 AO ausscheidet, ist der Schuldspruch entsprechend zu ändern und der Angeklagte im Hinblick auf die laut Anklage und Eröffnungsbeschluss tatmehrheitlich abzuurteilenden Taten teilweise freizusprechen (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 9/07 Rn. 1 und vom – 4 StR 256/17 Rn. 2; KK-StPO/Ott, 8. Aufl., § 260 Rn. 21 mwN).
265. Die Aufhebung und Neufassung der Schuldsprüche im oben dargestellten Umfang führen dazu, dass die vom Landgericht verhängten Einzelstrafen und auch die Gesamtstrafe keinen Bestand haben können. Dies gilt auch, soweit die Schuldsprüche des Landgerichts teilweise rechtsfehlerfrei erfolgt sind. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die geänderte konkurrenzrechtliche Beurteilung der jeweiligen Einzeltaten mit dem sich daraus ergebenden veränderten Schuldumfang Einfluss auf die Bildung der jeweiligen Einzelstrafen hat.
276. Auch der Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB) in Bezug auf die hinterzogene Tabaksteuer kann keinen Bestand haben, da der Angeklagte insoweit nichts erlangt bzw. keine rechtswidrige Tat einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO) begangen hat. Die Einziehung des Wertes der weiterverkauften Zigaretten erweist sich demgegenüber als rechtsfehlerfrei.
28a) Zwar kann ein Täter auch dadurch „etwas“ i.S.v. § 73 Abs. 1 StGB erlangen, dass er sich Aufwendungen erspart. Infolgedessen kann bei einer Steuerhinterziehung grundsätzlich auch ein Betrag in Höhe nicht gezahlter Steuern in Gestalt ersparter Aufwendungen der Einziehung unterliegen (BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 244/18 Rn. 7, BGHR StGB § 73 Abs. 1 Anwendungsbereich 1 zu §§ 73 ff. StGB nF und vom – 1 StR 37/11 Rn. 11 mwN zu § 73 StGB aF). Der Angeklagte als Steuerhehler nach § 374 AO hat jedoch weder „durch die Tat“ noch „für sie“ die von den Lieferanten hinterzogenen Steuern und Abgaben erlangt. Er ersparte sich „durch die Tat“ auch keine Aufwendungen. Daran ändert sich auch nichts durch die mitbestraften Vortaten der Anstiftung des (späteren) Steuerhehlers zur Steuerhinterziehung; denn dadurch wird der Anstifter nicht zum Steuerschuldner.
29b) Vielmehr erlangt der Steuerhehler, indem er die Zigaretten ankauft oder sich sonst verschafft, zunächst die Zigaretten und durch den anschließenden Weiterverkauf den hieraus erzielten Erlös (BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 127/19 Rn. 20 und vom – 1 StR 244/18 Rn. 8, BGHR StGB § 73 Abs. 1 Anwendungsbereich 1). Soweit das Landgericht deshalb – ausgehend von einem geschätzten Ankaufspreis von zwölf Euro pro Stange – eine Einziehung in Bezug auf den Wert der vom Angeklagten erworbenen Zigaretten ausgesprochen hat, weist dies keinen Rechtsfehler auf.
30c) Steuerhinterziehungstaten nach § 370 Abs. 1 Nr. 2, 3 AO hat der Angeklagte, wie ausgeführt (4.), nicht begangen.
III.
31Die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg.
32Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom näher ausgeführt hat, hat die Überprüfung der Strafzumessung keinen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler ergeben. Die einzelnen Beanstandungen der Revision stellen überwiegend eigene Strafzumessungserwägungen dar und zeigen keine Lücken oder Widersprüche auf. Auch die dem Angeklagten vom Landgericht bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung erweist sich als rechtsfehlerfrei.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:110719U1STR634.18.0
Fundstelle(n):
AO-StB 2020 S. 104 Nr. 4
NJW 2020 S. 10 Nr. 4
NJW 2020 S. 412 Nr. 6
wistra 2020 S. 161 Nr. 4
WAAAH-39282