Steuerfreiheit von Aufwandsentschädigungen nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG bei in Personalunion ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeiten
als Ortsvorsteherin sowie als Mitglied eines Ortschaftsrates in Baden-Württemberg
Leitsatz
1. Ist die Steuerpflichtige gleichzeitig in Baden-Württemberg ehrenamtlich Ortsvorsteherin sowie Mitglied des Ortschaftsrates
eines Stadtteiles mit eigener Ortsverwaltung und erhält sie von der Stadt aufgrund einer kommunalen Entschädigungssatzung
entsprechend 3-S233 7/3 (Entschädigungen an ehrenamtliche Mitglieder kommunaler
Vertretungen und an ehrenamtliche Ortsvorsteher ab 2013) zusätzlich zu dem steuerpflichtigen Arbeitslohn für die Ortsvorstehertätigkeit
eine jährliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 2.496 EUR für die Tätigkeit als Ortsvorsteherin sowie eine jährliche Aufwandsentschädigung
in Höhe von 2.040 EUR für die Tätigkeit als Ortschaftsrätin, so ist es nicht zu beanstanden, wenn der oben genannte Ministeriumserlass
so ausgelegt wird, dass nur die Aufwandsentschädigung für die Ortsvorstehertätigkeit als nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfrei
und die Aufwandsentschädigung für die Mitgliedschaft im Ortschaftsrat als steuerpflichtig behandelt wird. Dies gilt jedenfalls
dann, wenn nicht tatsächlich höhere Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben nachgewiesen werden.
2. Die Voraussetzungen der zweiten Variante des § 3 Nr. 12 Satz 2 2. Halbsatz EStG sind im Fall der Doppelfunktion als Ortsvorsteherin
und Ortschaftsrätin erfüllt, wenn die zusätzlich zur Ortsvorsteher-Entschädigung pauschal gewährte Aufwandsentschädigung für
die Mitgliedschaft im Ortschaftsrat in voller Höhe zu einem offenbaren Übersteigen des der Empfängerin erwachsenden Aufwands
führt.
3. Erzielt die Steuerpflichtige neben dem steuerpflichtigen Arbeitslohn und der steuerfreien Aufwandsentschädigung für die
Ortsvorstehertätigkeit noch anderweitige Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, so ist es ernstlich zweifelhaft, ob das
Finanzamt der Steuerpflichtigen rechtmäßig den vollen Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr. 1 EStG gewährt hat oder
ob es nicht infolge der steuerfreien Aufwandsentschädigung den Pauschbetrag nach § 3 Nr. 12 Satz 2, § 3c Abs. 1 EStG nur anteilig
gewähren hätte dürfen.
Fundstelle(n): EFG 2020 S. 175 Nr. 3 NAAAH-39058
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