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WP Praxis Nr. 1 vom Seite 14

Risikoadjustierte Unternehmensplanung

Ansätze für den Einbezug von Chancen und Risiken in der Unternehmensplanung

Benjamin Schilling, M. A.

Eine Unternehmensplanung dient als zentrales Werkzeug zur Entscheidungsvorbereitung. Hierin bildet der Planer die potenzielle zukünftige Unternehmensentwicklung ab. Allerdings weist die Unternehmensplanung durch diesen zukunftsorientierten Charakter naturgemäß Unsicherheit auf. Sodann besteht für den Planer und Planempfänger ein großer Spielraum an Interpretationsmöglichkeiten der einzelnen Planwerte/-annahmen. Infolge dieser Unsicherheit ergeben sich zudem Risiken , Chancen und Gefahren (Risiken i. e. S.), die zu Planabweichungen führen können und die Planung unplausibel erscheinen lassen. Deshalb bedarf es für einen Prüfer im Zuge der Planungsplausibilisierung eines Risikobewusstseins. Ist der Prüfer hingegen selbst der Planer, sind vom ihm diese potenziellen Risiken zu analysieren, in die Planung einzubauen und kenntlich zu machen, um eine erwartungsgetreue Planung aufzubauen. Unterdessen ist für einen Prüfer der (fehlende) Risikoeinbezug ein Indiz, an welchen Stellschrauben er die Planung hinterfragen sollte. Anhand des nachfolgenden Aufsatzes werden verschiedene Aspekte gezeigt, wie ein Prüfer (ggf. selbst als Planer) einen risikoorientierten Blinkwinkel schafft und somit die Planung risikobewusst prüfen oder planen kann.

Schilling, Beurteilung von Unternehmensplanungen, Checkliste, NWB RAAAH-12447

Kernaussagen
  • Eine Planung weist durch ihren zukunftsorientierten Charakter naturgemäß Unsicherheit auf, dadurch können Planabweichungen entstehen. Eine mangelnde Berücksichtigung dieser Unsicherheit führt u. a. zu unplausiblen Planungen und Fehlentscheidungen.

  • Ein volatiles Umfeld verstärkt die Unsicherheit, eine reine Vergangenheitsfortschreibung der Planwerte ist daher unzweckmäßig.

  • Eine Planung ist im Einklang mit potenziellen Chancen und Gefahren aufzubauen und ihre Auswirkung in der Planung kenntlich zu machen. Als Entscheidungsgrundlage bedarf sie eines Risikoumfangs sowie einer Gegenüberstellung von potenziellen Erträgen und Risiken.

I. Unsicherheit bei Unternehmensplanungen

Die Behandlung von zukunftsbezogenen Informationen ist die größte Herausforderung der Planung. Eine reine Vergangenheitsfortschreibung mit einfachen Anpassungen, wie es viele Unternehmen tätigen, ist in Anbetracht des volatilen Unternehmensumfeldes nicht ausreichend. Planwerte lassen sich durch die Volatilität nicht bestimmen oder treten nicht wie geplant ein. Dadurch wird die Planung unglaubwürdig (bspw. gegenüber Kreditgebern) und das Unternehmen lebt sie nicht. Somit ist eine traditionelle Planung, insbesondere zur Entscheidungsfindung, nicht mehr zweckmäßig.

Andererseits planen Unternehmen vielfach nur einwertig, d. h. lediglich der wahrscheinlichste Wert wird angenommen. Ausprägungen, die ebenso möglich sind, werden vernachlässigt. Eine explizite Berücksichtigung von Chancen/Gefahren wird nicht genutzt. Demzufolge bleiben gewisse Ereignisse unberücksichtigt, obwohl sie eintreten können. Diese traditionellen Planwerte suggerieren eine Scheingenauigkeit, durch die Fehlentscheidungen resultieren.

Praxishinweis:

Können Planwerte resp. -annahmen nicht eindeutig bestimmt werden oder kann man den Wert/die Annahme mit unterschiedlicher Ausprägung heranziehen, dann ist der Wert/die Annahme unsicher bzw. mit Risiken behaftet.

II. Einbezug von Chancen und Risiken

Mit dem IDW Praxishinweis 2/2017 „Beurteilung einer Unternehmensplanung bei Bewertung, Restrukturierungen, Due Diligence und Fairness Opinion“ hat das IDW eine Arbeitshilfe zur Planungsplausibilisierung und somit auch zur Planerstellung veröffentlicht. In dieser verlangt das IDW zum einen, dass S. 15Planungen aufgrund innewohnender Unsicherheit zu plausibilisieren sind. Zum anderen sind sie stets im Einklang mit der zukünftigen Entwicklung, den (wesentlichen) Chancen und Gefahren sowie deren Bezug auf die Planannahmen aufzubauen. Um den Umgang mit der Unsicherheit zu bekräftigen, sind ergänzende Ansätze wie eine Szenarioplanung oder Sensitivitätsanalyse zu tätigen.

Praxishinweis:

Neben dem IDW Praxishinweis geben die Grundsätze ordnungsgemäßer Planung (GoP) einen Leitfaden zur Planerstellung und zum Einbezug von Risiken.

Folglich verlangt der IDW Praxishinweis die Überführung einer traditionellen in eine risikoadjustierte Planung. Letztere konkretisiert Chancen/Gefahren sowie unsichere Planannahmen (nachfolgend werden diese drei Ausrichtungen unter Risiken zusammengefasst) und macht deren Auswirkungen kenntlich. Dies geschieht einerseits, indem der Planer Risiken in unterschiedlichen Auswirkungen in die Planung einbezieht und somit Planwerte nutzt, die sich „im Mittel“ als richtig bewahrheiten (Erwartungsszenario). Möglich wird ein solches Vorgehen vor allem durch ein stochastisches Planungsmodell.

Praxishinweis:

Für wesentliche Planabweichungen sowie Risiken sollten im Vorfeld Gegenmaßnahmen (Risikobewältigungsmaßnahmen) entwickelt werden, damit sie zeitnah bei eintretenden Planabweichungen umgesetzt oder bestenfalls schon während der Planphase minimiert werden.

Andererseits ist neben dem Erwartungsszenario eine mehrwertige Planung, sog. Bandbreitenplanung (s. Übersicht 1), aufzubauen. Hierbei wird in Form eines Korridors geplant, der eine plausible Ober- und Untergrenze, also einen best- und worst-case aufzeigt. Innerhalb dieser Bandbreite liegt i. d. R. der zu erwartende Wert. Anhand der Korridorbreite lässt sich zudem die Risikoauswirkung (Risikoumfang), also die potenziellen Planabweichungen vom Erwartungsszenario verdeutlichen. So kann der Prüfer beurteilen, ob es sich beim vorgelegten Planfall um ein Erwartungs- oder ein davon abweichendes Szenario handelt und der Planfall/-wert eher zu positiv (Erwartungswert < Planwert) oder negativ (Erwartungswert > Planwert) geplant ist. Mit der Breite des Korridors erhält der Prüfer zugleich Informationen, wie risikobehaftet die Planung ist – je breiter der Korridor, desto risikobehafteter die Planung. Nicht nur der IDW Praxishinweis verlangt eine risikoadjustierte Planung, sondern auch IDW Standards wie bspw. IDW S 1, S 6 oder der Leitfaden GoP.