Auswahl des Finanzamtes zwischen mehreren Vermögensgegenständen des Schuldners
Vollstreckung in Gesamthandsanteile
Leitsatz
1. Das Verbot der Überpfändung gemäß § 281 Abs. 2 AO ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, so dass ein Schadensersatzanspruch
gegen den Staat wegen Amtspflichtverletzung in Betracht kommt. Hieraus kann sich nach Erledigung der Pfändungsmaßnahmen das
für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse ergeben.
2. Die mit der Pfändung von Gesamthandsanteilen (im Streitfall: Anteil an einer Grundstücksgemeinschaft) gegebene Verstrickung
der aus der Mitgliedschaft folgenden übertragbaren Vermögensrechte erfasst den Gewinnanteil und den Auseinandersetzungsanspruch
bzw. den Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens sowie sonstige gesellschaftsvertraglich begründete Ansprüche.
3. Mit dem Verbot der Überpfändung soll verhindert werden, dass wegen einer Forderung eine Vielzahl von Vermögensgegenständen
in Beschlag genommen wird, wenn wenigstens ein pfändbarer Gegenstand vorhanden ist oder auch mehrere vorhanden sind, dessen
Wert oder deren Gesamtwert den erforderlichen Betrag in geringerem Maße übersteigt. Jedoch darf ein Gegenstand oder eine Forderung
mit einem Wert, der die Forderung überschreitet, gepfändet werden, wenn andere pfändbare Gegenstände nicht oder nicht in ausreichendem
Maße vorhanden sind.
4. Die Entscheidung des Finanzamtes für die Vollstreckung in einen Vermögensgegenstand des Schuldners ist nicht schon deshalb
rechtswidrig ist, weil es auch andere Möglichkeiten der Vollstreckung gegeben hätte. Dies gilt selbst dann, wenn diese andere
Möglichkeit bei ex-post-Betrachtung nicht nur gleichwertig, sondern in der Beurteilung von Belastung und Effizienz günstiger
wäre.
5. Das Verbot der Überpfändung gilt nicht für die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen.
Fundstelle(n): EFG 2020 S. 4 Nr. 1 FAAAH-37873
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