BGH Beschluss v. - 4 StR 310/19

Besetzung der Großen Straf- oder Jugendkammer bei Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens

Gesetze: § 76 Abs 1 S 2 GVG, § 33b Abs 1 JGG, § 33a Abs 2 JGG, § 33b Abs 1 JGG, § 199 Abs 1 StPO, § 206a Abs 1 StPO

Instanzenzug: LG Frankenthal Az: 5273 Js 39173/18 - 7 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in vier Fällen, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Besitzes von Betäubungsmitteln unter Einbeziehung der Strafe aus einer anderen Verurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und einem Monat verurteilt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unter Bestimmung des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der nicht näher ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts.

2Das Rechtsmittel führt zur Einstellung des Verfahrens, da es hinsichtlich der Anklage der Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) vom , die der im angefochtenen Urteil erfolgten Verurteilung des Angeklagten zugrunde liegt, an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses fehlt.

3Über die Eröffnung der durch Einreichung einer Anklageschrift bei Gericht gemäß § 170 Abs. 1 StPO erhobenen Anklage der Staatsanwaltschaft Franken-thal (Pfalz) vom hat das Landgericht in der Hauptverhandlung, die gegen den Angeklagten wegen der Vorwürfe aus der ordnungsgemäß zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage der Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) vom geführt worden ist, in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen entschieden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Zulassung der Anklage, auch wenn sie in bereits laufender Hauptverhandlung vorgenommen wird, von der Großen Straf- oder Jugendkammer stets in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung, mithin mit drei Berufsrichtern unter Ausschluss der Schöffen (§ 199 Abs. 1 StPO i.V.m. § 76 Abs. 1 Satz 2 GVG, § 33b Abs. 1 und 7, § 33a Abs. 2 JGG) zu treffen. Ergeht die Entscheidung nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Besetzung, ist sie unwirksam (st. Rspr.; vgl. nur , BGHSt 50, 267; Urteil vom - 2 StR 45/14, BGHSt 60, 248, 250; Beschluss vom - 4 StR 598/14, wistra 2015, 443, 444), was ein im selben Verfahren nicht mehr behebbares Verfahrenshindernis zur Folge hat (vgl. , NStZ 2016, 747 mwN) und demgemäß zur Einstellung des Verfahrens nach § 206a Abs. 1 StPO führt.

4Die Verfahrenseinstellung erfasst auch die Anklagevorwürfe aus der Anklage der Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) vom , welche die Jugendkammer nach § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt hat. Denn die Teileinstellung des Verfahrens war, da die Tatvorwürfe mangels wirksamer Eröffnungsentscheidung nicht zum Gegenstand des Hauptverfahrens geworden sind, ebenfalls unwirksam (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 133/18, StraFo 2018, 471; vom - 4 StR 648/94, BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 13).

5Im Hinblick auf die umgehend zu erwartende Erhebung einer neuerlichen Anklage, weswegen der Verfahrenseinstellung ihrem sachlichen Gehalt nach nur ein vorläufiger Charakter zukommt, sowie die Möglichkeit der Wiedereinbeziehung von Anklagevorwürfen aus der Anklage der Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) vom nach § 154 Abs. 4 StPO sieht der Senat keine Veranlassung zu einer eigenen Haftentscheidung (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 280/11 Rn. 11; vom - 4 StR 648/94, aaO; vom - 3 StR 457/93, NJW 1994, 2966). Die insoweit erforderlichen richterlichen Entscheidungen bleiben dem Tatgericht überlassen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:180719B4STR310.19.0

Fundstelle(n):
DAAAH-37356