Erfolgloser Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen Versetzung
Gesetze: § 17 Abs 6 S 1 WBO
Tatbestand
1Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen seine Versetzung.
2... Zuletzt wurde er als Verpflegungsbootsmann auf der Fregatte ... verwendet; aktuell ist er bis zum ... Fregattengeschwader in X kommandiert. Der Antragsteller ist ledig und hat keine Kinder.
3Mit ärztlicher Mitteilung vom wurde festgestellt, dass der Antragsteller dauerhaft nicht borddienstverwendungsfähig ist. In einem Personalgespräch am wurde ihm deshalb mitgeteilt, dass geplant sei, ihn zur Z nach Y zu versetzen. Eine erste Versetzung dorthin mit Verfügung vom wurde auf die Beschwerde des Antragstellers wieder aufgehoben.
4Am erfolgte die Anhörung der Vertrauensperson zur erneut beabsichtigten Versetzung des Antragstellers. Diese äußerte keine Einwände gegen die Versetzung, hielt es jedoch für kameradschaftlich, mit dem Antragsteller eine Alternative zu erörtern.
5Mit der hier gegenständlichen Verfügung Nr. ... vom , ausgehändigt am , versetzte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den Antragsteller zum mit Dienstantritt am selben Tage auf den Dienstposten eines Verpflegungsfeldwebels Streitkräfte bei der Z in Y.
6Hiergegen erhob der Antragsteller unter dem Beschwerde, mit der er vor allem geltend machte, dass die sechsmonatige Schutzfrist nicht eingehalten worden sei und er sich nicht für eine Verwendung in einem Verband eigne, dessen ureigenste Aufgabe die Durchführung von Auslandseinsätzen sei.
7Mit ärztlicher Mitteilung vom stellte der Truppenarzt des Sanitätsversorgungszentrums X für den Antragsteller Folgendes fest: "Dienstfähig und eingeschränkt verwendungsfähig, für vorgesehene Verwendung (M 060) geeignet. Auflagen: Heimatnahe Verwendung erforderlich". Auf die daraufhin veranlasste Prüfung stellte die Beratende Ärztin des Bundesamts für das Personalmanagement unter dem fest, dass schwerwiegende persönliche Gründe gemäß Zentralerlass B-1300/46 in Bezug auf die gewünschte Personalmaßnahme aus rein militärärztlicher Sicht nicht vorlägen.
8Mit Bescheid vom wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde des Antragstellers zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein dienstliches Bedürfnis für die Versetzung bestehe, weil der Antragsteller wegen des Wegfalls seiner Borddienstverwendungsfähigkeit für seinen bisherigen Dienstposten nicht mehr geeignet sei. Eine Schutzfrist sei in den Fällen der Wegversetzung wegen fehlender Eignung nicht einzuhalten. Schwerwiegende persönliche Gründe lägen nicht vor. Ein heimatnaher freier Dienstposten könne derzeit nicht aufgezeigt werden.
9Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt (BVerwG 1 WB 65.19) und den hier gegenständlichen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt.
10Zu dessen Begründung führt der Antragsteller insbesondere aus:
Er wende sich weiterhin gegen die Nichteinhaltung der Schutzfrist. Soweit diese bei Wegversetzungen wegen fehlender Eignung nicht einzuhalten sei, könne das nicht für den Fall gelten, dass die fehlende Eignung auf gesundheitlichen Einschränkungen beruhe. Gerade in einem solchen Fall diene die Schutzfrist der Wahrung persönlicher Belange des Soldaten. Er widerspreche auch der Einschätzung, dass keine schwerwiegenden persönlichen Gründe vorlägen. Der fachärztlichen Begutachtung des Bundeswehrkrankenhauses ... vom sei zu entnehmen, dass aus wehrpsychologischer Sicht eine heimatnahe Verwendung einer ambulanten Psychotherapie vorzuziehen sei. Er berufe sich auch auf die Vorschriften zur Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Er bezweifle, dass im Raum X, A, B und C kein Bedarf für einen Küchenmeister bestehe. Nochmals weise er darauf hin, dass Aufgabe des Z sei, Auslandseinsätze der Bundeswehr zu unterstützen. Er stehe wegen seiner Verwendungsausschlüsse für solche Einsätze nicht zur Verfügung.
11Der Antragsteller beantragt,
eine vorläufige Entscheidung mit aufschiebender Wirkung zu veranlassen.
12Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
13Es führt ergänzend zu den Gründen des Beschwerdebescheids insbesondere aus, dass auch eine erneute Überprüfung durch das Bundesamt für das Personalmanagement ergeben habe, dass der Antragsteller wegen seiner dauerhaft fehlenden Borddienstverwendungsfähigkeit auf seinem derzeitigen Dienstposten nicht mehr einsetzbar sei. Demgegenüber sei der avisierte Dienstposten aus Personalbedarfsgründen zu besetzen. Dieser Dienstposten sei wie die gesamte Z nicht mit einsatzspezifischen Vorgaben hinterlegt, so dass der Antragsteller hierfür geeignet sei. Die sechsmonatige Schutzfrist gelte nicht für Versetzungen wegen fehlender Eignung, worunter auch der Verlust der gesundheitlichen Eignung falle. Gleichwohl sei das Dienstantrittsdatum zunächst auf den 21. Oktober sowie nochmals mit 3. Korrektur zu der angefochtenen Versetzungsverfügung auf den verschoben worden. Schwerwiegende persönliche Gründe, die einer Versetzung entgegenstehen könnten, seien auch nach Sichtung der Stellungnahmen des Sanitätsversorgungszentrums X vom und des Bundeswehrkrankenhauses ... vom , der G-Akteneinträge vom bis sowie der ärztlichen Mitteilung für die Personalakte vom nicht festgestellt worden. Zuletzt sei diese Bewertung nochmals am durch die Beratende Ärztin des Bundesministeriums der Verteidigung überprüft und bestätigt worden.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung, die Personalgrundakte des Antragstellers und die Akte des Hauptsacheverfahrens BVerwG 1 WB 65.19 lagen dem Senat bei der Beratung vor.
Gründe
15Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung (BVerwG 1 WB 65.19) gegen die Versetzungsverfügung des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr Nr. ... vom (i.d.F. der 3. Korrektur vom ) in Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministeriums der Verteidigung vom anzuordnen, ist gemäß § 17 Abs. 6 Satz 2 WBO i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO zulässig, aber unbegründet.
16Der Gesetzgeber hat dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit truppendienstlicher Maßnahmen grundsätzlich den Vorrang vor den persönlichen Belangen des Soldaten eingeräumt (§ 17 Abs. 6 Satz 1 WBO). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt deshalb nur in Betracht, wenn sich bereits bei summarischer Prüfung durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Maßnahme ergeben oder dem Soldaten durch deren sofortige Vollziehung unzumutbare, insbesondere nicht wiedergutzumachende Nachteile entstünden (stRspr, vgl. z.B. 1 WDS-VR 3.14 - juris Rn. 22 m.w.N.).
171. Bei summarischer Prüfung bestehen gegen die angefochtene Versetzungsverfügung keine rechtlichen Bedenken.
18Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat ein Soldat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Über die Verwendung eines Soldaten entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen (stRspr, vgl. 1 WB 30.02 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30 S. 24 m.w.N.). Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte oder die personalbearbeitende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm bzw. ihr zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind (vgl. z.B. 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27>), wie sie sich insbesondere aus dem Zentralerlass B-1300/46 "Versetzung, Dienstpostenwechsel, Kommandierung" ergeben.
19Nach diesen Maßstäben ist die Versetzung des Antragstellers rechtlich nicht zu beanstanden.
20a) Das gemäß Nr. 201 Punkt 1 ZE B-1300/46 erforderliche dienstliche Bedürfnis für die Versetzung ist gegeben.
21Der Antragsteller ist für seinen aktuellen Dienstposten als Verpflegungsbootsmann auf der Fregatte ... nicht geeignet (Nr. 202 Buchst. g ZE B-1300/46), weil ihm die dafür erforderliche Borddienstverwendungsfähigkeit dauerhaft fehlt; die entsprechende Feststellung in der ärztlichen Mitteilung vom hat er nicht in Zweifel gezogen. Der Dienstposten eines Verpflegungsfeldwebels Streitkräfte bei der Z ist frei und zu besetzen (Nr. 202 Buchst. a ZE B-1300/46). Der Antragsteller ist hierfür nach seiner Ausbildung und bisherigen Verwendung geeignet; eine - ihm nach seinem Vortrag möglicherweise fehlende - Auslandsdienstverwendungsfähigkeit ist nicht Voraussetzung für diesen Dienstposten. Ob es im Raum X, A, B und C weitere zu besetzende Dienstposten für Küchenmeister gibt, kann dahinstehen, weil dem Dienstherrn Ermessen zukommt, auf welchen von mehreren freien Dienstposten es einen Soldaten versetzt.
22b) Es sind keine Ermessensfehler bei der Entscheidung über die Versetzung ersichtlich.
23Schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne von Nr. 203 bis 206 ZE B-1300/46, bei denen von einer Versetzung abgesehen werden kann, sind nach den vorliegenden Unterlagen nicht gegeben. Insbesondere ist der Verbleib des Antragstellers am bisherigen Standort nicht aufgrund eines (militär-)ärztlichen Gutachtens wegen seines Gesundheitszustands notwendig (Nr. 204 Buchst. a ZE B-1340/46). Die vom Antragsteller geltend gemachten, nicht näher bezeichneten gesundheitlichen Einschränkungen wurden im vorgerichtlichen Verfahren mehrfach geprüft. Auf das Ergebnis der truppenärztlichen Begutachtung beim Sanitätsversorgungszentrum X hin, wonach eine heimatnahe Verwendung erforderlich sei (Ärztliche Mitteilung vom ), wurde eine Prüfung durch die dafür zuständige Beratende Ärztin des Bundesamts für das Personalmanagement veranlasst, die feststellte, dass aus militärärztlicher Sicht keine der beabsichtigten Versetzung entgegenstehenden schwerwiegenden persönlichen Gründe vorlägen (Schreiben vom ). Soweit der Antragsteller mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vorträgt, dass nach einer fachärztlichen Begutachtung des Bundeswehrkrankenhauses ... vom aus wehrpsychologischer Sicht eine heimatnahe Verwendung einer ambulanten Psychotherapie "vorzuziehen" sei, ergibt sich daraus bereits dem Wortlaut nach keine "Notwendigkeit" im Sinne von Nr. 204 Buchst. a ZE B-1340/46. Unabhängig davon hat auch eine erneute Prüfung aller vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und Untersuchungsergebnisse durch die Beratende Ärztin des Bundesamts für das Personalmanagement ergeben, dass schwerwiegende persönliche Gründe im Falle des Antragstellers nicht gegeben sind (Schreiben vom mit den dort unter Nr. 7 bis 10 aufgeführten Bezügen). Dieses Ergebnis wurde von der Beratenden Ärztin des Bundesministeriums der Verteidigung nach fachaufsichtlicher Prüfung am bestätigt.
24Soweit sich der Antragsteller außerdem auf Nr. 101 und 102 der (inzwischen außer Kraft gesetzten) Zentralen Dienstvorschrift A-2640/22 zur "Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften" bezieht, ist nicht ersichtlich, inwiefern familiäre Belange des ledigen und kinderlosen Antragstellers durch die Versetzung berührt sind. Unabhängig davon handelt es sich hierbei um personalpolitische Programmsätze, aus den sich keine subjektiven Rechtspositionen ableiten lassen (vgl. zur früheren "Teilkonzeption Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften" 1 WDS-VR 3.14 - juris Rn. 42 m.w.N.). Gleiches gilt für die entsprechenden Regelungen der Nachfolge-ZDv A-2645/6 zur "Vereinbarkeit von Familie und Beruf/Dienst".
25c) Auch sein Einwand, er habe nicht ausreichend Zeit gehabt, seine persönlichen Angelegenheiten zu regeln, greift nicht durch.
26Dem Antragsteller ist seit Feststellung seiner dauerhaft fehlenden Borddienstverwendungsfähigkeit im Juni 2018, also seit über einem Jahr, bekannt, dass er von seinem Dienstposten auf der Fregatte ... wegversetzt werden muss. Gleiches gilt für die Absicht, ihn deswegen zur Z nach Y zu versetzen, die ihm in einem Personalgespräch am eröffnet wurde.
27Die sechsmonatige Schutzfrist bei Änderungen des Dienstorts (Nr. 602 Satz 1 ZE B-1300/46) - deren Verletzung nur den Zeitpunkt des Dienstantritts, nicht aber die Rechtmäßigkeit der Versetzung als solche berühren würde (stRspr, vgl. 1 WB 34.15 - juris Rn. 30 m.w.N.) - gilt gemäß Nr. 602 Satz 4 Punkt 5 ZE B-1300/46 nicht in dem hier gegebenen Fall der Versetzung wegen fehlender Eignung (Nr. 202 Buchst. g ZE B-1300/46). Sie wäre, ihre Geltung unterstellt, im Übrigen auch gewahrt, nachdem das Dienstantrittsdatum der am bekanntgegebenen Versetzung auf den sowie nochmals mit der 3. Korrektur auf den verschoben wurde; es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob, wie der Antragsteller meint, die Schutzfrist auch in bestimmten Fallkonstellationen der Versetzung wegen fehlender Eignung zu beachten sein könnte.
28d) Die Vertrauensperson wurde zu der Versetzung des Antragstellers angehört und ihre Stellungnahme vom in die Personalentscheidung einbezogen (§ 21, § 24 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 SBG).
292. Für den Antragsteller entstehen aus der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Versetzung keine unzumutbaren, insbesondere nicht wiedergutzumachenden Nachteile, die - ungeachtet der nach summarischer Prüfung gegebenen Rechtmäßigkeit der Versetzung - seinen Verbleib auf dem bisherigen Dienstposten bis zur gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache gebieten würden.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2019:211019B1WDSVR12.19.0
Fundstelle(n):
NAAAH-35199