Umsatzsteuer auf Ablösebeträge nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz
Leitsatz
Zahlungen, mit denen die Erhaltungs- und Betriebslast nach § 15 Abs. 4 EKrG abgelöst wird, die ein neu hinzukommender Verkehrsweg für die Anlage eines anderen Kreuzungsbeteiligten begründet, unterliegen der Umsatzsteuer.
Gesetze: § 11 Abs 1 EBKrG, § 14 Abs 1 S 1 EBKrG, § 14 Abs 1 S 2 EBKrG, § 14 Abs 3 EBKrG, § 15 Abs 1 S 1 EBKrG, § 15 Abs 4 EBKrG, § 1 Abs 1 Nr 1 UStG
Instanzenzug: Sächsisches Oberverwaltungsgericht Az: 4 A 664/16 Urteilvorgehend Az: 1 K 2396/14 Urteil
Tatbestand
1Die Beteiligten streiten um die Umsatzsteuer auf Ablösezahlungen für die Erhaltung von zwei Eisenbahnüberführungen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz.
2Die beklagte Stadt plante als Straßenbaulastträgerin den Neubau der Bundesstraßen B6 und B87 auf ihrem Stadtgebiet. Die Straßen mussten zwei Eisenbahnstrecken der Klägerin queren. Hierzu schloss die Beklagte mit der Klägerin unter dem 18. Februar/ und 13. März/ zwei Kreuzungsvereinbarungen nach dem Gesetz über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (Eisenbahnkreuzungsgesetz - EKrG). Darin wurde vereinbart, die Kreuzungen als Eisenbahnüberführungen herzustellen. In § 7 der Vereinbarungen heißt es:
(1) Für die Erhaltung der Kreuzungsanlagen gilt § 14 EKrG.
[...]
(3) Die Erhaltungs- und Betriebskosten werden der DB Netz nach § 15 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 EKrG vom Straßenbaulastträger abgelöst. Der Ablösebetrag wird voraussichtlich [...] € (netto) betragen. Für die Ablöseberechnung sind die "Richtlinien für die Erstattung und Ablösung von Erhaltungskosten bei Überführungen und Vorteilsausgleich" (VkBl. 1979, S. 733) und die "Richtlinien für die Berechnung der Ablösungsbeträge der Erhaltungskosten für Brücken und sonstige Ingenieurbauwerke - Ablösungsrichtlinien 1980" [...] maßgebend.
3Die Beklagte zahlte die von der Klägerin geforderten Beträge (Bauwerk 1: 579 000 €; Bauwerk 2: 384 900 €), jedoch ohne die von der Klägerin ausgewiesene Umsatzsteuer (Bauwerk 1: 110 010 €; Bauwerk 2: 73 131 €, insgesamt 183 141 €).
4Der Klage auf Zahlung der in Rechnung gestellten Umsatzsteuer hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom im Wesentlichen stattgegeben.
5Dieses Urteil hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufung der Beklagten mit Urteil vom geändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach den Vertragsbestimmungen sei zwar eine etwa anfallende Umsatzsteuer zu erstatten; allerdings unterlägen Ablösebeträge nach § 15 Abs. 4 EKrG nicht der Umsatzsteuer. Die Klägerin erbringe keine Leistung an die Beklagte, denn die Erhaltung des Bauwerks treffe die Klägerin kraft Gesetzes, die Verpflichtung hierzu bestehe gegenüber der Allgemeinheit. Die Erhaltungslast sei auch keine gemeinsame Kreuzungsbaulast. Daher seien Ablösebeträge einer Entschädigung gleichzusetzen, für die keine Umsatzsteuer anfalle.
6Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verteidigt die Klägerin das verwaltungsgerichtliche Urteil und macht geltend, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erbringe sie, die Klägerin, eine Leistung. Sie verschaffe der Beklagten durch den Erhalt sicherer Eisenbahnanlagen im Kreuzungsbereich einen individuellen, in deren Interesse liegenden Vorteil. Die Haftung der Beklagten bei Verletzung von Verkehrssicherungspflichten sei nicht auszuschließen. Dementsprechend habe die Beklagte ein erhebliches Eigeninteresse an den Erhaltungsmaßnahmen. Ihre Interessen seien durch das kreuzungsrechtliche Gemeinschaftsverhältnis geschützt. Die Ablösebeträge stünden dadurch mit der Leistung in einem unmittelbaren Zusammenhang, eine finale Verknüpfung sei nicht erforderlich. Die Beklagte sei als Endverbraucherin anzusehen, die nach dem Neutralitätsgebot allein mit der Umsatzsteuer zu belasten sei. Die Umsatzsteuer sei auch schon mit Erhalt der Ablösesumme abzuführen und nicht erst mit der Durchführung der Maßnahmen. Der Ablösebetrag sei weder ein Zuschuss noch eine Entschädigung, weil die Klägerin nicht gefördert werden solle und kein auszugleichender Schaden vorliege.
7Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil. Umsatzsteuerzahlungen hätten für kommunale Haushalte eine hohe Bedeutung, da Kommunen nicht vorsteuerabzugsberechtigt seien und mit der Umsatzsteuer final belastet würden. Eisenbahnüberführungsbauwerke seien Anlagen der Bahn und von ihr nach § 14 EKrG kraft Gesetzes auf eigene Kosten zu erhalten. Das Eisenbahnkreuzungsrecht kenne, abgesehen von den Mehrkostenfällen nach § 15 EKrG, kein Erhaltungsentgelt. Ein kreuzungsrechtliches Gemeinschaftsverhältnis bestehe insoweit nicht, werde jedenfalls durch § 14 EKrG zurückgedrängt. Auch bei der gleichzeitigen Anlegung von zwei Verkehrswegen seien die Erhaltungsmehrkosten unstreitig nicht zu erstatten. Daher sei die Erhaltung von Kreuzungsanlagen mit ihrer Herstellung, auf deren Kosten unstreitig Umsatzsteuer zu zahlen sei, nicht gleich zu behandeln. Der Erhaltungspflichtige erbringe mit der Erhaltung dem anderen Kreuzungsbeteiligten gegenüber keine Leistung. Vielmehr erfülle er eine gesetzliche Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit. Zudem sei die Ablösesumme keine Gegenleistung für eine tatsächlich erbrachte Leistung. Die Erhaltungsmaßnahmen lägen bei Zahlung der Ablösebeträge noch in der Zukunft. Die Beklagte habe auf sie weder Anspruch noch Einfluss. Es sei daher fiktiv, ob, wann und in welchem Umfang Maßnahmen durchgeführt würden. Die Ablösesumme werde voraussetzungslos gezahlt, die Klägerin müsse nichts tun und auf nichts verzichten, um sie zu erhalten. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Erhaltung und der Erstattung der Kosten hierfür fehle. Im Ergebnis seien Ablösebeträge ein bloßer Nachteilsausgleich und einer nicht umsatzsteuerbaren Entschädigung gleichzustellen.
8Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht tritt in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium der Finanzen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bei, dass Ablösebeträge der Umsatzsteuer unterlägen. Die aktuellen Richtlinien sähen - wie schon die Vorgängerfassung - vor, dass Ablösebeträge vom Zahlungspflichtigen zuzüglich der Umsatzsteuer zu zahlen seien, wenn der Empfänger des Betrages Unternehmer sei. Die Ablösepflicht nach § 15 EKrG sei einer Vereinbarung zugänglich. Das spreche für einen Leistungsaustausch auf der Grundlage der kreuzungsrechtlichen Sonderverbindung. Die Zahlung sei der Ausgleich eines Vermögensvorteils durch die Mitwahrnehmung des Unterhaltungsinteresses. Ein nicht steuerbarer Schadenersatz liege nicht vor, weil die rechtmäßige Errichtung einer Kreuzung keine Pflichtverletzung sei.
Gründe
9Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), indem es die Umsatzsteuerbarkeit von Ablösebeträgen nach § 15 Abs. 4 EKrG verneint. Zahlungen, mit denen die Erhaltungs- und Betriebslast nach § 15 Abs. 4 EKrG abgelöst wird, die ein neu hinzukommender Verkehrsweg für die Anlage eines anderen Kreuzungsbeteiligten begründet, unterliegen der Umsatzsteuer.
101. Anspruchsgrundlage für die Zahlung der Umsatzsteuer ist § 7 Abs. 3 Satz 1 der Kreuzungsvereinbarungen.
11Die Vorinstanzen haben die Vertragsbestimmungen dahin ausgelegt, dass die Beklagte durch sie verpflichtet wird, die Erhaltungs- und Betriebskosten für die Eisenbahnüberführungen einschließlich anfallender Umsatzsteuer zu erstatten. Die Beteiligten haben diese Auslegung im Revisionsverfahren zugrunde gelegt; revisionsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht.
122. Die vertraglich vereinbarten Ablösebeträge sind steuerbare Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Danach unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (Nr. 1 Satz 1).
13a) Der Steuertatbestand ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Gerichtshofs der Europäischen Union erfüllt, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte bestimmbare Dienstleistung bildet. Dies ist dann der Fall, wenn zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein. Er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt (vgl. z.B. - DB 2019, 1823 Rn. 16 m.w.N.; [ECLI:EU:C:1997:627] - Landboden-Agrardienste/Finanzamt Calau - Rn. 20). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
14b) Zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht aufgrund des Kreuzungsverhältnisses ein Rechtsverhältnis, das - soweit die gesetzlichen Bestimmungen Raum lassen - durch die Kreuzungsvereinbarungen konkretisiert worden ist.
15c) Die Klägerin erbringt mit der Erhaltung der neuen Eisenbahnüberführungen über die Bundesstraßen B87 und B6 (neu) Leistungen an die Beklagte. Das ergibt sich aus der für die Kosten der Herstellung einer neuen Kreuzung geltenden Wertung in § 11 Abs. 1 EKrG, die § 15 Abs. 1 Satz 1 EKrG auf die hierdurch verursachten Erhaltungs- und Betriebslasten überträgt. Daraus ergibt sich, dass das Gesetz, ungeachtet abweichender Konstruktion der Kostentragung, Herstellung und Erhaltung einer durch die Neuerrichtung eines Verkehrsweges erforderlich werdenden Anlage gleichbehandelt wissen will.
16Zwar trifft es zu, dass die Eisenbahnüberführungen zum Schienenweg der Klägerin gehören und daher eisenbahn- wie kreuzungsrechtlich ihre Anlagen sind. Das besagt § 14 Abs. 3 EKrG. Ebenso ist richtig, wie die Beklagte betont, dass die Klägerin mit der Erhaltung der Überführungen eine eigene Aufgabe erfüllt. Das macht § 14 Abs. 1 Satz 1 EKrG deutlich, der den Eisenbahnunternehmer verpflichtet, Eisenbahnanlagen an Kreuzungen auf seine Kosten zu erhalten. Mit diesen Regelungen hat es hier jedoch nicht sein Bewenden. Für die Fälle des § 11 Abs. 1 EKrG hat die Beurteilung, ob Erhaltungsmaßnahmen als Leistungen an einen anderen Kreuzungsbeteiligten anzusehen sind, maßgeblich auf § 15 Abs. 1 Satz 1 EKrG abzustellen; im Umfang dessen Anwendungsbereichs wird die Kostentragungsregelung des § 14 EKrG modifiziert. Die in § 15 Abs. 1 Satz 1 EKrG angeordnete Erstattungspflicht überträgt das in § 11 Abs. 1 EKrG niedergelegte Veranlasserprinzip auf die durch Erhaltungsmaßnahmen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 EKrG) verursachten Mehrkosten und ordnet insoweit demjenigen Kreuzungsbeteiligten, dessen Verkehrsweg neu hinzukommt, die materielle Kostenverantwortung auch für die Erhaltungsmehrkosten zu.
17Dass § 14 EKrG für diese Fälle nicht die von der Beklagten angenommene abschließende Regelung über die Kostentragung enthält, erklärt sich aus dem begrenzten Zweck der Norm: Die strikte Regelung in § 14 Abs. 1 EKrG, wonach jeder Beteiligte für seinen Teil der Kreuzungsanlage die Erhaltungslast trägt, dient vorrangig dazu, klare Zuständigkeiten zu schaffen. Ein Streit um die Verantwortlichkeit und die Kostentragung soll im Zusammenhang mit der Durchführung von Maßnahmen vermieden werden. Er könnte zum Aufschub notwendiger Maßnahmen und dadurch zu einem Sicherheitsrisiko für den betreffenden Verkehrsweg führen (vgl. 4 C 29.77 - Buchholz 407.2 EKrG Nr. 7 S. 4 und vom - 11 A 2.96 - BVerwGE 102, 269 <272 f.>). Das besondere Bedürfnis nach einer feststehenden Regelung der Verantwortlichkeit für die Erhaltung ändert jedoch nichts daran, dass das Gesetz letztlich dem Veranlasser im Sinne des § 11 Abs. 1 EKrG die materielle Verantwortlichkeit für den Mehraufwand der Erhaltung einer fremden Anlage zuweist. Insofern erbringt die Klägerin Erhaltungsmehraufwand gewissermaßen als Erfüllungsgehilfin der Beklagten. Die Lage ist damit der in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geklärten Konstellation vergleichbar, dass ein Unternehmer als Geschäftsführer für einen Dritten gegen Aufwendungsersatz tätig wird (vgl. - BFHE 198, 233 <237> und vom - V R 92/01 - BFHE 201, 339 <341>).
18d) Die Erhaltung der neuen Eisenbahnüberführungen, soweit sie mit Mehrkosten verbunden ist, wendet der Beklagten einen verbrauchbaren "Mehrwert" zu. Zwar erfüllt die Klägerin, die als Aktiengesellschaft Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG ist, ihre gesetzliche Erhaltungslast zunächst im eigenen und auch im allgemeinen Interesse. Dieser Umstand schließt jedoch nicht aus, dass Erhaltungsmaßnahmen Gegenstand umsatzsteuerbarer Leistungen an einen anderen Leistungsempfänger sein können ( - BFHE 198, 233 <238>). So liegt der Fall hier; denn nach den konkreten Kreuzungsverhältnissen bedient die Klägerin zugleich Interessen der Beklagten als Straßenbaulastträgerin. Diese hätte die Bundesstraßen B6 und B87 ohne Errichtung der Überführungen nicht bauen können und könnte sie ohne deren Erhaltung nicht weiterbetreiben. Sicherheitsrelevante Mängel der Überführungen würden zwangsläufig zu einer den Aufgaben der Beklagten zuwiderlaufenden Sperrung der darunter verlaufenden Straßen führen.
19e) Die Erhaltungsleistungen sind nicht fiktiv. Die Beklagte meint, es stehe im Belieben der Klägerin, ob, wann und welche Erhaltungsmaßnahmen sie an einem Überführungsbauwerk durchführe. Das trifft nicht zu. Die Klägerin ist gesetzlich zur Erhaltung des Überführungsbauwerks verpflichtet. Wann und welche Maßnahmen erforderlich sind, hängt zwar vom konkreten Zustand des Bauwerks ab, steht aber nicht zu ihrer freien Disposition. Die Erhaltung der Überführungen unterliegt der Aufsicht des Eisenbahn-Bundesamtes; dieses kann Vernachlässigungen mit aufsichtsrechtlichen Mitteln entgegenwirken (vgl. §§ 5, 5a AEG).
20Wegen der aufsichtsrechtlich durchsetzbaren Erhaltungslast wäre für die Einordnung als tatsächliche Leistung an die Beklagte nicht einmal erheblich, wenn diese keinen Anspruch auf die Vornahme von Erhaltungsmaßnahmen gegen die Klägerin hätte, wie die Beklagte im Anschluss an das Berufungsurteil (UA Rn. 26) meint. Allerdings ist schon die Prämisse zweifelhaft. Soweit von der Erhaltung einer fremden Anlage der Weiterbetrieb des eigenen Verkehrsweges abhängt, besteht die gesetzliche Erhaltungspflicht - wie dargelegt - im Interesse auch des anderen Kreuzungsbetroffenen. Das spricht deutlich dafür, dass er ggf. ihre Erfüllung verlangen kann, ohne dass damit Ansprüche auf konkrete Maßnahmen verbunden sein müssten.
21Die Leistung ist auch nicht deshalb fiktiv, weil Zeitpunkt und Umfang der abgelösten Erhaltungsmaßnahmen bei Zahlung der Ablösesumme noch ungewiss sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordert die Festlegung der Ablösesumme eine vertretbare (realistische) Prognose der durch den neuen Verkehrsweg tatsächlich verursachten Erhaltungs- und Betriebsmehrkosten (vgl. 4 C 29.77 - Buchholz 407.2 EKrG Nr. 7 S. 4). Diese Prognose hat in der gesetzlichen Erhaltungslast eine sichere Grundlage. Zu den tatsächlichen Kosten der Erhaltung von Überführungsbauwerken liegen Erfahrungswerte vor, die es ausschließen, die Schätzung als spekulativ zu betrachten.
22f) Die Leistung der Klägerin und die Ablösezahlung stehen in einem Austauschverhältnis. Die Erstattungspflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 EKrG und die hieran anknüpfende Ablösung der Erhaltungs- und Betriebslast nach § 15 Abs. 4 EKrG zielen darauf, genau den Vorteil auszugleichen, der dem Veranlasser des neu hinzukommenden Verkehrsweges aus der Erhaltung der Überführungen zufließt. Dabei ist ohne Bedeutung, dass die Erhaltungslast gesetzlich verankert ist. Denn die vorgenannten Regelungen über die Erstattung und Ablösung beziehen gerade daraus ihren Sinn. Im Übrigen entfällt die Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher Anordnung ausgeführt wird.
23g) Das Austauschverhältnis ist schließlich nicht deshalb zu verneinen, weil die Ablösezahlungen Entschädigungsleistungen wären. Zahlungen sind kein Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechts, wenn sie nicht für eine Leistung erfolgen, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat ( - DB 2019, 1124 Rn. 20 m.w.N.). Die Veranlassung der Überführungsbauwerke durch den Straßenbau der Beklagten hat nicht zu einem Schaden bei der Klägerin geführt. Nach den Grundsätzen des bürgerlichen Schadenersatzrechts, die im öffentlichen Recht entsprechend anzuwenden sind ( 3 A 2.10 - Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 25 Rn. 30 m.w.N.), ist anhand einer wertend-normativen Betrachtung zu entscheiden, ob die Aufwendungen der Klägerin zur Erhaltung als ausgleichswürdiger Schaden anzusehen sind. Das ist nicht der Fall. Die Kreuzungsbeteiligten erfüllen öffentliche Aufgaben. Ihr rechtmäßiges Handeln ist nicht makelbehaftet. Kreuzungskonflikte und die dadurch ausgelösten Beeinflussungen anderer Planungsträger werden dementsprechend in den §§ 11, 14 und 15 EKrG anhand eigenständiger Wertungsgesichtspunkte ausgeglichen.
24Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszuges verbleibt es bei der Kostenentscheidung des verwaltungsgerichtlichen Urteils.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2019:290819U3C30.17.0
Fundstelle(n):
HFR 2019 S. 1094 Nr. 12
QAAAH-34216