Ausschluss des Vorsteuerabzugs bei zu erwartender Kenntnis des Beziehers von Stromlieferungen über die Einbeziehung des ausländischen
Stromlieferanten in einen Mehrwertsteuerbetrug: Verschuldensmaßstab bei der Beurteilung des Erkennenkönnens der Beteiligung
am Mehrwertsteuerbetrug
Behandlung der bloßen Nichtabführung einer angemeldeten Umsatzsteuer als Betrug ernstlich zweifelhaft
Leitsatz
1. Der Vorsteuerabzug scheidet aus, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Leistungsempfänger wusste oder hätte
wissen können, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen
war.
2. Höchstrichterlich ungeklärt ist, welcher Verschuldensmaßstab (z.B. jegliche Form von Fahrlässigkeit, Vorsatz) für die Frage,
ob ein Unternehmen hätte wissen können, dass es sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung
einbezogen war, zugrunde zu legen ist. Im summarischen Verfahren der Aussetzung der Vollziehung muss insoweit von den höchsten
in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Anforderungen, also dem Vorliegen mindestens bedingten Vorsatzes ausgegangen werden,
d. h., dass die Verantwortlichen des Unternehmens der Leistungsempfängerin die Verkürzung der vom Lieferanten geschuldeten
Umsatzsteuer als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt haben und damit in der Weise einverstanden waren, dass sie die
Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf genommen oder sich um des erstrebten Zieles willen wenigstens mit ihr abgefunden
haben, mag ihnen auch der Erfolgseintritt an sich unerwünscht sein (vgl. (4) 121 Ss
175/16, 205/16; im Streitfall: bei Gesamtwürdigung aller Umstände kein bedingter Vorsatz der Klägerin, die Stromlieferungen
von einer in Ungarn ansässigen Gesellschaft erhalten hat, im Hinblick auf einen Umsatzsteuerbetrug der ungarischen Gesellschaft
durch fingierte Rechnungen über Leistungsbezüge, die keinen Zusammenhang mit den Stromlieferungen auswiesen).
3. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die bloße Nichtabführung einer angemeldeten Umsatzsteuer einen Mehrwertsteuerbetrug im
obigen Sinne darstellen würde.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): PStR 2020 S. 50 Nr. 3 UStB 2019 S. 360 Nr. 12 KAAAH-32958
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