Zu den Voraussetzungen einer Fehlerfeststellung im Enforcement-Verfahren
Leitsatz
1. Nach §§ 113 Abs. 2 WpHG (§ 37u Abs. 2 WpHG a. F.), 56 Abs. 2 Satz 1 WpÜG kann das Beschwerdegericht einen Fehlerfeststellungsbescheid bzw. eine Veröffentlichungsanordnung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Enforcement-Verfahren auch teilweise aufheben, wenn die Regelung teilbar ist.
2. In Fällen unklarer, auslegungsbedürftiger Vorschriften oder Standards, in denen sich ggf. strittige Bilanzrechtsfragen stellen, hat die BaFin im Enforcement-Verfahren grundsätzlich eine Auslegung und Anwendung des Unternehmens auch dann noch nicht zu akzeptieren und kann sie als fehlerhafte Rechnungslegung im Sinne des § 109 Abs. 1 WpHG (§ 37q Abs. 1 WpHG a. F.) feststellen, wenn die Rechtsansicht des Unternehmens zumindest nachvollziehbar und vertretbar ist. Für die Frage der Fehlerhaftigkeit der Rechnungslegung hat sie vielmehr grundsätzlich die objektiv richtige Rechtslage zugrunde zu legen (im Anschluss an OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom , WpÜG 1/15 und WpÜG 2/15). Im Ausnahmefall kann sich unter Berücksichtigung der erforderlichen Wesentlichkeit des Fehlers etwas anderes ergeben. Dies nimmt der Senat hier bei einem Konzernabschluss zum für die Frage an, ob unter Geltung der IFRS der auf indirekte Minderheitsgesellschafter anteilig entfallende Goodwill im Konzernabschluss vollständig oder teilweise auszuweisen ist.
3. Im Beschwerdeverfahren nach den §§ 113 Abs. 2 WpHG (§ 37u Abs. 2 WpHG a. F.), 48 ff. WpÜG findet eine Vorabentscheidung des Beschwerdesenats über die Rechtmäßigkeit der Zustimmungsverweigerung der BaFin in eine vollständige (Verwaltungs-)Akteneinsicht in entsprechender Anwendung des § 99 Abs. 2 VwGO nicht statt. Vielmehr gewährleistet das Zwischenverfahren nach den §§ 113 Abs. 2 WpHG (§ 37u Abs. 2 WpHG a. F.), 57 Abs. 2 Satz 4 bis 6 WpÜG den erforderlichen Rechtsschutz gegen die Behördenentscheidung. Es ist für die Einleitung dieses Zwischenverfahrens erforderlich, dass es nach dem Sach- und Streitstand für die Entscheidung des Gerichts im Beschwerdeverfahren auf bislang nicht offen gelegte Tatsachen oder Beweismittel ankommt.
4. Eine Erledigung der Hauptsache im Beschwerdeverfahren betreffend eine Veröffentlichungsanordnung der BaFin im Enforcement-Verfahren im Sinne der §§ 113 Abs. 2 WpHG (§ 37u Abs. 2 WpHG a. F.), 56 Abs. 2 Satz 2 WpÜG tritt noch nicht ohne weiteres dadurch ein, dass die angeordnete Veröffentlichung im Hinblick auf die sofortige Vollziehbarkeit der Anordnung und die Erfolglosigkeit eines gerichtlichen Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vorgenommen wird.
ECLI Nummer: ECLI:DE:OLGHE:2019:0204.WPUEG3.16.00
Fundstelle(n): SAAAH-32293
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