Verwertbarkeit einer in Vernehmungspause getätigten Spontanäußerung
Gesetze: § 136 Abs 1 S 2 StPO, § 163a Abs 4 S 2 StPO
Instanzenzug: LG Zwickau Az: 350 Js 3577/18 - 1 Ks
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Brandstiftung mit Todesfolge, mit zwei tateinheitlichen Mordversuchen, mit gefährlicher Körperverletzung und mit versuchter Brandstiftung mit Todesfolge zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und Adhäsionsentscheidungen getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
21. Die Verfahrensrügen haben aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen keinen Erfolg. Der Erörterung bedarf nur die Rüge der Verletzung von § 163a Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO. Diese ist unzulässig.
3a) Nach dem Rügevortrag wurde der Angeklagte nach der Tat von der Polizei zunächst als Zeuge vernommen. Nachdem sich der Angeklagte hierbei in erhebliche Widersprüche verwickelt hatte und weitere für seine Täterschaft sprechende Tatsachen bekannt geworden waren, wurde die Vernehmung zum Zwecke eines Telefonats mit der Staatsanwaltschaft unterbrochen. Während der Pause gab der Angeklagte wahrheitswidrig gegenüber dem bei ihm verbliebenen Vernehmungsbeamten an, der Brand sei womöglich durch das versehentliche Umwerfen eines Kerzenständers durch ihn entstanden. Nach kurzer Fortsetzung der Zeugenvernehmung wurde der Angeklagte nunmehr als Beschuldigter belehrt und festgenommen. Am Rande der Beschuldigtenvernehmung am selben Tag hielt der Polizeibeamte dem Angeklagten in einer weiteren Vernehmungspause diese Angaben vor und konfrontierte ihn mit der anderweitig erlangten Erkenntnis, dass in dem Kerzenständer keine Kerzen angebracht gewesen seien. Daraufhin legte der Angeklagte ein Geständnis ab. Eine qualifizierte Belehrung erfolgte zu keinem Zeitpunkt.
4b) Der Revisionsvortrag ist unvollständig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen müssen so vollständig und genau dargelegt werden, dass das Revisionsgericht allein aufgrund dieser Darlegung das Vorhandensein eines Verfahrensmangels feststellen kann, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen sind oder bewiesen werden (, StraFo 2015, 70 mwN).
5Die Prüfung, ob ein Verwertungsverbot vorliegt, kann jedoch nicht erfolgen, weil der Beschwerdeführer nicht vorträgt, wie es zu der vom Angeklagten in der Vernehmungspause abgegebenen Einlassung gekommen ist. Sofern der beim Angeklagten verbliebene Polizeibeamte keine gezielte Befragung durchgeführt, sondern lediglich passiv eine Spontanäußerung entgegengenommen hätte, wären die Verwertbarkeit dieser Äußerung und deren Vorhalt bei der späteren Beschuldigtenvernehmung auch dann rechtlich unbedenklich, wenn der Angeklagte schon zuvor als Beschuldigter hätte belehrt werden müssen (vgl. , BGHSt 58, 301, 305; vom – 3 StR 188/89, NStZ 1990, 43; Beschluss vom – 4 StR 170/09, NStZ 2009, 702).
62. Auf die Sachrüge war jedoch im Adhäsionsausspruch der Zeitpunkt der Verzinsung zu ändern. Zinsbeginn der ab Rechtshängigkeit beantragten Zinsen ist der Tag nach Eingang der Adhäsionsantragsschrift bei Gericht (, NStZ-RR 2019, 96).
73. Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:170719B5STR195.19.0
Fundstelle(n):
AAAAH-32059