Erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei Beteiligung einer grundstücksverwaltenden, nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegenden Gesellschaft an einer grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft
Leitsatz
NV: Einer grundstücksverwaltenden, nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegenden Gesellschaft ist die sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht deshalb zu verwehren, weil sie an einer rein grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt ist (Anschluss an Beschluss des Großen Senats des , BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262).
Gesetze: GewStG § 9 Nr. 1 Satz 2;
Instanzenzug: ,
Tatbestand
I.
1 Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, wurde im Dezember 2006 im Handelsregister eingetragen. Gründungsgesellschafter der Klägerin waren die am Kapital der Klägerin nicht beteiligte „. Verwaltungs GmbH“ als Komplementärin und A als Kommanditist. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin sind nach ihrem Gesellschaftsvertrag die Entwicklung und Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere Immobilienvermögens, und das Halten von Beteiligungen an Immobiliengesellschaften.
2 Mit notarieller Urkunde vom brachte A seine Beteiligungen an vier Grundstücks-GbR in die Klägerin ein. Anschließend teilte er seinen Kommanditanteil und übertrug die Beteiligungen im Wege der Schenkung auf seine Töchter.
3 In den Streitjahren 2007 bis 2012 bezog die Klägerin ihre Erträge im Wesentlichen aus den Beteiligungen an den vier GbR und erzielte daneben auch Zinseinnahmen. Die vier GbR erzielten ihrerseits Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 des Einkommensteuergesetzes, die von den zuständigen Finanzämtern gesondert und einheitlich festgestellt wurden. Die auf die Klägerin entfallenden Einkünfte der GbR wurden auf Ebene der Klägerin in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert.
4 In den Gewerbesteuermessbescheiden für die Streitjahre berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) die von der Klägerin begehrte erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) nicht, da es sich bei der Klägerin um eine Beteiligungsgesellschaft handele. Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit Urteil vom - 6 K 6091/12 statt.
5 Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
6 Es beantragt sinngemäß,
das FG-Urteil aufzuheben, soweit darin der Klage gegen die Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2007 bis 2012 stattgegeben wurde, und die Klage insoweit abzuweisen.
7 Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
8 Während des Revisionsverfahrens sind die Gewerbesteuermessbescheide für 2008 bis 2012 geändert worden.
Gründe
II.
9 Die Revision des FA ist begründet, soweit sie die Streitjahre 2008 bis 2012 betrifft. Insoweit ist das FG-Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Soweit die Revision das Streitjahr 2007 betrifft, ist sie als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
10 1. Nach dem Beschluss des Großen Senats des (BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262) ist einer grundstücksverwaltenden, nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegenden Gesellschaft die sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht deshalb zu verwehren, weil sie an einer rein grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt ist. Damit ist der Große Senat des BFH der Rechtsauffassung des Senats gefolgt, die dieser bereits in seinem Vorlagebeschluss vom - IV R 26/14 (BFHE 254, 371, BStBl II 2017, 202) vertreten hat und an der er festhält. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass der Klägerin danach in allen Streitjahren die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu gewähren ist. Insoweit sieht der Senat von weiteren Ausführungen ab.
11 2. Bezogen auf das Streitjahr 2007 ist die Revision des FA danach unbegründet. Für dieses Jahr sind während des Revisionsverfahrens keine neuen Bescheide ergangen, so dass der Gewerbesteuermessbescheid vom , über den das FG entschieden hat, weiterhin Gegenstand des Verfahrens ist. Da zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, dass die Klägerin im Streitjahr 2007 keine Zinseinnahmen erzielt hat, hat das FG zu Recht entschieden, dass der Gewerbesteuermessbetrag infolge der Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG für dieses Jahr auf 0 € festzusetzen und der anderslautende Gewerbesteuermessbescheid daher entsprechend zu ändern ist.
12 3. Bezogen auf die Streitjahre 2008 bis 2012 ist das angegriffene Urteil hingegen aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Denn für diese Jahre sind während des Revisionsverfahrens Änderungsbescheide ergangen, die an die Stelle der im FG-Verfahren angegriffenen Bescheide getreten sind. Damit liegen dem FG-Urteil für diese Streitjahre nicht mehr existierende Bescheide zugrunde mit der Folge, dass das FG-Urteil insoweit keinen Bestand haben kann (z.B. , BFHE 244, 23, BStBl II 2014, 316).
13 Die Sache ist für diese Streitjahre zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Zwar ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin unter Zugrundelegung der Entscheidung des Großen Senats des BFH in BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262 die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu gewähren ist. Es fehlen aber Feststellungen dazu, in welchem Umfang der in den Änderungsbescheiden festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag auf Zinseinkünfte der Klägerin entfällt, die zwar i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG unschädlich sind, aber gleichwohl nicht zu dem nach dieser Vorschrift zu kürzenden Teil des Gewerbeertrags gehören. Es fehlen danach Feststellungen, die dem Senat die Entscheidung ermöglichen würden, auf welchen Betrag der Gewerbesteuermessbetrag unter Berücksichtigung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in den für die Streitjahre 2008 bis 2012 ergangenen Gewerbesteuermessbescheiden abzuändern ist.
14 Durch die Zurückverweisung erhält das FG die Möglichkeit, die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.
15 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO. Die teilweise Aufhebung der Vorentscheidung schließt die Aufhebung der Kostenentscheidung mit ein, da sie nicht geteilt werden kann. Bei teilweiser Zurückverweisung der Sache muss das FG im zweiten Rechtszug erneut über die gesamten Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens entscheiden (Einheitlichkeit der Kostenentscheidung, vgl. z.B. , m.w.N.).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2019:U.060619.IVR11.19.0
Fundstelle(n):
SAAAH-31282