BAG Urteil v. - 3 AZR 536/17

Instanzenzug: Az: 23 Ca 3079/16 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Az: 8 Sa 3/17 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Höhe der Anpassung einer dem Kläger von der Beklagten gewährten Pensionsergänzung.

2Der Kläger war vom bis zum bei der Beklagten - ein in den deutschen G-Konzern eingebundenes Versicherungsunternehmen - tätig. Er bezieht seit dem von der Beklagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den „Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes“ (im Folgenden BVW). Diese lauten auszugsweise:

3Der Kläger erhielt - neben seiner gesetzlichen Rente - bis zum von der Beklagten eine Pensionsergänzung iHv. 2.235,43 Euro brutto sowie eine Rente der Versorgungskasse iHv. 859,14 Euro brutto.

4Zum wurden die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung um 2,09717 vH erhöht.

5Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom mit, dass die Vorstände und Aufsichtsräte der G Versicherungen beschlossen haben, die „Gesamtversorgungsbezüge bzw. Renten unter Anwendung der in § 6 Ziffer 3 der Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes normierten Regelung zum für diesen Stichtag um 0,5 % zu erhöhen“.

6Nach der Entscheidung der Beklagten sollten entweder die Gesamtversorgungsbezüge um 0,5 vH erhöht und sodann die - erhöhte - gesetzliche Rente sowie die Versorgungskassenrente abgezogen werden oder, wenn dies für den Versorgungsempfänger günstiger war, lediglich die Pensionsergänzung um 0,5 vH erhöht werden. Da letztere Variante für den Kläger - wie letztlich für alle nach den BVW versorgungsberechtigten Betriebsrentner - günstiger war, wurde seine Pensionsergänzung um 0,5 vH gesteigert. Demgemäß gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem eine Pensionsergänzung iHv. 2.246,61 Euro brutto. Zudem erhielt er weiterhin eine Rente der Versorgungskasse iHv. 859,14 Euro brutto.

7Zum stiegen die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung um 4,2451 vH.

8Der Vorstand der Beklagten beschloss nach Anhörung der Betriebsräte und des Gesamtbetriebsrats am , die Gesamtversorgungsbezüge bzw. Renten zum um 0,5 vH zu erhöhen; sofern eine Anpassung der Pensionsergänzung um 0,5 vH für den Versorgungsempfänger günstiger sein sollte, sollte diese vorgenommen werden. Der Aufsichtsrat der Beklagten fasste am einen entsprechenden Beschluss. Ab dem gewährte die Beklagte dem Kläger eine Pensionsergänzung iHv. 2.257,84 Euro brutto. Von der Versorgungskasse erhielt der Kläger ab dem eine Rente iHv. 863,52 Euro brutto.

9Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihm ab dem eine höhere Pensionsergänzung zahlen. Nach § 6 Ziff. 1 der Ausführungsbestimmungen (im Folgenden AB) BVW hätten seine Gesamtversorgungsbezüge zum um 2,1 vH und zum um weitere 4,25 vH angehoben werden müssen. Abzüglich der gewährten Versorgungskassenrente, der gesetzlichen Rentenleistungen und bereits erfolgten Zahlungen der Beklagten ergebe sich damit ab dem eine monatliche Differenz iHv. 53,72 Euro und ab dem iHv. insgesamt 172,39 Euro. Die Regelung in AB § 6 Ziff. 3 BVW sei mangels Bestimmtheit unwirksam. Jedenfalls seien ihre Voraussetzungen nicht erfüllt.

10Der Kläger hat beantragt,

11Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Anpassungen zum und zum seien auf der Grundlage von AB § 6 Ziff. 3 BVW erfolgt. Die Regelung sei ausreichend bestimmt. Eine Anpassung nach AB § 6 Ziff. 1 BVW sei aufgrund der veränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht vertretbar.

12Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

13Die zulässige Revision der Beklagten bleibt im Wesentlichen erfolglos. Die zulässige Klage ist ab dem in Höhe einer monatlichen Differenz von 53,72 Euro brutto und ab dem iHv. 172,23 Euro brutto begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

14I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt - nach der gebotenen Auslegung (zu den Auslegungsmethoden vgl. etwa  - Rn. 26 mwN, BAGE 154, 337) - auch für den Klageantrag zu 1.

151. Der Kläger erstrebt mit dem Klageantrag zu 1. unter Berücksichtigung seines Klagevorbringens und der wohlverstandenen Interessenlage lediglich den zwischen den Parteien streitigen monatlichen Differenzbetrag iHv. 172,39 Euro. Davon sind auch die Vorinstanzen zutreffend ausgegangen.

162. Der so verstandene Klageantrag zu 1. ist auf Zahlung wiederkehrender Leistungen iSd. § 258 ZPO gerichtet. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird (vgl. statt vieler etwa  - Rn. 11 mwN).

17II. Die Klage ist in Höhe einer monatlichen Differenz ab dem von 53,72 Euro brutto und ab dem von 172,23 Euro brutto begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, die Gesamtversorgungsbezüge des Klägers nach AB § 6 Ziff. 1 und Ziff. 2 BVW entsprechend der Steigerung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung zum um 2,09717 vH und zum um 4,2451 vH zu erhöhen und von dem sich ergebenden Betrag die gesetzliche Rente des Klägers sowie die Leistungen der Versorgungskasse in Abzug zu bringen. Daher schuldet sie dem Kläger ab dem eine um 172,23 Euro brutto monatlich höhere Pensionsergänzung (Antrag zu 1.), für die Zeit vom bis zum insgesamt 861,15 Euro brutto (Antrag zu 2.) und für die Zeit vom bis zum insgesamt 644,64 Euro brutto (Antrag zu 3.). Für die von der Beklagten vorgenommenen - gesonderten - Erhöhungen der Pensionsergänzung zum iHv. 0,5 vH und zum iHv. 0,5 vH fehlt es an einer rechtlichen Grundlage. AB § 6 Ziff. 3 Satz 1 BVW trägt diese Entscheidung nicht, sodass es bei der in AB § 6 Ziff. 1 BVW vorgesehenen Anpassung entsprechend der Erhöhung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung verbleibt.

181. Der Kläger kann verlangen, dass seine Gesamtversorgungsbezüge gemäß AB § 6 Ziff. 1 und Ziff. 2 BVW zum entsprechend der Steigerung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst werden.

19Die von der Beklagten nach AB § 6 Ziff. 3 BVW in den Jahren 2015 und 2016 getroffenen Anpassungsentscheidungen sind unwirksam. Dabei kann dahinstehen, ob es sich - wovon die Parteien ausgehen - bei den BVW um eine Betriebsvereinbarung oder um eine von der Beklagten einseitig aufgestellte Versorgungsordnung handelt, die den Arbeitnehmern in Form einer Gesamtzusage bekanntgegeben wurde. Zwar hängt es vom Rechtscharakter der BVW ab, welche Auslegungsgrundsätze anzuwenden sind. Beide Auslegungsmethoden führen jedoch zu demselben Ergebnis. Danach berechtigt AB § 6 Ziff. 3 BVW die Beklagte nur dazu, die Gesamtversorgungsbezüge und damit das von den Arbeitnehmern erdiente Gesamtversorgungsniveau gleichmäßig zu verändern, nicht jedoch lediglich eine einzelne im Rahmen der Gesamtversorgung anzurechnende Leistung des Arbeitnehmers anzuheben. Dies hat der Senat in mehreren Urteilen entschieden (statt vieler nur  - Rn. 16 ff.; - 3 AZR 92/18 - Rn. 16 ff.). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen.

202. Damit verbleibt es bei der in AB § 6 Ziff. 1 und Ziff. 2 BVW vorgesehenen Anpassung. Der Kläger hat danach einen Anspruch auf Erhöhung seiner Gesamtversorgungsbezüge entsprechend der Erhöhung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zum um 2,09717 vH und zum um 4,2451 vH. Die Beklagte schuldet ihm folglich für die Zeit vom bis zum insgesamt 644,64 Euro brutto, für die Zeit vom bis zum insgesamt 861,15 Euro und ab dem monatlich eine um 172,23 Euro brutto höhere Pensionsergänzung. Aufgrund einer von der Beklagten in den Vorinstanzen bereits gerügten Rundungsdifferenz (fehlerhafte Annahme einer Rentenerhöhung in der gesetzlichen Rente zum um 2,1 vH anstatt 2,09717 vH und zum um 4,25 vH anstatt 4,2451 vH) ergibt sich zwar für die Zeit vom bis zum gleichwohl ein monatlicher Differenzbetrag iHv. 53,72 Euro brutto. Allerdings errechnet sich für die Zeit ab dem ein monatlicher Betrag iHv. 172,23 Euro und nicht iHv. 172,39 Euro brutto. Die Klage ist mithin in einem Umfang von 0,16 Euro brutto monatlich unbegründet. Zinsen schuldet die Beklagte - wie von den Vorinstanzen zutreffend angenommen - ab dem jeweiligen Zweiten eines jeden Monats.

21III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2019:230719.U.3AZR536.17.0

Fundstelle(n):
GAAAH-28698