Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - keine ausreichende Darlegung der Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit - Arbeitslosengeld II - Erhöhung der Unterkunftskosten nach Umzug - Begrenzung auf die bisher angemessenen Aufwendungen
Gesetze: § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 22 Abs 1 S 2 SGB 2
Instanzenzug: SG Freiburg (Breisgau) Az: S 7 AS 4950/07 Gerichtsbescheidvorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg Az: L 2 AS 302/09 Urteilvorgehend Az: B 14 AS 41/09 B Beschlussvorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg Az: L 2 AS 4587/09 Urteilvorgehend Az: B 14 AS 107/10 R Urteilvorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg Az: L 2 AS 1281/12 ZVW Urteil
Gründe
1Die Nichtzulassungsbeschwerden sind unzulässig, denn die Klägerinnen haben keinen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abschließend aufgeführten Zulassungsgründe - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - in der erforderlichen Weise bezeichnet bzw dargelegt (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerden waren daher ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160 Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG).
2Die Klägerinnen haben den von ihnen allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht ausreichend dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13). Die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage sowie deren Klärungsfähigkeit und Entscheidungserheblichkeit im konkreten Rechtsstreit sind aufzuzeigen (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. Kap, RdNr 63 ff). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung trotz umfangreicher Ausführungen nicht gerecht.
3Die Klägerinnen haben folgende Rechtsfragen formuliert:
4"a) Für welchen Zeitraum beschränkt § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II im Fall eines nicht erforderlichen Umzugs den Anspruch auf Übernahme der Unterkunftskosten durch den Träger der Leistung nach dem SGB II?"
5"b) Ist der sich im Fall eines nicht erforderlichen Umzugs aus § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II ergebende Betrag zu dynamisieren und ggf. nach welchen Maßgaben?"
6Insoweit sind die Klärungsbedürftigkeit, die Klärungsfähigkeit und die Entscheidungserheblichkeit für den vorliegenden konkreten Fall nicht in dem erforderlichen Maße dargelegt.
7Hinsichtlich der ersten Frage haben sich die Klägerinnen schon nicht hinreichend mit der Absicht des Gesetzgebers auseinandergesetzt, mit der Begrenzung auf die bisher angemessenen Kosten bei einem nicht erforderlichen Umzug Kostensteigerungen im Bereich der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entgegenzuwirken und zu verhindern, dass ein Leistungsberechtigter nur zum Zweck der Ausschöpfung der durch die kommunalen Träger ermittelten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit zwar höheren, aber gerade noch angemessenen Kosten ziehen (BT-Drucks 16/1410, S 23; vgl auch Bundessozialgericht <BSG> - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 21). Vor diesem Hintergrund wäre darzulegen gewesen, dass es in Rechtsprechung und Literatur - abgesehen von einer Entscheidung des Sozialgerichts (SG) Mainz vom (S 17 AS 1069/12) - ernsthaft vertreten wird, dass bereits in dem Monat nach einem nicht erforderlichen Umzug die Begrenzung auf die bisherigen Kosten für Unterkunft und Heizung aufgehoben wird, weil ein neuer Bewilligungsabschnitt beginnt (Umzug der Klägerinnen zum , strittiger Leistungszeitraum: 1.2. bis ); dazu ist dem Vorbringen nichts zu entnehmen.
8Jedenfalls haben sich die Klägerinnen nicht in der gebotenen Weise mit der in ihrem Fall vom erkennenden Senat bereits getroffenen Entscheidung auseinandergesetzt ( = SozR 4-4200 § 22 Nr 52). Insbesondere fehlt es vor diesem Hintergrund an ausreichenden Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit. Angesichts der Ausführungen des Senats, dass die Überschreitung der Höhe der bisherigen Kosten der Unterkunft in einem angemessenen Verhältnis zur Ursache des Umzugs in die neue Wohnung stehen und sich der Einzug gerade in die von dem Hilfebedürftigen gewählte neue Wohnung als erforderlich und geeignet zur Abwendung von nicht mehr weiter hinzunehmenden Nachteilen der bisherigen Wohnung erweisen muss, die Überschreitung der Höhe der bisherigen Kosten also in einem angemessenen Verhältnis zur Ursache des nicht zwingend erforderlichen Umzugs in die neue Wohnung stehen muss, was auch unterhalb der Angemessenheitsgrenze allenfalls eine geringfügige Kostensteigerung zulasse; bei einer Kostensteigerung auf rund 170 % (bzw um rund 70 %) erscheine die Erforderlichkeit des Umzugs wenig plausibel (BSG, aaO, RdNr 20 und 21), ist nämlich nicht dargelegt, dass sich aus dieser grundsätzlichen Wertung ergeben könnte, dass die Deckelung der Kosten nach § 22 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bereits im nachfolgenden Bewilligungsabschnitt entfallen könnte. Ebenso fehlt eine Begründung für die Annahme, die Nichterforderlichkeit eines Umzugs könne sofort nach dessen Durchführung zumindest durch Anerkennung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bis zur Angemessenheitsgrenze ohne Berücksichtigung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zulässig sein.
9Ungeachtet der Tatsache, dass zu der zweiten für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsfrage zwei Revisionen anhängig sind (B 14 AS 6/14 R und B 14 AS 7/14 R), ist die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit im vorliegenden konkreten Verfahren sowie die Entscheidungserheblichkeit nicht ausreichend dargelegt. Soweit sich die Klägerinnen nämlich hinsichtlich der Frage, ob der sich aus § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II ergebende Betrag bei einem nicht erforderlichen Umzug zu dynamisieren sei, auf Entscheidungen des SG Dresden (Urteil vom - S 38 AS 1793/13) und des ) beziehen, haben sie nicht dargelegt, dass sich die Frage der Dynamisierung, die dazu führen soll, dass der vor dem Umzug anerkannte angemessene Betrag nicht auf Dauer eingefroren, sondern ggf entsprechend der zeit- und realitätsgerechten Fortschreibung der abstrakten Angemessenheitsgrenze angepasst wird, bereits in den Monaten unmittelbar nach dem Umzug in eine die angemessenen Unterkunftskosten weit übersteigende Unterkunft stellen könnte, da die Klägerinnen zum umgezogen sind und Leistungen für die Zeit vom 1.2. bis strittig sind.
10Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2014:140814BB14AS4614B0
Fundstelle(n):
PAAAH-27016