BSG Beschluss v. - B 13 R 371/11 B

(Nichtzulassungsbeschwerde - Gewährung rechtlichen Gehörs - Verletzung der Anhörungspflicht nach § 153 Abs 4 S 2 SGG - absoluter Revisionsgrund)

Gesetze: § 62 SGG, § 153 Abs 4 S 1 SGG, § 153 Abs 4 S 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 202 SGG, § 547 ZPO, Art 103 Abs 1 GG

Instanzenzug: SG Frankfurt Az: S 23 R 325/08vorgehend Hessisches Landessozialgericht Az: L 2 R 373/09 Beschluss

Gründe

1Das Hessische LSG hat im Beschluss vom einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung verneint.

2Der Kläger macht mit seiner beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten LSG-Beschluss ausschließlich Verfahrensmängel geltend.

3Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom genügt nicht der vorgeschriebenen Form, denn er hat einen Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§ 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

4Wird die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels begehrt, ist in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll, hinreichend genau zu benennen. Zudem müssen die tatsächlichen Umstände, welche den Verstoß begründen sollen, substantiiert dargetan und darüber hinaus muss insbesondere dargestellt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4, Nr 21 RdNr 4 - jeweils mwN; Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 202 ff). Diesen Anforderungen wird das Vorbringen des Klägers nicht gerecht.

5Dieser rügt zunächst eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG), weil das LSG den Beschluss vom überraschend ohne vorherige Mitteilung erlassen habe. Nach der Anhörungsmitteilung des hinsichtlich eines Beschlusses nach § 153 Abs 4 S 1 SGG habe er mit Schreiben vom durch seinen Prozessbevollmächtigten "kurz die Klage mit dem Hinweis auf das Gutachten des Dr. S." begründet. Aufgrund der ihm anschließend vom Gericht übersandten Erklärung zur Entbindung von der Geheimhaltungspflicht und der ärztlichen Schweigepflicht habe er davon ausgehen dürfen, dass eine weitere Sachaufklärung stattfinden solle. Dr. S. habe unter dem eine Stellungnahme zu den Akten des LSG gereicht; diese enthalte auch eine Auskunft der Bundesagentur für Arbeit vom zu berufs- und wirtschaftskundlichen Fragen. Die hierzu getroffenen richterlichen Verfügungen seien auf Bl 291 und Bl 295 (jeweils Rückseite) der Gerichtsakte dokumentiert, doch liege in der Akte eine Ausführung ebenso wenig vor wie eine Weiterleitung der Stellungnahme des Gutachters oder der berufs- und wirtschaftskundlichen Auskunft an seinen Prozessbevollmächtigten. Bei ordnungsgemäßer Aktenführung und Information der Beteiligten hätte die Möglichkeit bestanden, "weitere Argumente" vorzutragen.

6Mit diesen Darlegungen ist eine entscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers nicht schlüssig aufgezeigt. Es fehlt bereits an Darlegungen, dass die Entscheidung des LSG auf der behaupteten Gehörsverletzung beruhen kann. Der Kläger hat nicht aufgezeigt, welche konkreten Argumente von ihm vorgetragen worden wären und inwiefern diese eine abweichende Entscheidung hätten bewirken können. Dies gilt auch für die sinngemäß geltend gemachte Verletzung der Anhörungspflicht nach § 153 Abs 4 S 2 SGG, denn eine solche stellt keinen absoluten Revisionsgrund dar (BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 7 RdNr 19; Senatsbeschluss vom - B 13 R 19/10 BH - BeckRS 2011, 69538 RdNr 10; Senatsbeschluss vom - B 13 R 61/12 B - Juris RdNr 9; soweit dem Senatsbeschluss vom - B 13 R 63/10 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 15, 17, noch eine abweichende Aussage entnommen werden kann, hält der Senat daran nicht fest. S hierzu auch Bienert, NZS 2012, 885, 891).

7Soweit der Kläger ferner beanstandet, dass in der Gerichtsakte weder eine Benachrichtigung der Beklagten über die Bevollmächtigung seines Prozessbevollmächtigten dokumentiert noch die Weiterleitung seiner "Klagebegründung" an diese durch ein Schreiben belegt sei, macht er schon nicht die Verletzung eigener Verfahrensrechte geltend. Er zeigt zudem auch insoweit nicht in nachvollziehbarer Weise auf, inwiefern hierauf die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann.

8Entsprechendes gilt auch für die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren. Der Kläger sieht diesen Grundsatz dadurch verletzt, dass die Entscheidung nur 10 Tage nach dem Tod des Mitarbeiters A. (am ) des von ihm bevollmächtigten Sozialverbands ergangen sei, obwohl der Präsident des LSG am von der Geschäftsstelle des Verbands über diesen Umstand unterrichtet worden sei. Selbst wenn hierin ein Verfahrensmangel läge, ist auch insoweit nicht hinreichend dargetan, in welcher Weise dieser hätte entscheidungserheblich sein können.

9Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

10Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

11Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2012:171212BB13R37111B0

Fundstelle(n):
FAAAH-26902