Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - nicht ausreichende Darlegung der Klärungsbedürftigkeit - Transferkurzarbeitergeld - Bedrohung durch Arbeitslosigkeit - Rechtswidrigkeit der drohenden Kündigung
Gesetze: § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 216b Abs 4 S 1 Nr 1 SGB 3, § 17 Nr 2 SGB 3
Instanzenzug: SG Reutlingen Az: S 4 AL 2339/10vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg Az: L 13 AL 5131/11 Urteil
Gründe
1Die Beschwerde ist unzulässig. Der allein vorgebrachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise dargelegt.
2Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Darzustellen ist insbesondere der Schritt, den das Bundessozialgericht (BSG) zur Klärung der Rechtslage im Allgemeininteresse vorzunehmen hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung vom nicht.
4Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte damit eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt hat. Jedenfalls zeigt sie die Klärungsbedürftigkeit der Frage nicht hinreichend auf.
5Die Beklagte macht zwar geltend, dass sich die aufgeworfene Frage unmittelbar aus § 216b Abs 4 Nr 1 iVm § 17 Nr 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und auch aus dem (B 7/7a AL 20/06 R - SozR 4-4300 § 175 Nr 1) nicht beantworten lasse. Indes muss eine Rechtsfrage auch dann als höchstrichterlich geklärt angesehen werden, wenn das Revisionsgericht sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, zur Auslegung des anzuwendenden gesetzlichen Begriffs aber schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl ua BSG SozR 1500 § 160 Nr 8; SozR 3-1500 § 146 Nr 2; Beschluss des Senats vom - B 11 AL 74/10 B - Juris RdNr 8; stRspr). Wie die Beklagte in ihrem Beschwerdevorbringen selbst einräumt, hat die genannte Entscheidung vom sich keineswegs nur zu der damals streitigen Vorgängervorschrift des § 175 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB III in der bis gültigen Fassung geäußert, sondern auch zu § 17 SGB III und der vorliegenden Literatur zur Nachfolgervorschrift des § 216b Abs 4 Nr 1 SGB III aF (ab § 111 Abs 4 S 1 Nr 1 SGB III) Stellung genommen. Danach rechtfertigt ua auch eine zu erwartende rechtswidrige Kündigung den Schluss auf eine drohende Arbeitslosigkeit. Allein der Hinweis auf ein hiervon abweichendes Urteil des Sozialgerichts (SG) München vom (S 5 AL 1152/08) vermag diese Aussage in der genannten BSG-Entscheidung nicht in Frage zu stellen, zumal - wie dem vorgelegten SG-Urteil zu entnehmen ist - die Besonderheit der dortigen Sachverhaltsgestaltung darin lag, dass keine Entlassung der betroffenen Arbeitnehmer vorgesehen war (aaO RdNr 16).
6Darüber hinaus fehlt auch eine Auseinandersetzung mit dem - vom LSG unter Verweisung auf die Entscheidung des SG (§ 153 Abs 2 SGG) - zitierten Senats-Urteil vom - B 11 AL 89/01 R (BSGE 89, 250 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24) zum allgemeinen Sperrzeitrecht, wonach die bloße Hinnahme einer auch rechtswidrigen Kündigung nicht sperrzeitauslösend ist. Dass und weshalb diese Aussage - entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen - nicht auf § 216b Abs 4 Nr 1 SGB III aF und auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbar sein soll (vgl ua Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 111 SGB III RdNr 74, Stand 10/2012), hätte daher von der Beklagten in ihrer Beschwerdebegründung ebenfalls dargelegt werden müssen.
7Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
8Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
9Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2013:180613BB11AL4113B0
Fundstelle(n):
GAAAH-26890