BSG Beschluss v. - B 13 R 70/12 B

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage - Klärungsbedürftigkeit - Maßstab

Gesetze: § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Instanzenzug: Az: S 7 R 14/09vorgehend Hessisches Landessozialgericht Az: L 5 R 107/11 Beschluss

Gründe

1Mit Beschluss vom hat das Hessische LSG den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf höhere Rente wegen Erwerbsminderung verneint. Dieser hatte sich mit seiner Klage gegen den zusätzlichen Beitrag zur Krankenversicherung der Rentner iHv 0,9 Prozent und gegen die Minderung des Zugangsfaktors bei Renten wegen Erwerbsminderung vor Vollendung des 60. Lebensjahres gewandt. Ferner hatte er die Feststellung von Zurechnungszeiten über das 60. Lebensjahr hinaus begehrt.

2Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat der Kläger beim BSG Beschwerde eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

3Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung vom genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht ordnungsgemäß dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

4Grundsätzlich bedeutsam iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine derartige Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) und (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufzeigen (vgl zum Ganzen SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

6Es kann dahinstehen, ob der Kläger damit hinreichend konkrete Rechtsfragen im oben genannten Sinne formuliert hat. Jedenfalls fehlt es bereits an der erforderlichen Darlegung ihrer Klärungsbedürftigkeit.

7Der Kläger trägt vor, es sei nach der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass mehrere Einwirkungen als sogenannter additiver Eingriff zusammenzurechnen sein könnten und so möglicherweise zu einer Beeinträchtigung des Grundrechtsinhabers führten, die das Maß der rechtsstaatlichen Eingriffsintensität überschreite, und zitiert hierzu auch Rechtsprechung des BVerfG. Dieses habe jedoch über die Verfassungsmäßigkeit der Kumulation der in den gestellten Fragen benannten Belastungen noch nicht entschieden (S 10 der Beschwerdebegründung); anhängig seien aber Verfassungsbeschwerden zu BSG-Urteilen, die sich ua mit der Rentenanpassung 2005, dem Krankenversicherungszusatzbeitrag von 0,9 Prozent und dem vollen Pflegeversicherungsbeitrag für Rentner befassten (Senatsurteil vom - B 13 R 13/08 R; Urteil vom - B 12 R 11/06 R; S 3 und 11 der Beschwerdebegründung). Der Kläger versäumt allerdings, sich mit dieser Rechtsprechung des BSG auseinanderzusetzen und zu prüfen, ob nicht diese bereits die von ihm gestellten Fragen beantwortet. Wenn dies der Fall gewesen wäre, er jedoch der Rechtsauffassung des BSG nicht zugestimmt hätte, hätte er Argumente vortragen müssen, die nicht bereits das BSG behandelt hat.

8Darüber hinaus enthält die Beschwerde aber auch keine hinreichenden Ausführungen zur Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Fragen. Aus ihrer Begründung ergibt sich, dass weder die ausdrücklich erwähnten "Rentenanpassungen" noch die "alleinige Tragung des Pflegeversicherungsbeitrags durch die Rentner", die zusammen mit den anderen dort bezeichneten Maßnahmen einen "das Maß des Zumutbaren" überschreitenden additiven Grundrechtseingriff in Art 14 Abs 1 GG und/oder Art 2 Abs 1 GG ergeben sollen, Gegenstand des Berufungsverfahrens waren. Dann aber hätte der Kläger aufzeigen müssen, warum dennoch über die von ihm gestellten Fragen in einem zukünftigen Revisionsverfahren entschieden werden könnte.

9Für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unerheblich ist, dass zu den von dem Kläger aufgeworfenen Problemkreisen noch Verfassungsbeschwerden beim BVerfG anhängig sind. Denn hier kommt es nicht auf den Bedarf nach Klärung durch das BVerfG an, sondern entscheidend ist die Frage nach der Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit innerhalb des Revisionsverfahrens (vgl SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72; Senatsbeschluss vom - B 13 R 291/09 B - BeckRS 2009, 74206 RdNr 11); für diese fehlen aber - wie aufgezeigt - hinreichende Ausführungen.

10Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

11Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

12Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2012:310512BB13R7012B0

Fundstelle(n):
CAAAH-24531