OFD Frankfurt/M. - S 0450 A-001-St 24

Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 AO

Bezug:

1. Allgemeines

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis werden im Erhebungs- bzw. Erstattungsverfahren nach Maßgabe der Verwaltungsakte verwirklicht, mit denen die Leistung festgesetzt worden ist. Bei Säumniszuschlägen genügt für die Erhebung die Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes (§ 218 Abs. 1 AO).

Besteht zwischen der Finanzbehörde und dem Steuerpflichtigen Streit über die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, entscheidet das Finanzamt nach § 218 Abs. 2 AO durch Abrechnungsbescheid ( BFH/NV 1999, 440).

Die Entscheidung durch Abrechnungsbescheid kommt insbesondere in Betracht, wenn Streit besteht über die Frage, ob und inwieweit

2. Voraussetzungen für die Erteilung eines Abrechnungsbescheids

Ein Abrechnungsbescheid soll in der Regel nur auf Antrag erlassen werden.

Werden Einwendungen gegen eine Aufrechnungserklärung als Einspruch bezeichnet, so ist dieser in einen Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheids umzudeuten ( BStBl 1987 II S. 536).

Ein Abrechnungsbescheid soll erst erlassen werden, wenn der Streit nicht anderweitig (z. B. durch mündliche oder schriftliche Erörterung) beigelegt werden kann. Ein dem Steuerpflichtigen übersandter Kontoauszug ist kein Abrechnungsbescheid, sondern lediglich eine Kassenmitteilung.

Zur Rückforderung fehlerhaft erstatteter Beträge ist ein Abrechnungsbescheid von Amts wegen zu erteilen. Der Rückforderungsbescheid in Gestalt des Abrechnungsbescheids darf in diesen Fällen schon erlassen werden, bevor Streit über die Ansprüche entstanden ist ( BStBl 1986 II S. 704, und BStBl 1992 II S. 713).

3. Form und Inhalt des Abrechnungsbescheids

Der Abrechnungsbescheid ist schriftlich zu erteilen; er soll im Hinblick auf § 356 AO mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen werden. Eine Zustellung (§ 122 Abs. 5 AO) ist nicht erforderlich.

Adressat des Abrechnungsbescheids ist der an dem Steuerschuldverhältnis beteiligte Steuerpflichtige, bei Abtretung, Verpfändung und Pfändung (auch) der aus diesem Rechtsverhältnis berechtigte Dritte ( BStBl 1987 II S. 802), oder ein anderer, der zu Unrecht eine Erstattung erhalten hat.

Abrechnungsbescheide für zusammen veranlagte Ehegatten/Lebenspartner können in einer Verfügung zusammengefasst werden, soweit hierdurch das Bestimmtheitsgebot des § 119 AO nicht verletzt wird ( BFH/NV 1991, 3). Für die wirksame Bekanntgabe an beide Ehegatten/Lebenspartner ist grundsätzlich ausreichend, wenn ihnen eine Ausfertigung des Abrechnungsbescheids an die gemeinsame Anschrift übermittelt wird (§ 122 Abs. 7 Satz 1 AO). Eine Einzelbekanntgabe ist nur erforderlich, wenn die Eheleute/Lebenspartner dies beantragen oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen den Eheleuten/Lebenspartnern ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen (§ 122 Abs. 7 Satz 2 AO). In den Fällen der Bekanntgabe an den gemeinsamen Bevollmächtigten bedarf es nicht der Übermittlung gesonderter Ausfertigungen für jeden Ehegatten/Lebenspartner (vgl. BFH/NV 1991, 3).

Im Abrechnungsbescheid wird sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für das Finanzamt verbindlich entschieden, ob und ggf. in welcher Höhe ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis besteht. Das Finanzamt muss sich im Abrechnungsbescheid mit den Gründen auseinandersetzen, aus denen sich die Verwirklichung des strittigen Anspruchs ergibt. Zum notwendigen Inhalt des Abrechnungsbescheids gehört deshalb u. a. eine Aufgliederung der strittigen Ansprüche nach Steuerart, Zeitraum und Betrag sowie die Angabe der Erlöschensgründe. Dies gilt auch, soweit im Abrechnungsbescheid Säumniszuschläge ausgewiesen werden ( BStBl 1979 II S. 714, und ofix: AO/240/1, Tz. 3).

Es ist zu berücksichtigen, dass eine Anrechnungsverfügung für einen späteren Abrechnungsbescheid Bindungswirkung hat. Die in einer Anrechnungsverfügung getroffene Regelung darf vom Finanzamt in einem Abrechnungsbescheid nicht voraussetzungslos geändert, sondern muss beim Erlass eines Abrechnungsbescheids beachtet werden. Eine Änderung ist nur zulässig, wenn eine der Voraussetzungen der §§ 129 bis 131 AO oder § 218 Abs. 3 AO gegeben ist und die Zahlungsverjährung im Sinne von § 228 AO noch nicht eingetreten ist (Tz. 3 AEAO zu § 218 und ofix: AO/218/2, Tz. 4).

4. Rechtsbehelfs- und Berichtigungsmöglichkeit

Gegen den Abrechnungsbescheid ist der Einspruch gegeben (§ 347 Abs. 1 Nr. 1 AO).

Offenbare Unrichtigkeiten können nach § 129 AO berichtigt werden. Für die Rücknahme und den Widerruf gelten §§ 130 ff. AO. Die Änderungsvorschriften der §§ 172 ff. AO sind nicht anwendbar.

5. Aussetzung der Vollziehung

Auch nach Erteilung eines Abrechnungsbescheids bleibt der zugrundeliegende Steuerbescheid gemäß § 218 Abs. 1 AO Grundlage für die Verwirklichung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis. Der Abrechnungsbescheid ist daher grundsätzlich nur ein deklaratorischer, als solcher nicht nach § 361 AO vollziehbarer Verwaltungsakt.

Ein Abrechnungsbescheid ist aber stets dann ein vollziehbarer Verwaltungsakt, wenn er nachteilig in die Rechtsposition des Steuerpflichtigen eingreift, d. h. wenn er eine Leistungspflicht begründet. Dies ist der Fall, wenn sich die Wirkung des Abrechnungsbescheids nicht auf eine Negation beschränkt, sondern wenn er selbst eine positive Regelung aufhebt.

Vollziehbar sind daher z. B. Abrechnungsbescheide,

  • die einen nach Aufrechnung durch das Finanzamt geminderten Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen feststellen ( BStBl 1988 II S. 43),

  • die unter den Voraussetzungen der §§ 130 Abs. 2, 131 Abs. 2 AO eine An- und Abrechnung zum Steuerbescheid für den Steuerpflichtigen nachteilig ändern,

  • die über Ansprüche befinden, die auf keiner anderweitigen Festsetzung beruhen (z. B. Säumniszuschläge und Erstattungsansprüche, die aus Über- oder Doppelzahlung oder aus unzulässiger Vollstreckung erwachsen sind).

Vollziehbar ist ein Abrechnungsbescheid auch dann, wenn sein Zahlenwerk infolge Vermischung verschiedener Ansprüche, ungeklärter Umbuchungen oder ähnlicher Vorgänge so unübersichtlich geworden ist, dass sich eine Beziehung zu den zugrundeliegenden Steuerbescheiden nicht mehr herstellen lässt.

6. Zuständigkeit

Für die Erteilung von Abrechnungsbescheiden sind in Fällen, in denen Streit über die Anrechnung von Steuer(-abzugs)beträgen i. S. d. § 36 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG und § 48c Abs. 1 EStG sowie § 31 Abs. 1 KStG besteht, die Veranlagungsstellen, ansonsten die Finanzkassen zuständig ( § 21 Abs. 2 ZustVOFÄ , vgl. ofix: FVG/2).

OFD Frankfurt/M. v. - S 0450 A-001-St 24

Fundstelle(n):
LAAAH-23919