Abgabe der Steuerklärungen, Fristverlängerungen und vorzeitige Anforderung von Steuererklärungen im Veranlagungsbereich
Verfahrensweise ab dem Veranlagungszeitraum 2018 aufgrund der Änderungen durch das StModernG
1 Vorbemerkungen
Die und vom werden hiermit aufgehoben.
Ich bitte, diese Verfügung zum Gegenstand von Veranlagungsbesprechungen zu machen, und rege an, dies jeweils im zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der vorzeitigen Anforderungen zum (vgl. Tz. 3.3.1), mit dem Ablauf der Abgabefrist für steuerlich nicht beratene Steuerpflichtige Ende Juli 2019 (vgl. Tz. 2.2.1) sowie mit dem Ablauf der Abgabefrist für steuerlich beratene Steuerpflichtige Ende Februar 2020 (Letzteres insbesondere im Hinblick auf Tz. 2.3.2) zu tun.
Für Besteuerungszeiträume, die vor dem beginnen, und Besteuerungszeitpunkte, die vor dem liegen, sind §§ 109, 149 AO in der am geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Daher bleibt die zur Abgabe von Steuererklärungen, Fristverlängerungen und der Anwendung des Fristenerlasses bis auf Weiteres bezüglich der Veranlagungszeiträume 2007 bis 2017 anwendbar.
Diese Verfügung trifft Regelungen zum Umgang mit den §§ 109, 149 AO in der ab dem geltenden Fassung des StModernG. Danach sind die Regelungen erstmals anzuwenden für Besteuerungszeiträume, die nach dem beginnen und Besteuerungszeitpunkte, die nach dem liegen (Art. 97 § 10a Abs. 4 EGAO). Eine Zusammenfassung der Neuregelungen der Steuererklärungsfristen durch das StModernG enthält Teil D der Anlage 2 der Niederschrift zur Dienstbesprechung 2017 über ertragsteuerliche Fragen in den Bereichen Veranlagung sonstige Steuerpflichtige und Personengesellschaften (.
2 Abgabe von Steuererklärungen und Fristverlängerung
2.1 Allgemeines
Um einen kontinuierlichen Erklärungseingang zu erreichen, ist das Fristverlängerungsverfahren konsequent zu betreiben.
Nach § 149 Abs. 1 Satz 1 AO bestimmen die Einzelsteuergesetze, wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist. Danach ergeben sich Steuererklärungspflichten insbesondere aus folgenden Vorschriften:
§ 25 Abs. 3 EStG und §§ 56, 60 EStDV,
§ 31 Abs. 1 und § 27 Abs. 2 KStG,
§ 14a GewStG und § 25 GewStDV sowie
Für steuerlich nicht beratene und steuerlich beratene Steuerpflichtige bestehen unterschiedliche Abgabefristen.
2.2 Steuerlich nicht beratene Steuerpflichtige
2.2.1 Abgabefrist bis zum 31. Juli des Folgejahres
Gemäß § 149 Abs. 2 Satz 1 AO sind die Steuererklärungen bis zum 31. Juli des Folgejahres abzugeben.
2.2.2 Fristverlängerung
Die Verlängerung der Abgabefrist steht – wie bisher – im Ermessen des Finanzamtes (vgl. § 109 Abs. 1 AO). Bei der Entscheidung über Fristverlängerungsanträge steuerlich nicht beratener Steuerpflichtiger, die eine Erklärungsabgabe bis spätestens zum September des Folgejahres in Aussicht stellen, soll nicht kleinlich verfahren werden. Voraussetzung ist, dass die Arbeitslage im Finanzamt dies zulässt und der Antrag eine schlüssige Begründung enthält. Der Einwand, nicht beratene Steuerpflichtige müssten mit beratenen Steuerpflichtigen bei der Fristverlängerung gleichgestellt werden, ist kein sachlicher Grund, der eine weitergehende Fristverlängerung rechtfertigen könnte. Auch der Umstand, dass die Abgabefrist mit dem StModernG um zwei Monate auf den Juli des Folgejahres verlängert wurde, rechtfertigt nicht, dass mit Fristverlängerungsanträgen großzügiger verfahren wird.
Eine über den 30. September des Folgejahres hinausgehende Fristverlängerung ist nur in zwingenden Ausnahmefällen und dann auch nur kurzzeitig zu gewähren. Hierauf bitte ich noch stärker als in der Vergangenheit zu achten. Auf Tz. 2.5 weise ich hin.
2.2.3 Land- und Forstwirte mit abweichendem Wirtschaftsjahr
Für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Frist zur Abgabe ihrer Steuererklärung gemäß § 149 Abs. 2 Satz 2 AO nicht vor dem Ablauf des siebten Monats, der auf den Schluss des in dem Kalenderjahr begonnenen Wirtschaftsjahres folgt (am 31. Januar des Zweitfolgejahres bei Ende des Wirtschaftsjahres am 30. Juni).
Die Ausführungen unter Tz. 2.2.2 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass der 31. März des Zweitfolgejahres an die Stelle des 30. Septembers des Folgejahres tritt.
2.3 Steuerlich beratene Steuerpflichtige
Bisher wurde im Rahmen gleich lautender Ländererlasse über Steuererklärungsfristen (sog. Fristenerlasse) eine auf § 109 AO gestützte, allgemeine Fristverlängerung für steuerlich beratene Steuerpflichtige geregelt. Für Veranlagungszeiträume ab 2018 existiert nunmehr mit § 149 Abs. 3 AO eine gesetzlich bestimmte Steuererklärungsfrist für steuerlich beratene Steuerpflichtige, die Fristenerlasse entbehrlich macht.
2.3.1 Abgabefrist bis zum 28./29. Februar des Zweitfolgejahres
Sofern Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften i. S. d. §§ 3 und 4 Steuerberatungsgesetzes mit der Erstellung der in § 149 Abs. 3 AO genannten Erklärungen beauftragt sind, sind diese Erklärungen – vorbehaltlich einer Vorabanforderung gemäß Abs. 4 (vgl. Tz. 3) – bis zum 28./29. Februar des Zweitfolgejahres abzugeben. Von der Beauftragung eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe mit der Erstellung der Erklärung kann in der Regel ausgegangen werden, wenn der Steuerpflichtige steuerlich beraten ist.
Mit der Fristenregelung wird der Tatsache Rechnung getragen, dass einerseits die Erstellung der Jahressteuererklärungen und die Veranlagungsarbeiten innerhalb von zwölf Monaten abgeschlossen sein sollten, anderseits aber mit der Anfertigung der Steuererklärungen faktisch erst ab März und nicht bereits ab Januar des Folgejahres begonnen werden kann.
Bei unterjähriger Beendigung einer Tätigkeit vor Ablauf des Kalenderjahres ist die Umsatzsteuererklärung binnen eines Monats nach Ablauf des kürzeren Besteuerungszeitraums abzugeben (§ 18 Abs. 3 Satz 2 UStG). Bei Beendigung der Tätigkeit mit Ablauf des Kalenderjahres ist die Umsatzsteuererklärung bis zum 31. Juli des Folgejahres abzugeben. Die Regelungen des § 149 Abs. 3 AO sind insoweit nicht anwendbar (§ 149 Abs. 5 AO).
2.3.2 Fristverlängerung
Eine Fristverlängerung für Erklärungen steuerlich beratener Steuerpflichtiger über den 28./29. Februar des Zweitfolgejahres hinaus kommt gemäß § 109 Abs. 2 AO nur in Ausnahmefällen in Betracht. Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige ohne Verschulden verhindert ist oder war, die Steuererklärung innerhalb der Frist abzugeben. Verschulden wird durch Vorsatz, grobe und leichte Fahrlässigkeit begründet. Insoweit sind dieselben Maßstäbe anzuwenden wie für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO, § 56 FGO).
vgl. BT-Drs. 18/7457, S. 79
Das Verschulden eines Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen. Vertreter ist ein Bevollmächtigter i. S. d. § 80 AO. Erfüllungsgehilfe ist eine Person, deren sich der Steuerpflichtige zur Erstellung der Steuererklärung bedient, die aber nicht Bevollmächtigter i. S. d. § 80 AO ist. Das Verschulden des Personals des Vertreters oder Erfüllungsgehilfen kann nicht dem Steuerpflichtigen direkt zugerechnet werden. Maßgebend ist, ob den Vertreter oder Erfüllungsgehilfen selbst ein Verschulden trifft, etwa ein Organisationsverschulden oder ein Verschulden bei der Auswahl und Überwachung seines Personals.
Bei Arbeitsüberlastung des steuerlichen Beraters ist in der Regel von einem Verschulden des Beraters auszugehen. Etwas Anderes dürfte nur gelten, wenn die Arbeitsüberlastung auf unvorhersehbare Krankheit, Unfall oder ähnliche Umstände zurückzuführen ist.
Hinweis auf Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 110 AO, Rn. 68 ff. Einzelfälle (ABC)
Dies bedingt eine konkrete und genaue Darlegung dieses Ereignisses, der fehlenden Möglichkeit einer Berücksichtigung bei der Arbeits-/Personalplanung sowie des voraussichtlichen Ausfalls an Arbeitsleistung im Hinblick auf die Dauer der beantragten Fristverlängerung.
Darüber hinaus sind Fristverlängerungen aufgrund von Sammelanträgen ausgeschlossen, da auf die unverschuldete Verhinderung des jeweiligen Steuerpflichtigen abzustellen ist.
Ich bitte, die Regelung von Anfang an konsequent umzusetzen. Weil dies eine umfassende Auseinandersetzung mit den Argumenten des Steuerpflichtigen bzw. seines Beraters erfordert, bitte ich bei telefonischen Fristverlängerungsanträgen unter Hinweis auf die Erfordernisse des § 109 Abs. 2 AO auf eine schriftliche Beantragung hinzuwirken.
2.3.3 Land- und Forstwirte mit abweichendem Wirtschaftsjahr
Für steuerlich beratene Steuerpflichtige, die ihren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Frist zur Abgabe ihrer Steuererklärung gemäß § 149 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 AO am 31. Juli des Zweitfolgejahres.
Die Ausführungen unter Tz. 2.3.2 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass der 31. Juli des Zweitfolgejahres an die Stelle des 28./29. Februars des Zweitfolgejahres tritt (vgl. § 109 Abs. 2 Satz 2 AO).
2.4 Besonderheiten
Angehörige der steuerberatenden Berufe sind in ihren eigenen Steuerangelegenheiten im Fristverlängerungsverfahren nicht als beratene Steuerpflichtige anzusehen ( BStBl 2003 II S. 550). Die Möglichkeit der Gewährung einer (individuellen) Fristverlängerung nach Maßgabe der Tz. 2.2.2 bleibt hiervon unberührt.
In Fällen, in denen sich Steuerpflichtige in Vorjahren durch die Nachmeldung von Umsätzen in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung einen ungerechtfertigten Zahlungsaufschub verschafft haben, ist es regelmäßig nicht gerechtfertigt, hinsichtlich der Umsatzsteuer eine Fristverlängerung über den 31. Juli des Folgejahres bzw., wenn diese Unternehmer steuerlich beraten sind und die Voraussetzungen des § 109 Abs. 2 Nr. 1 AO vorliegen, über den 28./29. Februar des Zweitfolgejahres hinaus zu gewähren. Auf die ggf. bestehende Notwendigkeit einer Meldung an die Bußgeld- und Strafsachenstelle sowie im Fall des steuerlich beratenen Unternehmers auf die vorzeitige Anforderung der Steuererklärung weise ich hin (vgl. Tz. 16.2.3 der DA-V).
Bei G1- und G2-Betrieben, die der zeitnahen Betriebsprüfung im Drei-Jahrestakt unterliegen, sind auf der Grundlage der Mitteilung der Betriebsprüfungsstellen über die anstehenden Prüfungen Fristverlängerungsanträge für das jeweils letzte zu prüfende Jahr abzulehnen bzw. sind die Steuererklärungen bei beratenen Steuerpflichtigen vorzeitig anzufordern (vgl. § 149 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. f AO sowie Bp-Kartei Teil I Abschnitt 7 Karte 2). Dies betrifft auch Betriebe im gleichen Konzern/Unternehmensverbund, bei denen die zeitnahe Betriebsprüfung im Drei-Jahrestakt mittelbar auch Anwendung findet, wenn die Prüfung gemäß den §§ 13 und 18 BpO im Zusammenhang, unter einheitlicher Leitung und nach einheitlichen Gesichtspunkten durchgeführt wird.
In sog. Hochrückstandsfällen sind Fristverlängerungsanträge besonders sorgfältig zu prüfen und nur in Ausnahmefällen zu genehmigen. Sofern die Voraussetzungen vorliegen, sind ausstehende Steuererklärungen vorzeitig anzufordern (Tz. 3 sowie Vollstreckungskartei, Teil Hochrückstandsfälle, Karte 1, Tz. 2.3).
2.5 Ablehnung von Fristverlängerungsanträgen
Nach den vorstehend genannten Grundsätzen kann es geboten sein, Fristverlängerungsanträgen
vollumfänglich stattzugeben (UNIFA-Vorlage ASt 103_1),
nur teilweise stattzugeben, indem das Fristende auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt wird, als es der Steuerpflichtige beantragt hat (UNIFA-Vorlage ASt 103_2) oder
abzulehnen (UNIFA-Vorlage ASt 103_3).
Mit der (teilweisen) Ablehnung eines Fristverlängerungsantrags ist dem Antragsteller eine angemessene Nachfrist einzuräumen, sofern der Antrag nicht bereits weit vor Ablauf der Frist abgelehnt wird und sich eine Nachfrist deshalb erübrigt. Die Nachfrist soll vier bis sechs Wochen betragen. In Fällen, in denen für den betreffenden Veranlagungszeitraum bereits eine Fristverlängerung antragsgemäß bewilligt wurde, kann die Nachfrist auch kürzer bemessen werden. Entscheidend sind die Verhältnisse des Einzelfalls sowie die Arbeitslage des Finanzamtes. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Nachfrist keine Fristverlängerung darstellt und die Festsetzung von Verspätungszuschlägen nicht ausschließt. Die Ablehnung eines Fristverlängerungsantrags muss eine einzelfallbezogene Begründung enthalten.
Bei den vorstehend genannten Maßnahmen handelt es sich um Verwaltungsakte, die mit dem Einspruch anfechtbar sind. Die Frist für die Einlegung des Einspruchs ist ggf. nach § 356 Abs. 2 Satz 1 AO (Jahresfrist) zu bestimmen.
Die Ablehnung einer Fristverlängerung für die Abgabe der Steuererklärung ist nicht vollziehbar im Sinne des § 361 AO. Sie beschränkt sich auf eine Negation, indem sie den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes ablehnt. Ein wegen einer abgelehnten Fristverlängerung gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist daher bereits aus formellen Gründen abzulehnen.
3 Vorzeitige Anforderung von Steuererklärungen
Die Finanzämter haben für den Veranlagungszeitraum 2017 über 3.800 Einkommensteuer- und über 3.100 Körperschaftsteuererklärungen und damit mehr als für den Veranlagungszeitraum 2016 vorzeitig angefordert. Jedoch wurden davon irrtümlich insgesamt fast 500 Vorabanforderungen für steuerlich nicht beratene Steuerpflichtige veranlasst. Dies kommt einer (ungewollten) Fristverlängerung gleich.
Ich bitte, für kommende Veranlagungszeiträume verstärkt von Vorabanforderungen Gebrauch zu machen.
Vorzeitige Erklärungsanforderungen dienen dazu, einen kontinuierlichen Erklärungseingang und einen kontinuierlichen Veranlagungsfortgang zu erreichen.
Im Sharepoint Controlling (Monatsberichte \ Berichtstyp: vorab angeforderte Steuererklärungen; zugänglich für alle Vorsteher/innen und Sachgebietsleiter/innen) wird über den Stand der vorzeitig angeforderten Steuererklärungen für den Arbeitsbereich Körperschaften bzw. den Einkommensteuerbereich informiert.
3.1 Rechtliche Grundlagen
Die Möglichkeit, Steuererklärungen vorzeitig anzufordern, ist in § 149 Abs. 4 AO gesetzlich geregelt. Danach kann das Finanzamt Steuererklärungen auf einen Zeitpunkt vor dem 28./29. Februar des Zweitfolgejahres anfordern, frühestens jedoch zum 31. Juli des Folgejahres. Voraussetzung ist, dass es sich um eine Steuererklärung i. S. d. § 149 Abs. 3 AO handelt, ein Angehöriger der steuerberatenden Berufe mit der Erstellung der Erklärung beauftragt wurde und zumindest einer der unter Tz. 3.2 genannten Gründe vorliegt.
Vorzeitige Anforderungen für steuerlich nicht beratene Steuerpflichtige sind unbedingt zu vermeiden, weil dies einer (ungewollten) Fristverlängerung gleichkommt.
Die Regelungen zu § 149 Abs. 4 AO sollen einen sachgerechten Interessensausgleich zwischen Steuerpflichtigen, steuerberatenden Berufen und Finanzbehörden ermöglichen sowie für beide Seiten den gleichmäßigen Arbeitsanfall steuern und die Arbeitsbelastung der steuerberatenden Berufe typisierend berücksichtigen. Die sachgerechte Beratung durch Angehörige der steuerberatenden Berufe setzt u. a. voraus, dass den Beratern ein zeitlich ausreichender Spielraum eingeräumt ist, um die von ihnen betreuten Steuerpflichtigen in gleichmäßiger Weise beraten zu können, damit jedem Ratsuchenden qualitativ eine gleichwertige Beratung geboten werden kann. Der Berater soll nicht unter dem Druck einer kurzen Abgabefrist gezwungen sein, eine Rangfolge – nach welchen Kriterien auch immer – für die Beratung der von ihm betreuten Steuerpflichtigen einzuführen.
3.2 Vorabanforderungsgründe
Von der Möglichkeit, die Steuererklärung vorzeitig anzufordern, soll in den folgenden sog. Katalogfällen Gebrauch gemacht werden (§ 149 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AO):
Für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum wurden Erklärungen nicht oder verspätet abgegeben.
Eine Steuererklärung ist verspätet abgegeben, wenn im vorangegangenen Veranlagungszeitraum der (gesetzliche) Termin, ein durch Fristverlängerung gesetzter Termin oder der Abgabetermin einer vorzeitig angeforderten Steuererklärung nicht eingehalten wurde bzw. eine Fristverlängerung gewährt wurde, die Erklärung aber erst danach einging.
Für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum wurden innerhalb von drei Monaten vor Abgabe der Steuererklärung oder innerhalb von drei Monaten vor dem Beginn des Zinslaufs i. S. d. § 233a Abs. 2 Satz 1 AO nachträgliche Vorauszahlungen festgesetzt.
Für den Besteuerungszeitraum wurden Vorauszahlungen außerhalb einer Veranlagung herabgesetzt.
Die Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum hat zu einer Abschlusszahlung von mindestens 25 Prozent der festgesetzten Steuer oder mehr als 10.000 EUR geführt.
Dabei braucht nicht geprüft zu werden, ob auch für den aktuellen Veranlagungszeitraum mit einer hohen Abschlusszahlung zu rechnen ist.
Die Veranlagung einer Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Umsatzsteuererklärung wird voraussichtlich zu einer Abschlusszahlung von mehr als 10.000 EUR führen.
In Fällen, in denen eine hohe Abschlusszahlung zu erwarten ist und die deshalb grundsätzlich für eine Vorabanforderung in Betracht kommen, ist zu prüfen, ob neben oder statt einer Vorabanforderung die Vorauszahlungen nachträglich anzupassen sind. Die Festsetzung von Vorauszahlungen schließt zwar eine vorzeitige Anforderung nicht aus. Jedoch muss das Finanzamt darlegen können, warum es im Einzelfall eine vorzeitige Anforderung neben der Festsetzung von erhöhten Vorauszahlungen für erforderlich hält. Im Rahmen seiner einzelfallbezogenen Ermessenserwägungen muss es sich auch mit der voraussichtlichen Höhe der Einkünfte auseinandersetzen.
Entsprechende Fälle können maschinell nicht ermittelt werden. Daher ist zugunsten einer vorzeitigen Anforderung für das MÜSt-Erinnerungs-/Zwangsgeldverfahren für den jeweiligen Fall ein personeller Vermerk anzulegen (vgl. Tz. 3.3.2).
Eine Außenprüfung ist vorgesehen.
Der Steuerfall steht auf der Vormerkliste für eine Außenprüfung oder befindet sich bereits auf dem Prüfungsgeschäftsplan.
Der Steuerpflichtige hat im Besteuerungszeitraum einen Betrieb eröffnet oder eingestellt.
Für Beteiligte an Gesellschaften und Gemeinschaften sind Verluste festzustellen (Verlustzuweisungsgesellschaft).
Der Katalog der Vorabanforderungsgründe ist abschließend und nicht nur beispielhaft.
Vorabanforderungen aufgrund der Arbeitslage der Finanzämter sind nicht mehr möglich.
Ob und ggf. mit welchem einschlägigen Grund die Finanzbehörde von der Möglichkeit einer Vorabanforderung Gebrauch macht, steht (weiterhin) in ihrem Ermessen.
Gemäß § 149 Abs. 4 Satz 7 AO erstreckt sich die vorzeitige Anforderung nicht nur auf die Steuererklärung, die Anlass für die Vorabanforderung ist, sondern zugleich auch auf alle weiteren Steuererklärungen, die vom betroffenen Steuerpflichtigen für den gleichen Besteuerungszeitraum oder Besteuerungszeitpunkt abzugeben sind. Im Rahmen des angestrebten Interessenausgleiches (vgl. Tz. 3.1) dienen vorzeitige Erklärungsanforderungen der Finanzbehörde auch dem kontinuierlichen Fortgang der Veranlagungstätigkeit. Aufgrund erforderlicher Verprobungen und Abgleiche zwischen der Erklärung zur Leitveranlagung (i. d. R. Einkommen- oder Körperschaftsteuer) und den übrigen Jahressteuererklärungen sind die Erklärungen als Gesamtfall zusammenhängend und – soweit möglich – abschließend zu prüfen und zu veranlagen, um dadurch einen kontinuierlichen Veranlagungsfortgang zu erreichen. Dies erfolgt auch im Sinne der Steuerpflichtigen und deren steuerlichen Beratern. Daher sind neben der Steuererklärung, die Anlass für die Vorabanforderung ist, zugleich auch alle weiteren Jahressteuererklärungen, die vom betroffenen Steuerpflichtigen für den gleichen Besteuerungszeitraum oder Besteuerungszeitpunkt abzugeben sind, vorzeitig anzufordern, auch wenn für diese Erklärungen selbst keiner der vorstehend genannten Gründe einschlägig ist.
Vorzeitige Anforderung aufgrund automationsgestützter Zufallsauswahl
Gemäß § 149 Abs. 4 Satz 3 AO kann das Finanzamt auf der Grundlage einer automationsgestützten Zufallsauswahl (also ohne Vorliegen eines sog. Kataloggrundes) eine Steuererklärung vorzeitig anfordern. Bei solchen Vorabanforderungen ist auf die Zufallsauswahl hinzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht.
Die Anforderung aufgrund einer Zufallsauswahl soll ausweislich der Gesetzesbegründung erst dann zur Anwendung kommen, wenn die sog. Kataloggründe nicht ausreichen, um einen kontinuierlichen Erklärungseingang zu erreichen
vgl. BT-Drs. 18/7457 S. 77.
Das bedingt, dass für Steuerfälle, für die eine Vorabanforderung nach den Kataloggründen in Frage kommt, die Steuererklärung vorzeitig angefordert wurde.
Nach aktuellem Stand der Programmentwicklung ist mit einer maschinellen Zufallsauswahl im Jahr 2019 noch nicht zu rechnen.
3.3 Verfahren
3.3.1 Frist und Arbeitsplanung
Steuererklärungen können auf einen Zeitpunkt zwischen dem 31. Juli des Folgejahres (gesetzlicher Abgabetermin) und dem 28./29. Februar des Zweitfolgejahres angefordert werden. Die Frist zur vorzeitigen Anforderung beträgt vier Monate nach Bekanntgabe der Anordnung. Eine Vorabanforderung auf einen Termin vor dem 31. Juli des Folgejahres kommt nicht in Betracht (§ 149 Abs. 4 und 6 AO). Daher kann frühestens ab dem 1. April des Folgejahres mit vorzeitigen Anforderungen begonnen werden. Als spätester Zeitpunkt kommt der 15. Oktober des Folgejahres (mit Abgabetermin 15. Februar des Zweitfolgejahres zzgl. Bekanntgabefrist) in Betracht.
Anders als in den vergangenen Jahren ergeben sich bezüglich der vorzeitigen Anforderung von Steuererklärungen des Veranlagungszeitraums 2018 keine Einschränkungen wegen verspätet zur Verfügung gestellter elektronischer Übermittlungsmöglichkeiten von Steuererklärungsdaten (ELSTER-Dienste ERiC-Modul, ElsterFormular und Mein ELSTER). Die jahresbezogenen (geplanten) Bereitstellungstermine der ELSTER-Dienste werden den Finanzämtern im AIS bekannt gegeben und fortlaufend aktualisiert (zuletzt mit für den Veranlagungszeitraum 2018; vgl. AIS \ Themen \ EDV \ Elster \ Stand Elster-Dienste).
Für den Veranlagungszeitraum 2018 ist aktuell nicht bekannt, dass die ELSTER-Dienste verspätet zur Verfügung gestellt werden. Sofern sich für folgende Veranlagungszeiträume entsprechende Einschränkungen ergeben, wird dies gesondert mitgeteilt.
Aufgrund der feststehenden Vorabanforderungsfrist von vier Monaten ist eine Arbeitsplanung erforderlich. Dabei können folgende Aspekte eine Rolle spielen:
Mit vorzeitigen Anforderungen können Erklärungseingänge von steuerlich beratenen Steuerpflichtigen zeitlich vorverlagert werden. Dadurch werden die Bestände gleichmäßiger über das Jahr verteilt. Insbesondere Körperschaftsteuerstellen mit voraussichtlich geringem Erklärungsvorrat sollten diesen mit Vorabanforderungen kompensieren. Erklärungen sollten dann vier Monate vor den Zeiträumen mit geringem Erklärungsvorrat angefordert werden.
Bleibt eine vorzeitig angeforderte Steuererklärung aus, kann eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen in der Regel deutlich eher durchgeführt werden als ohne Vorabanforderung. Dies erhöht den Veranlagungsfortgang und dient insoweit vor allem den Finanzämtern, bei denen der Erklärungseingang bzw. der Erklärungsvorrat nicht ausreicht, um die vereinbarten Ziele zum Veranlagungsfortgang in den einzelnen Arbeitsbereichen zu erreichen.
Vorzeitig angeforderte Steuererklärungen sollen zeitnah bearbeitet werden (vgl. Tz. 3.3.3). Daher sollte der Abgabetermin so bestimmt werden, dass im Zeitraum um diesen Termin eine zeitnahe Bearbeitung sichergestellt werden kann.
3.3.2 Fallauswahl und Erlass der Bescheide
Ab dem Veranlagungszeitraum 2018 ist vorgesehen, dass die Fallauswahl und die Erstellung der Bescheide zur vorzeitigen Anforderung mit Hilfe des MÜSt-Erinnerungs-/Zwangsgeldverfahrens, Maßnahme „Vorabanforderung” erfolgen kann (vgl. AIS > Themen > EDV > Verfahren > MÜSt > Erinnerungsverfahren). Über den konkreten Einsatz dieser Funktionalität ergehen zu gegebener Zeit gesonderte Informationen.
Die Fallauswahl für sämtliche Vorabanforderungsgründe erfolgt künftig maschinell. Die Ausnahme bildet der Vorabanforderungsgrund, wonach die Veranlagung einer Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Umsatzsteuererklärung voraussichtlich zu einer Abschlusszahlung von mehr als 10.000 EUR führen wird (§ 149 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e AO). Für solche Fälle ist ein personeller Vermerk anzulegen, welcher zugunsten der Erstellung maschineller vorzeitiger Anforderungen vom MÜSt-Erinnerungs-/Zwangsgeldverfahren ausgelesen werden kann.
Darüber hinaus steht für die vorzeitige Anforderung von Steuererklärungen die UNIFA- Vorlage ASt 101 zur Verfügung.
3.3.3 Erklärung geht fristgerecht bzw. nicht fristgerecht ein
Vorzeitig angeforderte Steuererklärungen sind unabhängig vom steuerlichen Ergebnis zeitnah zu bearbeiten. Ansonsten könnte dem Finanzamt vorgehalten werden, die vorzeitige Anforderung sei ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig.
Elektronisch authentifiziert übermittelte, freigeschaltete komprimierte bzw. gescannte Steuererklärungen, die die EloSt-Vorverarbeitung durchlaufen, werden im EloSt-Dialog in der Tabelle der Ergebnisregisterkarte entsprechend mit „vorzeitig” in der Spalte Bearbeitungshinweis dargestellt und dem Auftragstyp „EloSt – veranlagungsbereite Erklärungen (Sonderfall)” zugeordnet.
Bei Steuererklärungen in Papierform, die nicht gescannt werden können, ist die vorrangige Bearbeitung beim Erfassen des Erklärungseingangs durch entsprechende organisatorische Maßnahmen (z. B. Vermerk auf der Steuererklärung oder separate Ablage) sicherzustellen.
Sofern die vorzeitige Anforderung erfolglos bleibt und die Steuererklärung nicht eingeht, verweise ich auf Tz. 4.
3.3.4 Fristverlängerung
Die Frist zur Abgabe einer vorzeitig angeforderten Steuererklärung i. S. d. § 149 Abs. 4 AO kann nur nach Maßgabe der Regelung zu § 109 Abs. 2 Nr. 2 AO verlängert werden. Insoweit gelten die Ausführungen zu Tz. 2.3.2 entsprechend.
4 Maßnahmen zum Steuererklärungseingang
Im Rahmen des MÜSt-Erinnerungs-/Zwangsgeldverfahrens stehen dem Bearbeiter die folgenden Maßnahmen zur Verfügung:
Vorzeitige Anforderung (nach Freischaltung ab Veranlagungszeitraum 2018),
Erinnerung,
Zweite Erinnerung,
Schätzungsandrohung,
Zwangsgeldandrohung und
Zwangsgeldfestsetzung.
Das MÜSt-Erinnerungs-/Zwangsgeldverfahren wählt die Fälle auf der Basis der MÜSt-Übersicht „ausstehende Steuererklärungen” aus. Die o. g. Maßnahmen werden erstellt, zentral versandt und gespeichert. Dabei wird in Maßnahmen des Finanzamts und Maßnahmen im Bearbeiterdialog unterschieden. Die Dialogbearbeitung ermöglicht eine Selbststeuerung des Finanzamtes bzw. Bearbeiters, die Anzahl der MÜSt-Maßnahmen und deren Abgabefrist so festzulegen, dass eine gleichmäßige Arbeitsauslastung gegeben ist. Zeitpunkt und Umfang von MÜSt-Maßnahmen können vom Finanzamt bzw. Bearbeiter selbst bestimmt werden. Zu beachten ist, dass zu bestimmten Terminen zentrale Erinnerungsläufe durchgeführt werden. Die Termine werden gesondert bekannt gegeben (für den Veranlagungszeitraum 2017 vgl. Tz. 5 der ).
Welche Maßnahmen ergriffen werden, hängt vom jeweiligen Einzelfall und der Arbeitslage im jeweiligen Veranlagungsbezirk/Finanzamt ab. Es ist darauf zu achten, dass die Maßnahmen zielgerichtet und frühzeitig ausgebracht werden. So kann eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen in der Regel deutlich eher durchgeführt werden als ohne entsprechende Maßnahmen. Dies erhöht den Veranlagungsfortgang und dient insoweit vor allem den Finanzämtern, bei denen der Erklärungseingang bzw. der Erklärungsvorrat nicht ausreicht, um die vereinbarten Ziele zum Veranlagungsfortgang in den einzelnen Arbeitsgebieten zu erreichen.
Insgesamt ist das Verfahren konsequent zu betreiben. Dies gilt insbesondere, wenn eine Steuererklärung vorzeitig angefordert wurde. Geht eine vorab angeforderte Steuererklärung nicht fristgemäß ein, so ist unverzüglich an ihre Abgabe zu erinnern, die Schätzung unter Angabe der vorgesehenen Besteuerungsgrundlagen anzukündigen (und später ggf. durchzuführen, vgl. ) und/oder das Zwangsgeldverfahren zu betreiben (vgl. ).
Ich weise darauf hin, dass eine im Rahmen der o. g. Maßnahmen gesetzte Nachfrist keine Fristverlängerung darstellt und deshalb die Festsetzung eines Verspätungszuschlages nicht ausschließt. Zur Festsetzung von Verspätungszuschlägen für nicht oder nicht fristgerecht abgegebene Steuererklärungen für Veranlagungszeiträume ab 2018 ergeht eine gesonderte Verfügung.
Führt der Steuerpflichtige ein Einspruchsverfahren gegen einen Steuerbescheid, in dem die Besteuerungsgrundlagen geschätzt wurden, ist zu prüfen, ob er unter Fristsetzung nach § 364b AO zur Abgabe der Steuererklärung aufzufordern ist.
In den Monaten vor Veranlagungsschluss kann im Verfahren MÜSt-Übersichten die Übersicht „unerledigte Festsetzungen/Feststellungen” genutzt werden, um gezielt Fälle aufzugreifen, in denen kein Festsetzungs-/Feststellungsergebnis gespeichert ist. Die Übersicht gibt außerdem Aufschluss über die bereits veranlassten Maßnahmen. Dementsprechend ist in den Fällen noch ausstehender Steuererklärungen unter Anwendung geeigneter Mittel (Schätzungs- und/oder Zwangsverfahren) weiter zu verfahren.
Die Nichtabgabe oder verspätete Abgabe von Steuererklärungen oder -anmeldungen kann den Verdacht einer Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) bzw. leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO) begründen, da hinsichtlich des Fälligkeitszeitpunktes zumindest eine zeitliche Steuerverkürzung eintritt (vgl. Leitfaden für die Zusammenarbeit zwischen den Veranlagungsteilbezirken und den Bußgeld- und Strafsachenstellen, Tz. 2.1.2 und Tz. 3.1, ). Über eine Unterrichtung der BuStraSt ist unter Berücksichtigung des vorgenannten Leitfadens und der Einzelfallumstände (insbesondere Grund und Dauer der Fristüberschreitung sowie hierdurch entstandene Vorteile) zu entscheiden.
LSF Sachsen v. - 214-S 0320/1/4-2019/2289
Fundstelle(n):
BAAAH-23918