Aufrechnung mit Haftungsforderungen gemäß § 73 AO gegen Steuererstattungsansprüche im Insolvenzverfahren der Organgesellschaft
Leitsatz
1. Das FA kann, wenn eine Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG erst im Insolvenzverfahren der Organgesellschaft „entdeckt”
wurde, gegenüber dem Insolvenzverwalter mit Haftungsforderungen gemäß § 73 AO gegen die Steuererstattungsansprüche zuzüglich
Zinsen aufrechnen, ohne, dass es des vorherigen Erlasses eines Haftungsbescheides, der Feststellung der Haftungsforderung
oder ihrer Anmeldung zur Tabelle bedarf.
2. Das Aufrechnungsverbot gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wonach die Aufrechnung unzulässig ist, wenn die aufgerechneten Steuererstattungsansprüche
erst nach Insolvenzeröffnung entstanden sind, greift nicht deshalb ein, weil die Aufhebungsbescheide als formelle Voraussetzung
der Steuererstattung erst im Insolvenzverfahren ergangen sind. Abweichendes folgt nicht aus dem
(), mit dem der BFH seine frühere Rechtsprechung, dass eine Erstattungsforderung insolvenzrechtlich
bereits dann entstanden ist, wenn sie vor Insolvenzeröffnung bereits „ihrem Kern nach” begründet wurde, geändert hat.
3. Steuerbescheide – vorliegend Aufhebungsbescheide – sind unter Berücksichtigung der Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB
auszulegen.
4. Über einen (vermeintlichen) Anspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt gemäß § 143 InsO auf Rückgewähr insolvenzrechtlich
angefochtener Leistungen kann nicht in einem Abrechnungsbescheid entschieden werden, denn er ist kein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis.
Da es sich um einen zivilrechtlichen Anspruch handelt, kann er nur bei den Zivilgerichten eingeklagt werden.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): EFG 2019 S. 1642 Nr. 20 ZAAAH-23693
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