Keine Gewinnerhöhung durch Aufzinsung des Körperschaftsteuerguthabens nach formwechselnder Umwandlung in eine Personengesellschaft
Leitsatz
§ 37 Abs. 7 KStG ist nach formwechselnder Umwandlung einer Körperschaft in eine Personengesellschaft auf Erträge aus der Aufzinsung des Körperschaftsteuerguthabens bei der Personengesellschaft anzuwenden, wenn an ihr entweder unmittelbar oder über eine Personengesellschaft mittelbar ausschließlich Körperschaften beteiligt sind (entgegen BStBl I 2008, 280).
Gesetze: EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2; FGO § 107; GewStG § 7; KStG § 37 Abs. 4, Abs. 5, Abs. 7; UmwStG 2006 § 4 Abs. 2;
Instanzenzug: (EFG 2016, 1924),
Tatbestand
I.
1 Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, ist durch einen Formwechsel der A International GmbH (GmbH) im Jahr 2008 entstanden. Einziger Gesellschafter der Klägerin ist die A Beteiligungs GbR, an welcher zu 100 v.H. die A Holding GmbH beteiligt ist.
2 Für die GmbH wurde ein Körperschaftsteuerguthaben in Höhe von 1.598.792 € ermittelt und mit Bescheid vom festgestellt. Die Abzinsung des Körperschaftsteuerguthabens bei der GmbH wurde gemäß § 37 Abs. 7 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) bei dieser erfolgsneutral behandelt.
3 Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte bei der Klägerin für das Streitjahr (2009) im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sowie bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags jeweils einen Ertrag aus der Aufzinsung des Körperschaftsteuerguthabens in Höhe von 137.042 €.
4 Die nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klagen gegen die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, gegen die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und gegen die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für das Streitjahr wurden vom Finanzgericht (FG) Köln zunächst zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Urteil vom 15 K 3894/12 (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2016, 1924) hat das FG der Klage stattgegeben und entschieden, dass ein Ertrag aus der Aufzinsung des Körperschaftsteuerguthabens in Höhe von 137.042 € nicht zu berücksichtigen ist.
5 Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der es eine Verletzung materiellen Rechts geltend macht.
6 Das FA beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
7 Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
II.
8 Der Tenor der Vorentscheidung ist wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 107 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dahingehend zu berichtigen, dass als Datum der gegen die Klägerin erlassenen Bescheide über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2009 sowie Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags 2009 der bezeichnet wird. Das FG hat im Tenor des angefochtenen Urteils als Datum dieser Bescheide unzutreffend den angegeben, wohingegen es im Tatbestand der Vorentscheidung zutreffend vom ausgegangen ist. Eine offenbare Unrichtigkeit i.S. des § 107 FGO liegt demnach vor. Eine Berichtigung im Revisionsverfahren ist möglich (vgl. z.B. Senatsurteil vom I R 63/15, BFHE 256, 11, BStBl II 2017, 357, Rz 13).
9 Der Tenor der Vorentscheidung ist weiter wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 107 FGO dahingehend zu berichtigen, dass als Datum des gegen die Klägerin erlassenen Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2009 der bezeichnet wird. Das FG hat im Tenor des angefochtenen Urteils als Datum dieses Bescheids unzutreffend den angegeben, wohingegen es im Tatbestand der Vorentscheidung vom ausgegangen ist. Aus dem Akteninhalt ergibt sich jedoch, dass zunächst ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2009 am ergangen ist, dem aber Bescheide mit Datum vom und nachfolgten. Der Senat geht wiederum von einer offenbaren Unrichtigkeit i.S. des § 107 FGO aus.
III.
10 Die Revision des FA ist in Bezug auf die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für das Streitjahr begründet; die Klage ist insoweit abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Im Übrigen ist die Revision des FA unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat im Ergebnis zutreffend den Betrag aus der Aufzinsung des Körperschaftsteuerguthabens in Höhe von 137.042 € bei der Klägerin nicht gewinnerhöhend berücksichtigt.
11 1. Die GmbH ermittelt ihren Gewinn nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG —hinsichtlich der Gewerbesteuer i.V.m. § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG)— i.V.m. § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie muss dabei gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG für den Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen ansetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, und gemäß § 5 Abs. 6 EStG die Bewertung jenes Betriebsvermögens nach § 6 EStG vornehmen. Das zu Gunsten der GmbH festgestellte Körperschaftsteuerguthaben in Höhe von 1.598.792 € hat die Vorinstanz zutreffend als sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut angesehen.
12 a) Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sind die nicht in § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter —u.a. nicht der Abnutzung unterliegende Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wie die streitgegenständliche Forderung auf Auszahlung des nach § 37 Abs. 4 KStG ermittelten Körperschaftsteuerguthabens in zehn gleichen Jahresbeträgen— grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Diese entsprechen bei einer Forderung grundsätzlich auch dann deren Nominalbetrag, wenn diese unverzinslich ist (Senatsurteil vom I R 2/06, BFHE 215, 230, BStBl II 2007, 469 für eine Darlehensforderung m.w.N. aus der Rechtsprechung). Da der gesamte Anspruch auf Auszahlung des nach § 37 Abs. 4 KStG ermittelten Körperschaftsteuerguthabens aber bereits als unverzinslicher Anspruch entsteht, ist er mit dem Barwert zu aktivieren, da andernfalls ein noch nicht realisierter Zinsertrag ausgewiesen und damit gegen das Realisationsprinzip verstoßen würde (vgl. Förster/Felchner, Deutsches Steuerrecht 2007, 280; im Ergebnis ebenso Bodden, Finanz-Rundschau 2007, 66, 70; Ortmann-Babel/Bolik, Betriebs-Berater 2007, 73, 75; BStBl I 2008, 280).
13 b) Demgemäß ist es ausgeschlossen, den Auszahlungsanspruch mit dem Nennwert auszuweisen und sodann auf den Barwert abzuschreiben (vgl. Ernsting, Der Betrieb 2007, 180, 183) —offen gelassen im Senatsbeschluss vom I B 16/08, BFHE 222, 396, BStBl II 2008, 886—. Von daher ist auch nicht der Frage nachzugehen, ob im Urteilsfall nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu den Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung bei gesunkenen Wechselkursen von (fest)verzinslichen Wertpapieren (, BFHE 234, 137, BStBl II 2012, 716; zuletzt vom I R 37/16, BFHE 261, 166, BStBl II 2019, 73) bzw. bei Unverzinslichkeit einer noch nicht fälligen Forderung (Senatsurteil vom I R 43/11, BFHE 239, 275, BStBl II 2013, 162) eine voraussichtlich dauernde Wertminderung i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG angenommen werden könnte.
14 2. Der Barwert des festgestellten Körperschaftsteuerguthabens beträgt 1.259.321 €. Die Forderung ist aufgrund des Formwechsels von der Klägerin mit diesem Wert zu übernehmen mit der Folge, dass sie im gesetzlich vorgeschriebenen Auszahlungszeitraum (§ 37 Abs. 5 Satz 1 KStG) und damit auch für das Streitjahr durch entsprechende Aufzinsung bei der Klägerin zu berichtigen ist.
15 3. Die Vorinstanz ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Betrag aus der Aufzinsung des Körperschaftsteuerguthabens für das Streitjahr in Höhe von 137.042 € bei der Klägerin nicht gewinnerhöhend zu berücksichtigen ist.
16 a) § 37 Abs. 7 KStG bestimmt, dass „Erträge und Gewinnminderungen der Körperschaft, die sich aus der Anwendung des Abs. 5 ergeben, nicht zu den Einkünften im Sinne des Einkommensteuergesetzes gehören“. Daraus folgt, dass sowohl die Aktivierung des Körperschaftsteuererstattungsanspruchs als auch dessen Wertberichtigung im gesetzlich vorgeschriebenen Auszahlungszeitraum (§ 37 Abs. 5 Satz 1 KStG) bei der Einkommensermittlung zu neutralisieren sind (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 222, 396, BStBl II 2008, 886; BMF-Schreiben in BStBl I 2008, 280). Dies ist auch sachgerecht, da es sich materiell um die Rückzahlung von Körperschaftsteuer handelt, die als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe (§ 10 Nr. 2 KStG) das Einkommen nicht gemindert hat. Die Erstattung der Körperschaftsteuer darf daher nach ständiger Rechtsprechung des Senats das Einkommen nicht erhöhen (vgl. die Nachweise im Senatsbeschluss in BFHE 222, 396, BStBl II 2008, 886). Entsprechend sind Gewinnminderungen, die sich aus einer Abwertung des aktivierten Vergütungsanspruchs ergeben, ebenso steuerlich zu neutralisieren wie Gewinnerhöhungen aus einer Aufzinsung im Auszahlungszeitraum.
17 b) Zwischen den Beteiligten ist allerdings streitig, ob § 37 Abs. 7 KStG unmittelbar auf die Klägerin als Personengesellschaft anzuwenden ist, wenn diese —wie im Streitfall— im Wege eines Formwechsels gemäß § 4 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes 2006 (UmwStG 2006) als übernehmende Personengesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft eingetreten ist. Die Vorinstanz hat dies bejaht und über § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 die Vorschrift des § 37 Abs. 7 KStG auf den Streitfall (entsprechend) angewandt. Die übernehmende Personengesellschaft trete in die steuerliche Stellung der übertragenden Körperschaft ein, mit der Folge, dass die personelle Begrenzung des § 37 Abs. 7 KStG durch die Spezialregelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 verdrängt werde. Das FA verweist dagegen darauf, dass die „Fußstapfenregelung“ des § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 lediglich dazu führe, dass der Auszahlungsanspruch hinsichtlich des Körperschaftsteuerguthabens übergehe, die Regelungen des KStG betreffend den steuerbilanziellen Aufzinsungsertrag bei der übernehmenden Personengesellschaft aber keine Anwendung fänden.
18 c) Der Senat schließt sich zwar im Grundsatz der zuletzt genannten Auffassung an. Die vorliegend entscheidungserhebliche Frage geht indes dahin, ob es sich bei der Aufzinsung der Forderung im Streitjahr um einen „Ertrag der Körperschaft“ (Singular) handelt. Nach dem Wortlaut der Regelung des § 37 Abs. 7 KStG kommt es dabei nicht darauf an, dass der Ertrag von einer Körperschaft erzielt wird. Es muss sich vielmehr um einen Ertrag handeln, der als Ertrag einer Körperschaft anzusehen ist. Der Regelung des § 37 Abs. 7 KStG ist damit zunächst keine personelle Begrenzung auf Körperschaften zu entnehmen (a.A. wohl BMF-Schreiben in BStBl I 2008, 280). Für den streitgegenständlichen Fall des Formwechsels einer Körperschaft in eine Personengesellschaft bedeutet dies, dass § 37 Abs. 7 KStG auf Aufzinsungserträge einer Personengesellschaft jedenfalls dann anzuwenden ist, wenn an der Personengesellschaft entweder unmittelbar oder über eine Personengesellschaft mittelbar ausschließlich Körperschaften beteiligt sind (entgegen BMF-Schreiben in BStBl I 2008, 280).
19 Nach der Gesetzesbegründung wollte der Gesetzgeber mit der gewählten Formulierung „Erträge der Körperschaft“ erreichen, dass „Zahlungen oder Rückzahlungen von Körperschaftsteuerguthabenbeträgen nur dann von den Einkünften im Sinne des Einkommensteuergesetzes auszunehmen sind, wenn sie der Körperschaft zufließen, gegenüber der bei Umstellung des Systems die Festsetzung des Guthabens erfolgt ist“ (BTDrucks 16/3369, S. 9). Konkret sollte im Fall der Abtretung des Auszahlungsanspruchs sichergestellt werden, dass der Abtretungsempfänger nicht von der Steuerbefreiung in § 37 Abs. 7 KStG profitiert. Der Gesetzgeber wollte aber nicht generell Fälle einer Gesamtrechtsnachfolge von der Regelung des § 37 Abs. 7 KStG ausnehmen. Auch die Finanzverwaltung geht daher davon aus, dass die Regelung grundsätzlich für Gesamtrechtsnachfolger gilt (BMF-Schreiben in BStBl I 2008, 280). Dies ist insofern zutreffend, als es sich bei den Erträgen aus der Aufzinsung des Körperschaftsteuerguthabens im Auszahlungszeitraum um Erträge handelt, die zwar beim Gesamtrechtsnachfolger anfallen, aber als Erträge der übertragenden Körperschaft anzusehen sind. Hiervon ausgehend ist es folgerichtig, § 37 Abs. 7 KStG auch auf eine Personengesellschaft als Gesamtrechtsnachfolgerin anzuwenden, an der ausschließlich Körperschaften beteiligt sind (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2008, 280; zustimmend Dötsch in Dötsch/ Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 37 KStG, Rz 130). Jedenfalls für diese Fallkonstellation, die insgesamt dem Besteuerungsregime des § 8b KStG unterfällt, sind deshalb die Aufzinsungserträge den Rechtsfolgen des § 37 Abs. 7 KStG zu unterstellen.
20 4. Die Revision des FA ist begründet, soweit sie sich gegen die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags richtet. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist der Zerlegungsbescheid Folgebescheid des Gewerbesteuermessbescheids (z.B. Senatsurteil vom I R 84/98, BFHE 192, 222, BStBl II 2001, 3). Die Klage ist insoweit unbegründet.
21 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Die Klägerin ist nur im Hinblick auf den Zerlegungsbescheid und damit nur zu einem geringen Teil unterlegen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2018:U.281118.IR56.16.0
Fundstelle(n):
BStBl 2020 II Seite 104
BB 2019 S. 1712 Nr. 30
BFH/NV 2019 S. 886 Nr. 8
BFH/PR 2019 S. 219 Nr. 9
DB 2019 S. 1301 Nr. 23
DB 2019 S. 6 Nr. 23
DStR 2019 S. 1197 Nr. 23
DStRE 2019 S. 851 Nr. 13
EStB 2019 S. 262 Nr. 7
FR 2019 S. 826 Nr. 17
GStB 2019 S. 287 Nr. 8
GStB 2019 S. 29 Nr. 8
GmbH-StB 2019 S. 182 Nr. 7
GmbHR 2019 S. 790 Nr. 14
HFR 2019 S. 802 Nr. 9
KÖSDI 2019 S. 21306 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 25/2019 S. 1798
StB 2019 S. 203 Nr. 7
ZIP 2019 S. 1216 Nr. 25
NAAAH-16582